Dreikönigskeller, Frankfurt, 11.06.2017
Manchmal meint es das Schicksal gut mit einem. Nachdem ich ADMIRAL SIR CLOUDESLEY SHOVELL vor fünf Tagen als Opener von BLOOD CEREMONY im Wiesbadener Kesselhaus verpasst hatte, wurde kurzfristig ein weiterer Gig des Trios im Frankfurter Dreikönigskeller angesetzt, bei dem die Engländer als Headliner agierten und so ein weitaus längeres Set spielen konnten. Trotz der spontanen Ankündigung hatten sich immerhin 30 Besucher eingefunden, unter denen mir einige Kids besonders auffielen, da sie sich, so zumindest mein erster Eindruck, speziell für den Gig als Hippies verkleidet hatten. Als dann der Support-Act die Bühne betrat, wurde mir klar, dass es sich bei den jungen Leuten um die Band PULVER aus Aschaffenburg handelte und dass die Jungs vermutlich nicht verkleidet waren, sondern immer so rumlaufen. Respekt. Zumindest wirkten die Outfits exakt so, wie ich sie aus den Siebziger Jahren in Erinnerung hatte, Sänger Dave (links) glänzte zudem mit einer Lederweste, auf deren Rückseite das Signet der englischen 60s-Okkult-Rocker BLACK WIDOW prangte, auch das sieht man nicht alle Tage. Passend zur Optik boten die Newcomer eine Mischung aus frühem 70s-Hardrock und NWOBHM-Sound, die live durchaus zu begeistern wusste. Die Combo hat auf jeden Fall die richtigen Vorbilder und das nötige Talent, um in der deutschen Hardrock-Szene ein Ausrufezeichen zu setzen. Man darf auf die erste EP der Unterfranken gespannt sein, die in Kürze erscheinen soll.
Die heißen Temperaturen des Tages machten den Keller zur Sauna, in der einem der Schweiß bereits beim bloßen Zuschauen herunterlief. Ich genoss daher in der Pause meinen Äppler draußen und war rechtzeitig wieder zurück, als die kauzigen Engländer ADMIRAL SIR CLOUDESLEY SHOVELL ihr Set begannen. Die Formation gibt es etwa seit 2010, wobei der Gitarrist und Sänger Johnny Gorilla und der Bassist Louis Comfort-Wiggett bereits zuvor in diversen anderen Acts wie GORILLA und BRONCO BULLFROG Erfahrung gesammelt haben. Das Erfreuliche an dem aus dem Küstenstädtchen Hastings stammenden Trio ist, dass es einmal nicht die gängigen Klischees des Retro-Rocks bedient, sondern sich als Bastard aus englischem Humor, 60s-Beat, Proto- Metal und Motörhead-Attitüde präsentiert.
Viel zum Image tragen die beiden Frontmänner bei, die unweigerlich an Acts wie SPINAL TAP und BAD NEWS oder die bekannten Austin-Powers-Filme erinnern. Weniger ins Bild passte die aktuelle Trommlerin Serra Petale, die seit Anfang 2017 mit von der Partie ist, recht unscheinbar wirkt, aus Australien stammt und derzeit an der London Music School Schlagzeug unterrichtet. Die Frau machte ihre Sache ohne Zweifel gut, fungiert aber wohl nur als Übergangslösung, bis ein passenderer Ersatz für den langjährigen Drummer Bill Darlington gefunden ist, der auf den drei bisherigen Alben vertreten war.
Ein weiteres Attribut, das mir zu dem Trio einfällt, ist die Originalität. Die äußert sich nicht nur im Band-Namen, der einem aus Hastings stammenden Flottenadmiral der Royal Navy entliehen ist, welcher 1707 vier seiner Schiffe aufgrund eines Navigationsfehlers auf Klippen laufen ließ und dabei ums Leben kam, sondern auch in den skurrilen Videos und dem Maskottchen der Engländer, einem gallischen Hahn, der sich in Form einer größeren Maske auf bisher jedem Cover-Artwork der Band wiederfindet. Hierbei huldigt man den Landsmännern von BUDGIE, bei denen oftmals ein Wellensittich das Cover zierte, während das „Sir“ im Namen eine Hommage an den US-amerikanischen Proto-Metal-Act SIR LORD BALTIMORE darstellt. Damit sind bereits zwei der Einflüsse von ADMIRAL SIR CLOUDESLEY SHOVELL genannt, als weitere gelten die frühen STATUS QUO, UFO, AC/DC, MC5 und MOTÖRHEAD.
Der Sound der Jungs macht bereits auf den Alben Laune, findet seine wahre Entfaltung aber erst live. Und so war der knapp 90-minütige Auftritt vom ersten Moment an äußerst elektrisierend. Die skurrile Optik der Frontleute in Verbindung mit martialischen Metal-Posen, dem hardrockigen Sound und der knarzigen Stimme von Johnny Gorilla – das war schon etwas, das man nicht häufig erleben kann. Geboten wurden überwiegend Songs des zweiten und dritten Albums, dazu ausgewählte Tracks des Debüts sowie diverser Singles und EPs. Unterm Strich war‘s ein kurzweiliger und unterhaltsamer Gig einer ungewöhnlichen Formation, die ich mir jederzeit wieder anschauen würde. Und im kleinen Rahmen des kultigen Kellers hat‘s noch mal so viel Spaß gemacht. Der Band scheinbar auch, denn Bassist Louis Comfort-Wiggett sagte nach der Show: „Wir lieben diesen Club! Wir könnten hier jeden Tag spielen.“ Nur zu…
Links: https://www.facebook.com/PulverHeavyMetal, https://de-de.facebook.com/theshovell/, https://soundcloud.com/metalbladerecords/admiral-sir-cloudesley-shovell, https://theevilengineer.bandcamp.com/track/red-admiral-black-sunrise, https://www.last.fm/de/music/Admiral+Sir+Cloudesley+Shovell
Text: Marcus
Fotos: Eric, https://www.flickr.com/photos/vanreem
Alle Bilder: