Das Bett, Frankfurt, 22.04.2014
Osterferien. Die Straßen sind verwaist, die Kinos fast leer. Zumindest in unseren Breiten gab es seit Sylvester keine gebündelten freien Tage mehr, das heißt: Ein Vierteljahr durchschaffen bis zur nächsten Verschnaufung, sofern man an die Schulferien gebunden ist. Viele sind unterwegs und weg aus den Städten. Genau in dieser Zeit laden kultige Indoor-Festivals wie das Roadburn in Tilburg oder das Desertfest Berlin zum geschmackssicheren Kulturausflug – zwei Events, wegen denen großartige Bands aus Übersee und Europa kommen und dazwischen eine Menge Tage „off“ haben, sofern sie nicht noch in diverse Clubs gebucht werden. Clubs in Städten, die zu dieser Zeit relativ verwaist sind.
Es tut schon ein wenig in der Seele weh: Da kommt zum Beispiel GOZU aus Cambridge bei Boston nach Frankfurt, hockt bei wenigstens schönem Wetter vor dem „Bett“ in der Schmidtstraße und zählt frustriert die Ankommenden. Es sind noch nicht mal zwanzig (bei acht im Vorverkauf veräußerten Tickets), als die Band schon später als geplant an den Start geht. Ich rechne mit Absage und hätte sogar Verständnis dafür, aber Pustekuchen: Vielleicht sorgte der Frust über die geringe Anteilnahme sogar für einen verschärften, weil brachialer heruntergerissenen Gig, keine Ahnung – ich habe die Combo vorher noch nie live gesehen, das knallte aber weitaus derber als auf Platte, das steht fest.
GOZU stellen ihren Longplayer „The Fury Of A Patient Man“ vor; ein schönes, fettes Rockalbum mit klanglichem Bezug zu den frühen QUEENS OF THE STONE AGE und Titeln wie „Snake Plissken“, „Tracy Lords“ oder „Signed, Epstein’s Mom“ – ein Fest für Pop-Culture-Nerds, aber nicht ganz so räudig wie der Vorgänger „Locust Season“ mit Titeln wie „Jan Michael Vincent“, für den ansonsten das Gleiche gilt. Live war das alles ein Fest – die Frontäxte Marc Gaffney (viel Gesang & Gitarre) und Doug Sherman (viel Gitarre & wenig Gesang) spielten sich mit „Jetzt erst recht“-Haltung in einen fulminanten Rausch, rhythmisch zusammengehalten vom eher stoischen Joe Grotto am Bass und dem neuen Drummer Mike Hubbard.
25 Gäste waren es inzwischen bei meiner letzten Zählung, es mögen „Bett“- Bedienstete dabei gewesen sein, auf was sollten die vor der Tür auch noch warten. Als nach einer Stunde die Setlist abgearbeitet ist und jeder der Anwesenden der Band aus der Hand fressen würde, blickt Gaffney seine Mitstreiter an, fragt „Noch eins?“ und seine Kollegen bejahen, pure Pflichterfüllung sieht anders aus. Selbiger Gaffney springt nach 70 Minuten allerfeinster Gitarren-Rock-Ekstase an den Merchstand und setzt an die spärliche, aber durchweg begeisterte Menge prozentual gesehen einen ganzen Haufen Vinyl ab.
Hat sich unterm Strich also hoffentlich doch gelohnt, die Chose, auf Facebook bedankt sich die Band auch für das Frankfurt-Konzert und den dargebrachten Äppler. Die anderen von uns frequentierten Konzerte diese Woche waren auch nicht besser besucht und jetzt sind die Ferien ja zum Glück vorbei. GOZU sollten vielleicht nochmal im Vorprogramm eines namhafteren Acts spielen, wie es MONSTER TRUCK unlängst bei VISTA CHINO taten. Die Clubs wären danach auch bei GOZU voll – so bleibt uns Konzertgästen nur die Gewissheit, den Urlaubern und Couchkartoffeln einen Wahnsinnsgig voraus zu haben. Ist ja auch was, immerhin.
Setlist: Ghost Wipe / Bald Bull / Meth Cowboy / Mr. Riddle / Irish Dart Fight / Brown Sugar / Disco Related Incident / Jan-Michael Vincent / Rise Up / Alone / Meat Charger
Links: https://myspace.com/gozu666, http://www.reverbnation.com/gozu666, http://www.lastfm.de/music/Gozu, http://gozu.bandcamp.com/
Text, Fotos & Clips: Micha
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