Nachtleben, Frankfurt, 2014 – Interview
Ende Mai 2014 gastierte mit BLOOD CEREMONY eine der derzeit besten und angesagtesten Bands des Okkult-Rock- Genres in Frankfurt (unseren Bericht dazu lest Ihr hier). Diese Gelegenheit wollten wir uns natürlich nicht nehmen lassen und baten die Kanadier um die Sängerin Alia O’Brien (rechts) und den Gitarristen Sean Kennedy vor ihrer Show im Nachtleben zum Interview. Bei angenehmen Temperaturen nahmen wir im Außenbereich Platz und versorgten unsere Gesprächspartner standesgemäß mit Apfelwein.
Zunächst einmal willkommen in Frankfurt, ich hoffe, Euch schmeckt der Apfelwein. Eure Band ist nach einem Horror-Film von Jorge Grau – „Ceremonia Sangrienta“ – benannt, wie kam es dazu?
Sean: Oh ja, danke, er schmeckt sehr gut. Der Film stammt aus dem Jahre 1973 und Grau drehte ihn unmittelbar vor „The Living Dead at the Manchester Morgue“. Ich und auch Alia sind große Horror-Fans und gerade dieser Film hat es uns wegen seiner durchdringenden Atmosphäre angetan. Grau hat mit seinen Filmen das geschaffen, was wir auch mit unserer Musik zu kreieren versuchen. Kurz bevor wir nach Europa geflogen sind, sind wir in Toronto im Trash Palace aufgetreten, dort treffen sich hin und wieder Sammler von 16 Millimeter-Filmen aus den Bereichen Exploitation und Horror. Dort haben wir und auch VÖLUR, die Band unseres Bassisten Lucas, jeweils ein kurzes Set gespielt, bevor im Anschluss „The Living Dead at the Manchester Morgue“ auf 16 Millimeter gezeigt wurde. Das war fantastisch…
Wie habt Ihr beide Euch kennen gelernt? Hat die Musik Euch zusammengeführt oder die Begeisterung für das Okkulte?
Sean: Wir kannten uns schon, bevor es die Band gab, Alia war mit einem Freund von mir liiert und so begegneten wir uns recht häufig und stellten dabei fest, dass wir ähnliche Interessen hegen und wir beide auf okkulte Filme mit Hexen und Dämonen abfahren. Daraus hat sich dann langsam die Band entwickelt, es war zunächst mehr so ein Ding zwischen Freunden, auch unser erster Drummer war ein guter Kumpel von mir. Wir haben im Keller unseres Hauses angefangen zu proben und mit der Zeit wurde es immer professioneller. Wir sind überglücklich, wie sich die ganze Sache entwickelt und dass wir mittlerweile die Gelegenheit haben, durch die Welt zu touren…
Bei jungen Bands wie Euch, die musikalisch Wege von Bands beschreiten, die vor 40 oder mehr Jahren existiert haben, frage ich mich immer, ob ihr von den alten Bands inspiriert wurdet oder von jüngeren Bands wie beispielsweise ELECTRIC WIZARD, die wohl die ersten waren, die sich dem Retro-Sound widmeten. Wie war es in Eurem Falle?
Alia: Ich denke es ist eine Kombination aus beidem, wobei ich mich mit der Querflöte schon immer von Künstlern aus den späten Sechziger und Siebziger Jahren habe inspirieren lassen.
Sean: Inzwischen ist es eine Kombination aus alten und neuen Bands, bei unserer Gründung waren es aber vor allem ELECTRIC WIZARD und WITCHCRAFT, die uns inspiriert und auch zur Bandgründung bewogen haben.
Habt Ihr eine Erklärung dafür, dass es ausgerechnet jetzt, nach Industrial und New Metal wieder einen Bewegung gibt, die zu den Wurzeln des Rocks zurückkehrt?
Sean: Das ist eine gute Frage, aber vielleicht war es wirklich so, dass die Musikfans den überproduzierten Sound einfach satt haben und sich wieder nach ursprünglichen Klängen und geheimnisvollen Themen sehnen. Bei mir ist die Begeisterung für die alten Bands entstanden, als ich in diversen Plattenläden in Toronto gejobbt habe und dabei stets interessante Scheiben von Bands wie ZIOR oder BLACK WIDOW in die Hände bekam.
Inhaltlich beschäftigt Ihr Euch mit okkulten Themen, Horrorfilmen, dem, was da im Dunkeln lauert und mit authentischen Persönlichkeiten, die schwarze Magie betrieben. Wie steht Ihr persönlich zu den Themen? Haltet Ihr es so wie VENOM, die ihre Show eher als Entertainment ansehen oder so wie THE DEVIL’S BLOOD, die das Ganze sehr Ernst nahmen?
Sean: Ich sehe da keine Diskrepanz zwischen Unterhaltung und der ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema Okkultismus. Denn letztendlich steckt ja in der Musik oder in einer Darbietung immer auch eine gewisse Magie. Ich finde, man kann sagen, dass sich in unserer Musik ein gewisser Pop-Okkultismus wiederfindet, ähnlich wie in den alten Horrorfilmen, die von satanische Ritualen, Hexern und Dämonen berichten. Wir nehmen diese Themen und schaffen daraus eine magische Klanglandschaft, die man erkennt, wenn man sie hört.
Inzwischen sind drei Alben und eine Single von BLOOD CEREMONY erschienen, könnt Ihr etwas zur Entwicklung der Band im Laufe der drei Alben sagen?
Alia: Die Entwicklung einer Band wird natürlich ganz deutlich von den einzelnen Mitgliedern bestimmt. Für das letzte Album „The Eldritch Dark“ und die aktuelle Single stieß ein neuer Drummer zu uns und Lucas, unser Basser, kam zur „Living With the Ancients“-Scheibe, das waren schon große Einschnitte, die uns aber auch deutlich vorangebracht haben. Mittlerweile ist es so, dass das Zusammenspiel zwischen uns nahezu perfekt funktioniert.
Ihr veröffentlicht Eure Scheiben auf Rise Above, dem Label des ehemaligen CATHEDRAL-Sängers Lee Dorian. Die Veröffentlichungen – besonders die auf wenige Exemplare limitierten „Die Hard“-Ausgaben – sind wunderschön und sehr aufwändig gestaltet. Könnt Ihr bei der Gestaltung mitreden?
Sean: Wir sind sehr glücklich bei Rise Above, Lee redet uns in keiner Weise hinein, wir können alles selbst bestimmen, im Rahmen eines bestimmten Budgets. Und natürlich können wir auch bei den „Die Hard“-Editions mitreden, allerdings hat auch Lee sehr gute Ideen. Die bisherigen gingen auf sein Konto, unser zweites Album erschien in limitierter Auflage in einer Samt-Tasche und in rot-schwarzem Vinyl, unser drittes Album erschien als „Die Hard“-Edition in einer Box mit alternativem Cover-Artwork und einer Gürtelschnalle, die der Gott Pan zierte.
Was mir sehr gut gefällt, ist der Videoclip, den Ihr zum Song „Goodbye Gemini“ veröffentlicht habt. Andere Bands des Genres unterlegen ihre Clips oftmals mit Bildern aus alten Horrorfilmen, aber für diesen Clip habt ihr tatsächlich Szenen gedreht…
Sean: Wir wollten etwas Besonderes machen und wurden von diversen Seiten unterstützt. Regie bei dem Clip führte der iranische Regisseur Rouzbeh Heydari, der bereits zwei Spielfilme gedreht hat. Als Kameramann fungierte Kevin Rasmussen und geschnitten hat das Ganze ein alter High School-Freund von mir, Dan Racicot. Die Masken, die Du im Clip siehst, wurden vom Vater meiner Freundin geschaffen, der als Goldschmied arbeitet. Gedreht wurde das Ganze an der Universität von Toronto, die sehr schöne Schauplätze liefert. Beim Dreh mussten wir in die Uni einbrechen, da sie am besagten Tag plötzlich geschlossen war. Aber da wir am nächsten Tag auf Tour gingen, nahmen wir das Ganze auf uns und wurden natürlich prompt erwischt. Ich denke, dass wir noch einige weitere Clips zu Songs drehen werden, das hat großen Spaß gemacht. Aber es war nicht ganz billig, wir haben auf Super 8 gedreht und das Filmmaterial war sauteuer…
Sean, da Du ja ein echter Horror-Experte zu sein scheinst, würden mich eine Top-10 Deiner Lieblingsfilme des Genres interessieren…
Sean: Okay, lass mich überlegen, ich nenn Dir mal ein paar Filme ohne bestimmte Reihenfolge: natürlich „Blood Ceremony“, „Wicker Man“ finde ich ganz groß, „Horror Hospital“ ist genial, „Psychomania“ darf natürlich nicht fehlen, der englische Film „The Devil’s Widow“ hat mich sehr begeistert, „Messiah of Evil“ ist ein sehr ungewöhnlicher amerikanischer Film, „Dawn of the Dead“ ist mein Lieblingsfilm von Romero, „Die Nacht der Vampire“ mit Paul Naschy ist toll, ebenso der Rollin-Film „Sexual-Terror der entfesselten Vampire“. Zu guter Letzt sei der Hammer-Klassiker „Blood on Satan’s Claw“ genannt.
Alia, Sean, vielen Dank für das Interview.
Links: https://www.facebook.com/bloodceremonyrock, https://myspace.com/bloodceremony, http://www.lastfm.de/music/Blood+Ceremony
Interview: Marcus / Fotos: Micha
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