GUM BLEED

Au, Frankfurt, 22.04.2016

Gum BleedInternationale Punk-Wochen in der Au: Nachdem am vergangenen Samstag der mexikanische Street-Punk-Act ACIDEZ den Rödelheimer Club beehrte, folgte nun mit GUM BLEED eine Formation aus dem Reich der Mitte. Punk aus China – darüber hatten wir in diesem Blog bereits berichtet, als die Band DEMERIT im Jahr 2013 im Club „Das Bett“ gastierte und bei uns einen durchwachsenen Eindruck hinterließ (klicke hier). Mit GUM BLEED machte nun ebenfalls eine Gruppe aus Peking Station in Frankfurt. Während die Kollegen von DEMERIT schon aufgrund ihrer Optik deutlich im Street-Punk-Genre zu verorten sind, ist die Einordnung bei GUM BLEED weitaus diffiziler. Als die 2006 gegründete Formation zu Gum Bleedvorgerückter Stunde die Bühne der Au enterte, war jedenfalls nicht ganz klar, ob da nun einen Boy-, eine Avantgarde- oder eine Postpunk-Band performen würde. In schnieke schwarze Uniformen gewandet, die allesamt auf der Brust mit einem roten Stern versehen waren, erinnerten die Asiaten ein wenig an eine kommunistische Burschenschaft auf Betriebsausflug. Nach Punk sahen die Jungs jedenfalls nicht unbedingt aus, eher wie chinesische Touristen, nur eben ohne Kameras.

Gum BleedDie ersten Akkorde machten diesen Eindruck jedoch zunächst vergessen. GUM BLEED rockten ordentlich los und präsentierten mit „Civilization Crime“ einen amtlichen Street-Punk-Stampfer im CASUALTIES-Stil. So konnte es weitergehen… Tat es aber nicht. Nach einigen Songs wie beispielsweise „Kiss Me I‘m Punk“ wurde schnell klar, dass die Asiaten a) ihre Instrumente zu gut beherrschen und b) vermutlich vor zehn Gum BleedJahren als Punkband durchgegangen wären, sich inzwischen aber, um es freundlich auszudrücken, weiterentwickelt und in andere musikalische Sphären bewegt haben.

Und so begann nach der gelungenen, aggressiven Anfangsviertelstunde so etwas wie ein Streifzug durch unterschiedliche musikalische Rock-Genres. Ob Pop-Punk, Screamo, Post-Punk oder Reggae-Rock im CLASH-Stil, nahezu alles war vertreten und gipfelte in einer A-cappella-Schnulze, die auch von den BACKSTREET BOYS hätte stammen können, Verbeugung vor dem Publikum inklusive. Die vielen jungen Punks, die vor der Bühne herumfielen, schien dies nicht weiter zu stören, vermutlich hätten sie auch gefeiert, wenn Roland Kaiser auf der Bühne gestanden hätte.

Ältere Semester hingegen reagierten da schon weniger versöhnlich: Von Bemerkungen wie „Da schaffe ich den ganzen Tag und muss mir nun diese Zirkusmusik anhören!“, über Aussagen wie „This is the worst crap I‘ve ever Gum Bleedseen!“, bis hin zu Statements wie „Im ZDF-Fernsehgarten kämen die bestimmt prima an“, fielen die Meinungen zum Gig der Chinesen eher negativ aus. Positiv blieb indes die Video-Untermalung des Sets in Erinnerung, denn nahezu jeder Song wurde mit einem passenden Clip visuell begleitet und essentielle Textzeilen in großen Lettern präsentiert. Punkrock mit Untertiteln, auch das sieht man nicht alle Tage.

Unterm Strich mag man das Ganze als musikalisch abwechslungsreich, exotisch und ungewöhnlich bezeichnen, nur Punk war es eben (überwiegend) nicht. Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass GUM BLEED vor vielen Jahren als Punk-Act ihre Karriere begonnen und sich inzwischen zu so etwas wie den Gum Bleedchinesischen TOTEN HOSEN entwickelt haben, weil sich mit Mainstream-tauglichen Radio-Rock eben mehr Kohle machen lässt. Wer wissen möchte, wie die Band einst mal klang, dem sei auf YouTube der offizielle Clip zum Song „Civilization Crime“ empfohlen, der zwar auch nur ein CASUALTIES-Rip-off ist, aber zumindest in puncto Härte zu gefallen weiß. Zum Abschluss der internationalen Punkwochen in der Au muss ich konstatieren, dass mir, ebenso wie beim Essen, die mexikanische Variante doch lieber ist als die chinesische.


Links: https://www.facebook.com/gumbleed/, https://myspace.com/gumbleed, https://www.reverbnation.com/gumbleed, http://www.last.fm/de/music/Gum+Bleed

Text: Marcus / Fotos: Boris, http://www.borisschoeppner.de/

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