Das Bett, Frankfurt, 11.05.2018
Schon lange hatte ich auf die Gelegenheit gewartet, die Punkrock-Combo THE GENERATORS um Frontmann Doug Kane (links) mal wieder live zu erleben. Ich erinnere mich gut an einen Auftritt der Kalifornier vor fast genau fünf Jahren im Frankfurter Elfer, damals noch am alten Standort im Stadtteil Eschersheim. Die schwitzige Show zum Release der EP „The Deconstruction of Dreams“ in dem kleinen Keller vor ein paar Dutzend völlig euphorisierten Fans gehört zum Besten, was ich im Genre US-Punk bisher erlebt habe.
Danach sind die Jungs aus Los Angeles in unserem Einzugsgebiet wohl noch einmal im Dezember 2016 mit THE BONES im Club „Das Bett“ im Frankfurter Gallusviertel aufgetreten, aber das hatte ich leider verpasst. Was eigentlich nicht entschuldbar ist, steht das Quintett für mich im Beritt melodischer amerikanischer Punkrock doch auf einer Stufe mit Bands wie den großen SOCIAL DISTORTION (die sich hier zuletzt 2009 in der Offenbacher Stadthalle sehen ließen), ANTI-FLAG (letztmals 2013 in der Frankfurter Batschkapp) oder den TURBO AC‘s (die glücklicherweise häufiger vorbeischauen, das nächste Mal im September im Weinheimer Café Central).
Alle oben genannten Formationen sind Meister der hymnenhaften Melodien, die einen vom Fleck weg vor die Entscheidung stellen, sich in den Pit zu schmeißen oder sich genüsslich in sicherer Entfernung von demselben zu platzieren und textsicher die Refrains zu schmettern. Ob die Erfahrung des oben erwähnten denkwürdigen Elfer-Gigs wiederholbar sein würde und was die Stücke des brandneuen, erst am 4. Mai 2018 erschienenen zwölften GENERATORS-Albums „Broken Stars & Crooked Stripes“ taugen, wollte ich am gestrigen Abend in „Das Bett“ herausfinden.
Als Anheizer war aber zunächst das Trio VOODOO GODZ an der Reihe. Die Frankfurter Gerd (Gesang und Gitarre), Oli (Bass) und Enrico (Schlagzeug) waren in jüngster Zeit wieder häufiger auf heimischen Bühnen zu sehen. Wie unlängst auf Facebook vermeldet, können sie nun (die Gigs der Vorgänger-Combo CROWDPLEASER eingerechnet) auf den Erfahrungsschatz von 100 Auftritten zurückgreifen. Gratulation dafür. Die Musik der Punkrocker speist sich laut augenzwinkernder Bandinfo aus den drei Komponenten „Melodie, Härte und Niveau“. Ingredienzen, die ebenso auf den Headliner des Abends zutreffen und die VOODOO GODZ damit zu einem passenden Opener machten.
Knapp 20 Songs in gut 45 Minuten Spielzeit hielt das Trio bereit, mit „Bad Taste Movie“, Pendulum Jerk“ und „The Horrible Truth of Graveyards“ standen eigene Kompositionen ebenso auf der Setlist wie die beliebten Coverversionen von „Bloodstains“ und „Ace of Spades“. Die Besucher – den Autokennzeichen und vor dem Club aufgeschnappten Dialekten nach zu urteilen waren viele aus einiger Entfernung angereist – bevölkerten zwar vornehmlich den hinteren Teil des Zuschauerraums, sparten aber nicht mit Applaus. Eine gelungene Darbietung der Frankfurter Buben, Mission erfüllt. Allen, die mehr über die Jungs wissen möchten, sei an dieser Stelle verraten, dass wir ein Interview mit ihnen verabredet haben, das dann später im Jahr geführt und in diesem Blog veröffentlicht wird.
Nach einer kurzen Umbaupause erklommen gegen 22 Uhr THE GENERATORS das Podest. Neben Doug Kane ist vom ursprünglichen Line-Up der Band bei der Gründung 1997 noch sein Kumpel seit Kindertagen, Mike Snow, an der Gitarre mit dabei. Der aktuellen Besetzung gehören zudem Steven Reese, Ted Hahn und Barry Monroe an.
Nachdem sich die Musiker noch mit Aneinanderstoßen ihrer rechten Fäuste eingeschworen hatten, startete die Show mit „Ready Set Go“ vom neuen Album, gefolgt von den älteren Nummern „Tyranny“ und „Summer of Unrest“. Insgesamt fast 30 Stücke sollten es werden, und – abgesehen von zwei kurzen Unterbrechungen vor den beiden Zugaben – gönnte sich die Band keine Pausen. Alles in Bewegung, alles im Fluss. Kein Stillstand, die Ansagen kurz und knackig, so wie es sein muss, um die Stimmung immer schön am Köcheln zu halten.
Am Tag zuvor hatten die GENERATORS im Dortmunder Westpark vor 3000 (laut Kane teils erheblich alkoholisierten) Festivalbesuchern gespielt und eine solche Atmosphäre ließ sich natürlich in einem zu zwei Dritteln gefüllten, mittelgroßen Saal nicht herstellen. Aber auch ohne tobenden Mob in einem riesigen Pit war das ein toller Konzertabend, denn nicht nur zu meinen Lieblingssongs wie „You Against You“ (vom Album „Last of the Pariahs“, 2011), „Wrongside of the Tracks“ („The Deconstruction of Dreams“, 2013) und “City of Angels” (von “Welcome to the End”, lustiger Name für das Debütalbum 1998) lässt es sich hervorragend auf der Stelle tanzen, Luftgitarre spielen und mitsingen. Auch die insgesamt vier Tracks der frischen Scheibe, die es ins Programm schafften, fügten sich nahtlos ins Set ein.
Für eine Extraportion Unterhaltung auf der rechten (und bei gelegentlichen Ausflügen auch auf der linken) Seite der Bühne sorgte Gitarrist Snow, ein Possenreißer und Grimassenschneider vor dem Herrn. Machte Spaß ihm zuzuschauen und sein mir zwischen zwei Liedern zugerauntes “Can’t you put that f*cking camera away?” war wohl (hoffentlich) eher scherzhaft gemeint. Mal spielte er sein Instrument auf dem Rücken, mal mit einer Bierflasche. Bei einer seiner Aktionen zog er sich allerdings einen blutenden Cut an der linken Augenbraue zu, als der Gitarrenhals dagegen schlug. War ihm aber völlig egal – the show must go on!
Am gut ausgestatteten Merchtisch vermisste ich nach dem Auftritt das aktuelle Album. Ich dachte anfangs, es sei vielleicht nicht rechtzeitig zur Tour fertig geworden, aber die Erklärung war eine andere: Die Tonträger waren schlicht am Vorabend ausverkauft worden. Manchmal hat man halt mal Pech. Dennoch warteten nicht weniger als fünf verschiedene LPs und CDs (sowie diverse Shirts) auf Käufer – und das zu sehr moderaten Preisen zwischen zehn und 15 Euro. Das zeigte mal wieder, dass die Jungs trotz ihrer (im Punkrock-Bereich) erklecklichen Prominenz im Gegensatz zu anderen Bands die Bodenhaftung nicht verloren haben.
Das offenbarte sich auch, als ich mir eine frisch erworbene Platte signieren lassen wollte: Vor dem Club stieß ich auf Mike Snow, bat ihn zu unterschreiben und fragte dann, wie ich an die Autogramme seiner Kollegen kommen könne, die sich in den für das Publikum unzugänglichen Räumlichkeiten aufhielten. Er sprang sofort auf, antwortete (übersetzt) „Das haben wir gleich!“ und zog mich in den Backstage-Raum, wo ich nach kurzem Plausch sogar eingeladen wurde, Platz und einen Drink zu nehmen. Das Angebot konnte ich aber leider nicht annehmen, musste ich doch zurück zu meiner vor „Das Bett“ wartenden Peergroup. Dennoch: Der Abend, auf den ich mich schon Wochen im Voraus gefreut hatte wurde den Erwartungen in jeder Hinsicht gerecht.
Wer mit dem Werk von THE GENERATORS bisher nicht so firm ist und sich in ihr Universum einarbeiten möchte, dem sei die Soundcloud-Seite der Band empfohlen (Link unten), auf der 20 repräsentative Songs aus allen Schaffensphasen angehört werden können. Und wenn, wie mir Snow erzählte, die Jungs wie geplant schon 2019 erneut hier am Start sind, können sie vermutlich nicht nur auf mich, sondern auch auf viele neue Fans zählen.
Links: https://de-de.facebook.com/vgbandmanager/, https://www.reverbnation.com/thevoodoogodz, https://www.last.fm/de/music/The+Voodoo+Godz, https://www.the-generators.com/, https://www.facebook.com/The-Generators/, https://myspace.com/thegenerators, https://soundcloud.com/generators1997, https://www.last.fm/de/music/The+Generators
Text & Fotos (15): Stefan
Fotos (15) & Clips: Kai
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