AU-SOMMERFEST 2012

Au, 9.06.2012

Alle Jahre wieder am ersten oder zweiten Juni-Samstag laden die Bewohner der Au in Rödelheim zum Sommerfest, um den Tag der Besetzung ihres Hauses am 4.6.1983 mit Freunden und Sympathisanten dieser inzwischen zur Institution avancierten Örtlichkeit zu feiern. Das Festival, veranstaltet auf dem großen Freigelände hinter dem imposanten Bau, fand also bereits zum 29. Male statt und war mit ASTA KASK (Schweden) als Headliner, den SUBHUMANS (England) sowie den Franzosen UNION JACK, DIE SCHWARZEN SCHAFE (Düsseldorf) und BLOOD PATROL aus Darmstadt einmal mehr ebenso abwechslungsreich wie hervorragend besetzt. Ich durfte inzwischen etwa 15 dieser Open-Air-Events beiwohnen und es ist immer wieder die – zugegeben kurze – Anreise wert.

Das hat mehrere Gründe: Zum einen holt die Au-Crew (wie übrigens auch bei den Kellerkonzerten) erstklassige Bands in Frankfurts Norden, zum anderen sind alle Veranstaltungen Non-Profit. Die Organisatoren schaffen für lau und die


Moneten, die nach Abzug aller Kosten übrig bleiben, werden für (linke) politische und kulturelle Vorhaben reinvestiert. Trinken und Feiern für den guten Zweck, wer könnte da widerstehen? Ich jedenfalls nicht und ich befinde mich da in guter Gesellschaft hunderter anderer Konzertgänger.

Was das Festival außerdem liebenswert macht, ist neben den oben erwähnten Gründen die Tatsache, dass auf dem Gelände stets kreative Überraschungen auf die

Besucher warten. Das kann zum Beispiel wie 2009 eine goldfarbene, riesige Buddhaskulptur aus Pappmaché sein (der ein oder andere wird sich bestimmt erinnern). Oder ein riesiges Banner mit dem Schriftzug „Es ist nicht alles Punkrock im Leben“ (auch darüber kann man ja mal nachdenken), das einst am obersten Stockwerk des Hauses im Wind flatterte. Zur Tradition entwickelt hat sich inzwischen das „Kneipenschild“ mit dem Au-Logo über dem größten Getränkeverkaufsstand, auf dem „Zur Kuhlen Au“ zu lesen ist.

In diesem Jahr bestand die Neuerung in einem Pissoir. Ja, ihr habt richtig gelesen. „Piss auf Rhein“ lautete in Anspielung auf den hessischen Innenminister Boris Rhein das Motto über einem Urinal, in das Fotos des CDU-Mannes geklebt waren. Die männlichen Besucher machten von der Möglichkeit im Laufe des Abends rege Gebrauch, ob’s was Ähnliches für die Mädels in den Dixi-Klos gab, entzieht sich meiner Kenntnis. Außerdem gab’s hoch droben auf einem Baumstamm Kunst in Form einer skurrilen Statue (siehe links neben der „Kuhlen Au“).

Aufgrund der unterschiedlichen musikalischen Ausrichtung der Bands war auch das 2012-er Publikum bunt gemischt wie eh und je: Nietenpunks in Springerstiefeln ebenso präsent wie Metalheads in schwarzen Lederkutten, Jeansjackentypen mit Chucks, oder Dein freundlicher Nachbar in Bermuda-Shorts und Sandalen.

Außerdem wurden natürlich wie immer bunte Iros, Dreadlocks, Tattoos und Piercings spazieren getragen. Einige Gäste hatten ihre Zwerge mitgebracht, die meisten davon brav mit Mickey-Mäusen (Schalen-Kopfhörern) ausgestattet. Gut so.

Von der Quantität her waren es wohl ein paar Besucher weniger als in den vergangenen Jahren – wenig verwunderlich, spielten doch die deutschen Elitekicker zeitgleich ihr erstes EM-Spiel gegen Portugal. Klar ist das schade um den einen oder anderen Benefiz-Euro, der vielleicht sonst noch in die Kasse geflossen wäre, andererseits gab es an den Eß-, Trink- und Plattenständen, die die Fläche vor der Bühne einrahmen, ein bisschen mehr Bewegungsspielraum. Aber spätestens beim Auftritt des Headliners hatte ich das Gefühl, dass da doch noch einige nach dem Fußballspiel nach Rödelheim rausgekommen waren. Die Atmosphäre war jedenfalls über die gesamte Dauer des Festivals wieder großartig – friedlich, multi-kulti und vor allem musikbegeistert.


Dazu kam, dass etwas in diesem Jahr komplett fehlte: Regen! Nachdem während der vergangenen Festivals immer einige Schauer auf die Zuhörerschar herunter geprasselt waren, zum Teil in Verbindung mit ’nem schönen Sommergewitter, blieb es diesmal allen Unkenrufen zum Trotz von Anfang bis Ende trocken. Dass man das noch erleben darf…

Nach der letzten Show war für viele noch gemütliches Abhängen an Tischen und Tresen rund um das Gelände angesagt, manche davon in unmittelbarer Nachbarschaft eines Außerirdischen mit dem Abend angemessener Frisur. Rausgeschmissen wird in der Au keiner. Auch das ein Plus gegenüber dem ein oder anderen

kommerziellen Club, in dem Dir, wenn Du Pech hast, noch schnell eine Runde teures Bier verkauft wird, das dann aber draußen auf der Straße getrunken werden soll, weil es ja angeblich doch schon so spät ist. Nein, diesmal Chillen mit Freunden bis zum Morgengrauen und dann ab nach Hause zur Katerpflege. Am nächsten Tag setzt dann erfahrungsgemäß der Sommerfest- Blues ein, weil es nun wieder ein ganzes Jahr dauert, bis das nächste Festival stattfindet. Auf das runde Jubiläum 2013 freue ich mich schon jetzt.

Informationen über die Geschichte der Au und das Engagement der Veranstalter gibt es auf der Internetseite http://au-frankfurt.org/frame.html.

Soviel zur Einstimmung rund um den Konzertabend und für alle, die vielleicht noch nie an einem der Feste teilgenommen haben. In den beiden kommenden Artikeln, die wir in Kürze mit Bildern und Clips online stellen, widmen wir uns den Auftritten der Bands ASTA KASK, SUBHUMANS, UNION JACK, DIE SCHWARZEN SCHAFE und BLOOD PATROL.

Text: Stefan / Fotos: Kai

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