Orange Peel, 5.07.2013
Wenn eine Band THE DUKES OF HAMBURG heißt und in Frankfurt spielt, dann muss ich mir die ansehen. Nicht zuletzt, weil ich selbst aus Hamburg stamme und neugierig bin, was für Jungs aus meiner Heimatstadt den Weg Richtung Weißwurstäquator auf sich genommen haben. Der Beginn des Abends zog sich allerdings erstmal zäh wie Kaugummi. Ich war zwar (erst?) gegen halb elf vor Ort in den unteren Räumlichkeiten des Orange Peel, doch musste ich noch bis nach Mitternacht warten, ehe die Combo in die Gänge kam. In der Zwischenzeit fuhr allerdings DJ Konrad wie gewohnt ein feines Programm, und über die Sixties- und Seventies-Filmschnipsel (zumeist waren attraktiv tanzende Damen zu sehen), die vom Beamer auf eine Leinwand über dem Tresen projiziert wurden, hat sich meines Wissens auch niemand beschwert.
Als die Musiker schließlich doch noch energischen Schrittes auf die Bühne kamen (jemand aus dem Zuschauerraum rief „Na endlich!“), entschuldigten sie ihre „Verspätung“ erstmal schmunzelnd mit „technischen Problemen“ (dabei war ja alles schon seit Stunden gerichtet). Es sollte nicht der letzte Witz des Abends bleiben. Dass die Jungs den Schalk im
Nacken haben, zeigten sie im Verlauf der Show immer wieder durch launige Ansagen und mitunter zotige Sprüche, die aber beim von den Herren der Schöpfung dominierten Publikum ganz gut ankamen.Rein optisch präsentierten sich die DUKES OF HAMBURG schnieke und wie aus dem Ei gepellt: Die für alle Mitglieder verbindliche Banduniform bestand aus weißem Oberhemd mit schwarzer Fliege und schwarzer Lederweste, dazu Perücke mit langen schwarzen Haaren und, nicht zu vergessen, wunderbar nerdiger schwarzer Hornbrille. Kompliment für diese Zusammenstellung. Dann gab’s endlich „Beat, Beat, Beat“ (so auch der Titel ihrer im Mai erschienenen 10“) auf die Ohren.
Zum Warmwerden ließen George (Gesang), Lars und Thilo (beide Gitarre), Max (Bass) und Tim (Schlagzeug) den Song „Balla Balla“ von den RAINBOWS auf die Gemeinde los, unmittelbar gefolgt von „Boom Boom“ (John Lee
Hooker) und der ROLLING STONES- Perle „Off the Hook“. Generell spielen THE DUKES OF HAMBURG die Gassenhauer der Sechziger nach, sind aber in ihrem Habitus ein gutes Stück verrückter als die Stars von einst und geben bei ihren Interpretationen der Songs gerne ein bisschen mehr Gas. Mich erinnerte das an die PUNKLES, die durch eine ähnliche Herangehensweise im Punk-Genre mit ihren Turbo-Coverversionen von BEATLES-Klassikern bekannt und beliebt wurden.So langsam kam die Party ans Laufen und die ersten begannen, sich vor dem Podest die Müdigkeit aus den Gliedern zu schütteln. Aber so richtig Fahrt nahm das ganze erst auf, als wenig später ein halbes Dutzend Jungs Mitte/Ende der
Zwanzig in einer Polonaise (!) nach vorne kamen. Die sahen mit ihren Sonnenbrillen (hallo? Ganz schön hell in einem der dunkelsten Clubs Frankfurts oder wie?) und ihren Basecaps zwar weniger aus wie der durchschnittliche Peel-Besucher (der ein oder andere der Crew ähnelte dem Outfit nach eher den Komikern Erkan & Stefan), steckten im Publikum aber sofort andere mit ihrer Bewegungsfreude an und gaben so die Initialzündung für die feucht-fröhliche Tanzfete, die sich fortan entwickelte.Das blieb natürlich auch der Band nicht verborgen und folgerichtig durfte beim Stück „Candy Man“ dann mal einer aus der TGJM (Tanzfreudige Gruppe junger Männer) auf der Bühne seine Hüften schwingen. Beim späteren „Que Sera“ wurde die gesamte Gästeschar zum Mitgrölen – pardon, Mitsingen – animiert (seht Euch den Clip dazu unter diesem Absatz an). Zwischen den Songs forderte die Truppe lautstark Bier und Schnaps auf der Bühne und der Frontmann schlürfte, so der Nachschub nicht rechtzeitig beikam, genehmigterweise auch mal aus den Cocktailgläsern der Besucherinnen in der ersten Reihe.
Zum geflügelten Wort des Abends wurde „Kollege Freizeit“ erhoben, da die Bandmitglieder sich untereinander, aber auch Teile der Zuhörerschaft immer wieder so
betitelten. Lustige Intermezzi gab es also einige und die DUKES OF HAMBURG bewiesen nicht nur als Musiker, sondern auch als Entertainer ihre unbestrittenen Qualitäten. Gegen Ende des fast 30 Songs umfassenden Sets kam Sänger George zum wiederholten Male ins Publikum, ließ sich diesmal aber auf den Boden nieder und gab das Stück auf dem Parkett liegend zum besten, sich leidenschaftlich windend voller Hingabe für den Beat. Klasse.Nach der Show wollte ich mir die von der Band angepriesene, neue Scheibe kaufen, doch im Vorraum des Orange Peel erwartete mich eine Überraschung. Hatten dort vor dem Konzert noch sämtliche Waren ausgelegen (doch wer kauft schon vor dem Gig was, um das dann die ganze Zeit tragen zu müssen?), war der Tisch nun leer geräumt. Meine Nachfrage brachte den Jungs einen freundschaftlichen Rüffel des Veranstalters ein („Ich habe Euch doch gesagt, gleich nach dem Konzert muss der Merch bereitstehen“), danach wurde der Koffer schließlich gesucht und eine Weile später auch gefunden. Die DOH sind eben mehr etwas chaotisch organisierte Musiker als geldgeile Verkäufer, und das macht sie ja noch sympathischer.
Die beste Pointe des Abends folgte dann ganz am Ende: Im Gespräch mit einem der Jungs am Merchtisch erfuhr ich, dass die Band gar nicht aus Hamburg stammt, sondern aus Bielefeld! Den Namen der Kapelle erklärte er mit der Liebe der Truppe zu den RATTLES, die bekanntlich in der Hansestadt zuhause waren. Hätte man das merken müssen? Nö, am Akzent war das schon mal nicht festzumachen, die sprachen alle Hochdeutsch. Und letztlich ist es ja auch schietegal, ob die DUKES OF HAMBURG aus Bielefeld, Hamburg oder Buxtehude kommen. Sehenswert sind sie allemal.
Links: http://www.dukesofhamburg.com/, https://myspace.com/dukesofhamburg, http://www.reverbnation.com/thedukesofhamburg, http://www.lastfm.de/music/The+Dukes+Of+Hamburg
Text, Fotos & Clips: Stefan
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