COMPRESSORHEAD

Musikmesse, 13.04.2013

Alljährlich zur Frühlingszeit findet in Frankfurt die Internationale Musikmesse statt, die Tausende von Fachbesuchern, Hobbymusikanten und Freunde des satten Klangs aus aller Welt anzieht. In diversen Hallen werden blank geputzte Instrumente samt Zubehör präsentiert, Vorträge gehalten und Workshops angeboten, Konzerte gegeben und Deals ausgehandelt. Auch die Prominenz des Musikbusiness gibt sich zahlreich ein Stelldichein, um den in langen Schlangen geduldig wartenden Fans die Hände zu schütteln und Autogrammkarten zu signieren. Die heimlichen Stars in diesem Jahr waren allerdings nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Recycling-Schrott: Die Rede ist von der Roboter-Metalband COMPRESSORHEAD.

Die von dem Berliner Technik- Freak Frank Barnes erschaffene Truppe war alle zwei Stunden für einige Songs auf einer kleinen, überdachten Bühne des Gitarren- Herstellers Gibson auf dem großen Freigelände vor den Messehallen zu sehen. Sie bezeichnet sich selbst als „the worlds heaviest metal band“, was sich wohl nicht nur auf ihr bevorzugtes Genre, sondern in erster Linie auf ihr Gewicht bezieht. Musikalisch zieht die Combo alle Register von Rock über Punk und Hardcore bis hin zum Metal und gibt instrumentale Cover-Songs ihrer menschlichen Vorbilder zum Besten.

Ältester in der COMPRESSORHEAD-Familie ist der Schlagzeuger Stickboy (Geburtsjahr 2007). Er kultiviert den Stachel-Iro auf seinem hirnlosen Haupt und ist seinen menschlichen Kollegen weit voraus: Er hat nämlich vier Arme, mit denen er auf sein 14-teiliges Drumset drischt. Ähnliches gilt für den 2009 erschaffenen, in schicken braunen Cowboystiefeln steckenden Gitarristen namens Fingers. Er nennt 78 selbige sein eigen, was für sechs Saiten ja ausreichend sein sollte. Nesthäkchen der Kapelle ist

Bassmann Bones (Jahrgang 2012), der gern mit Panzerketten über die Bühne rollt. Komplettiert wird die Bande von einem kleinen, namenlosen Roboter in Kinderturnschuhen, der Stickboy an der Hi-Hat assistiert.

So sehen sie aus, die Rockstars 2.0: Zusammen geschweißtes Metall, aneinander genietete Schrottteile und jede Menge Drähte und Kabel. Traum eines jeden Veranstalters, da völlig allürenfrei. Wüste Partys im Backstage-Bereich gehören der Vergangenheit an und Groupies können eh gleich draußen bleiben. Auch das Catering wird eingespart, lediglich etwas Starkstrom und ein paar Tropfen Maschinenöl sollten, getreu des Bandmottos „Oil is thicker than blood“, bereit gehalten werden.

Schon lange vor der angekündigten Anfangszeit des Auftritts füllte sich der Platz vor der viel zu niedrigen Bühne, wer „nur“ pünktlich kam, dürfte wenig bis nichts von der skurrilen Performance der Schraubenköpfe erspäht haben. Dann wurden vier Klassiker gegeben: Die Truppe begann mit CLASH’s „Should I Stay Or Should I Go“, es folgten „I Love Rock’n Roll“, im Original von JOAN JETT & THE BLACKHEARTS, sowie „Bullet In Your Head“ von RAGE AGAINST THE MACHINE. Den Abschluss bildete schließlich der MOTÖRHEAD-Hit „Ace of Spades“ (schaut Euch dazu den Clip weiter unten an!). Dabei bewegten sich die beiden Gitarristen vor und zurück, bauten sich direkt am Bühnenrand vor dem Publikum auf und nickten, ebenso wie der Schlagzeuger, im Takt hektisch mit den Köpfen.

Da das Quartett noch einiges mehr draufhat – laut der „Set-List“ auf der Band-Website gehören auch Cover-Songs von AC/DC („TNT“), den RAMONES („Blitzkrieg Bop“), NIRVANA („Smells Like Teen Spirit“), BLACK SABBATH („Ironman“) und NoMeansNo („Bad“) zuweilen zum Programm – hätten wohl die meisten der Zuschauer gern eine Zugabe erlebt, doch der Ruf nach einer solchen wurde leider nicht erhört. Maschinen haben halt keine Ohren. Vielleicht sind vier Auftritte pro Tag auch ein bisschen zuviel Stress für die noch junge Band, so dass sie sich ein wenig schonen musste…

Fazit: Ein zwar kurzes, aber interessantes Konzerterlebnis der ganz anderen Art, das Spaß machte. Natürlich ist ein Roboter immer nur so gut wie derjenige, der ihn baut und programmiert.

Gesang und Interaktion mit dem Publikum sowie Improvisation auf den Instrumenten entfallen bei den Kompressorköpfen. Aber anzusehen, wie die futuristisch anmutenden, verkabelten Wesen filigran und mit „Körpereinsatz“ die Songs spielten, war schon faszinierend. Und wer will schon mit Bestimmtheit ausschließen, dass eines Tages musizierende Maschinenmenschen auch größere Hallen füllen? COMPRESSORHEAD war im Januar erfolgreich in Australien auf Tour und wird auf den kommenden Stationen gleichermaßen bestaunt, amüsiert zur Kenntnis genommen oder gar bejubelt werden.

Für mich folgte ein mehrstündiger Rundgang durch die Hallen der Musikmesse, wobei viel Schönes und manches Kuriose erst in den Fokus des Blickfelds und dann in den der Kamera geriet. Eine Bildergalerie dazu stellen wir mit ein paar einleitenden Worten in Kürze online.

Links: http://compressorheadband.com/, http://www.robocross.de/, http://musik.messefrankfurt.com/

Text & Fotos: Stefan
Clip: auf der Musikmesse aufgenommen von Eventfotografie

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