Au, 25.05.2012
Eigentlich hatte ich gar nicht vor, eine Review zum Konzert der DRONGOS FOR EUROPE zu schreiben, war ich doch noch etwas angeschlagen vom gestrigen Gig der ASTRO ZOMBIES und der „After-Show- Party“ am Tresen. Doch irgendwie wäre es schade, eine solch gute Band ungewürdigt zu lassen. Ich sah das Quartett aus Birmingham im vergangenen Jahr beim Open-Air-Sommerfest an gleicher Stelle, und trotz namhafter Konkurrenz (u. a. von DANGER!MAN, CUTE LEPERS und KIEMSA) gefiel mir die Combo damals von allen am besten. Deshalb also flugs wieder die Schuhe geschnürt und ab nach Rödelheim, um die Form der charismatischen Altpunks auch mal im Keller zu überprüfen.
Wie immer an Abenden besten Sommerwetters fing die Show erst sehr spät an, denn der kleine Freiluft-Ausschank im Hinterhof hat durchaus seinen Charme, Hinz trifft Kunz, Neuigkeiten müssen ausgetauscht und ein paar Bierchen schon vorab durch die ausgedörrten Kehlen rinnen. Weil aber auch in der Au die Zeit nicht stehenbleibt (obwohl ich mir das schon häufiger gewünscht habe), ging es dann doch irgendwann los.
Die vier Drongos sind in Ehren ergraut, manche – wie Sänger Tommy, der seit der Bandgründung 1979 dabei ist, oder Schlagzeuger Andy – sogar erblondet. Bassist Dek trägt ein Shirt mit dem Schriftzug „We are all Prostitutes“ und dem Konterfei der ehemaligen britischen Premierministerin Margaret „Maggie“ Thatcher. Diese ist so etwas wie die Hassfigur und das Lieblingsfeindbild der Gruppe. Ihr Porträt ziert auch die EP „Dance When Maggie’s Dead“ (siehe Bild unten) der DFE, und als ich mich nach dem Gig 2011 mit Tommy unterhielt, kam die Rede schnell auf die politische Motivation der Band im Allgemeinen und die Bergarbeiterstreiks von 1984/85 und die Rolle der „Eisernen Lady“ im Besonderen. Meine Platte signierte er damals neben seinem Namen mit „Fuck Thatcher“.
Der Stachel sitzt also immer noch tief, obwohl die Vorkommnisse schon 27 Jahre her sind. Sie spielten sich ab zu einer Zeit, als die DRONGOS schon vom „Riot“ sangen und noch berechtigte Hoffnungen hegen konnten, durch politisch-musikalisches Engagement gesellschaftliche Verhältnisse zu ändern. Ist das heute auch noch so? Stücke wie „Force the Change“, „Riot City Blue“, „Wake Up Call“ und „Barcode Generation“ oder „Fight for Your Rights“ und „They Lie to Us“ singen und tanzen zwar viele Zuhörer gerne mit, Fäuste recken inklusive, doch mehr als Wunschdenken und der Traum von einer besseren (Punkrock-)Welt ist wohl nicht geblieben.
Dennoch sind Konzerte der Drongos noch immer ein flammendes Manifest und Anklage gegen Unterdrückung durch die herrschende Klasse, Wirtschaftsmacht und Ausbeutung, heute so aktuell wie anno dazumal. Die Band ist sich und ihren Ansichten all die Jahre treu geblieben. Vorgetragen werden die Parolen im Takt der 77-er Schule: Schnell, hart, trotzdem meist melodiös. Bestens geeignet zum Tanzen, und je länger der Gig gestern dauerte, desto weniger konnten oder wollten die meisten Zuhörer dem Rhythmus trotz Hitze widerstehen. Tommy ging sogar runter ins Publikum (siehe den Clip weiter unten); auch Stu-Pid, Sänger der später noch folgenden Band SENSA YUMA sowie von POLICE BASTARD, mischte zuweilen in den Pogoreihen kräftig mit.
Für Erheiterung bei der Band und den Fans sorgte ein Konzertbesucher, der im NOMEANSNO- T-Shirt mit dem markanten Schriftzug „Old is the New Young“ erschienen war und sich absichtlich mit dem Rücken zur Bühne drehte, um die „alten“ – Pardon, „neuen jungen“ – Fahrensmänner des britischen Punkrock den motivierenden Slogan lesen zu lassen. In der Tat haben die Drongos weder von ihrer Energie, noch von ihrem Spirit eingebüßt und das machte die ganze Show wieder mal zu einem beeindruckenden Erlebnis.
Von SENSA YUMA, die im Anschluss folgten, sah ich nur noch die ersten paar Lieder, danach musste ich mit der letzten S-Bahn den geordneten Rückzug antreten. Geschuldet war’s dem eingangs erwähnten späten Beginn. Zu dieser Band ein andermal mehr.
Bleibt letztlich nur noch die Frage, die wohl nicht nur ich mir auf dem Heimweg stellte: Was sind eigentlich Drongos?
Die Homepage der DFE, http://www.freewebs.com/drongos_for_europe/, ist optisch nicht gerade eine Augenweide, aber was soll’s, was zählt sind die Inhalte. Auf http://www.myspace.com/drongosforeurope hat die Band zehn teils hervorragende Songs hochgeladen.
Text, Fotos & Clip: Stefan
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