THE ORDER OF ISRAFEL & YEAR OF THE GOAT

Schlachthof, Wiesbaden, 31.01.2017

Year of the GoatNachdem YEAR OF THE GOAT vor etwa einem Jahr mit DRACONIAN und Weiteren tourten und im Billing den zweiten Platz von vier Bands inne hatten, versüßen sie mir den Januar mit einer ersten Headlinertour. Für mich sind YOTG das, was für die meisten GHOST ist: Eine großartige, melodische und satanische Band, die ihre Philosophie in den Gehörgang schmeichelt und deswegen von einem großen Teil der Metal-Community nicht wirklich ernst genommen wird. GHOST machen das Grenzen sprengender, wenn sie (völlig genial) passende Songs von ARMY OF LOVERS oder den EURYTHMICS covern – was die Eigenkompositionen angeht, sind (in meiner Welt ) YOTG ihren maskierten Landsleuten jedoch meilenweit voraus. Das sehen die meisten aber anders – GHOST füllen demnächst wieder die große Halle des Wiesbadener Schlachthofs, YOTG gestern noch nicht mal das kleinere Kesselhaus.

Das trotz aller Luft in den Reihen trotzdem der Eindruck entstand, dass dieses Konzert recht gut besucht wurde, lag auch an der Wahl des zuerst auftretenden Co-Headliners THE ORDER OF ISRAFEL. Benannt nach einem der vier Erzengel im Islam, der den Menschen beim jüngsten Gericht den Marsch bläst und alles Leben auf der Erde auslöscht, formierte sich unter diesem Namen 2012 in Schweden das Quartett um Sänger/Gitarrist Tom Sutton, der einige Zeit in Japan lebte und The Order of Israfeldort ein Teil der Serienkiller-Doomer CHURCH OF MISERY war. In Schweden schloss sich der Australier später den Retrorockern HORISONT an (bei denen er aber inzwischen nicht mehr dabei ist) und startete mit NIGHT VIPER (klassischer Metal mit Sängerin) sowie den doomigen THE ORDER OF ISRAFEL zwei Combos, die amtlich verzücken und bockstarke Tonträger veröffentlichten.

Die von TOOI waren mir zum Zeitpunkt des Wiesbadener Konzertes noch unbekannt, laufen seit dem Abend aber in Dauerschleife. Okkulter, manchmal folkiger Doom, der, zumindest teilweise, den Gehörnten preist. Bei dem ich mir aber nicht sicher bin, ob das Ganze eine metaltypische Spielerei darstellt oder ob es dem Herrn Songschreiber Sutton The Order of Israfeldamit ernst ist. An asozialem Verhalten merkt man das nicht, das pflegen auch weder YOTG noch GHOST – und das ist eben der Unterschied zu pubertierenden Jungs, die schocken wollen, und erwachsenen Menschen, die eine Philosophie verinnerlicht haben. Für sinnlose Unfreundlichkeiten ist da kein Platz. Es gibt Wichtigeres im Leben.

The Order of IsrafelLaut Tom Sutton wird Israfel jedoch auch als „Engel der Musik“ bezeichnet. Wie er im Deaf Forever 5/2014 ausführte: „Das Konzept hinter dem Bandnamen ist, dass Musik das Größte und Wichtigste in unserem Leben ist. (..) Wir lieben und leben für die Musik, das ist alles.“ Weitere Details zu seiner Lebenseinstellung, die „von den anderen Jungs in der Band“ geteilt wird, macht Sutton in diesem Interview aber nicht und bleibt nebulös.

Das Intro von TOOI auf dem Album wie auch im Kesselhaus klingt nach Balkan-Folk, doch hier steigt keine Bukovina-Party, sondern heftiger Schlaghosenrock. „Staff In The Sand“ ist das erste Stück der knapp 70 Minuten, die nun folgen. Das Quartett wirkt noch ein wenig gehemmt, nur Bassist Patrik The Order of IsrafelAndersson Winberg (Ex- DOOMDOGS) post von Anfang an, breitbeinig, sein Instrument in die Höhe haltend oder auch mal aufs Holz boxend. Ob das für Puristen als „reiner Doom“ durchgeht weiß ich nicht. Sicherlich mehr als die folgenden YOTG, denke ich, obwohl beide Bands in der Vergangenheit beim „Hammer of Doom“ überzeugen konnten. Aber selbst dieses Festival ist für Freunde der wahren Lehre ja keines, welches diesen Namen verdient. Auch wurscht. Mit zunehmender Spieldauer The Order of Israfelwärmt sich die Band auf und auch die Fotografen scheinen nicht mehr zu irritieren. Sieben Stücke der beiden hochklassigen Alben werden gegeben, Zugabe gibt es keine. Da hapert es mit dem Co-Headliner-Status dann wohl doch ein wenig. Und einige Kuttenträger sind nach der Umbaupause, wenn YOTG die Bühne betreten, nicht mehr zu sehen. Selbst schuld.

Als sich die sechs, zum Teil nicht gerade schmalen Gestalten von YEAR OF THE GOAT vor einem Jahr auf die Bühne des Café Central in Weinheim quetschten gab es vom Chefideologen der Combo, dem auch bei den leider nicht mehr existierenden GRIFTEGARD musizierendem Thomas „Sabbathi“ Eriksson, zu Beginn „nur“ die pathetisch gehaltene Pommesgabel. Die sieht man nun auch in Wiesbaden, vor stimmungsvollem Gegenlicht und nach einem Teil der „Satanic Mass“ vom legendären COVEN- Debüt „Witchcraft Destroys Minds & Reaps Souls“. Auch wenn ein Teil der Band nur aus Atheisten besteht: Sabbathi meint das ernst. Er, der mit Hilfe des Mannes am Mellotron und zweitem Gesang, „Pope“ Mikael Popovic , für die Texte und Kompositionen zuständig ist, hält sich (laut Interview im Deaf Forever 5/2015) für 666 Jahre alt und verarbeitet bei YOTG seine „Visionen, basierend auf Ritualen, die ich mit Hilfe magischer Year of the GoatZaubertränke abhalte“. Sei‘s drum. Wenn dabei solch erhabene Musik rumkommt.

Mit „The Key and the Gate“, einer großartigen Pop-Nummer, wird fulminant gestartet und das Niveau den ganzen Abend gehalten, knapp 90 Minuten und zwölf Songs lang. Kein Stück ist hier minderwertig oder entschuldigt den Gang zum Klo oder zum Bier holen. Vollendete Ekstase, dargebracht von drei Gitarren, dem Year of the Goatetwas hintergründig abgemischtem Mellotron (auf der linken Bühnenseite hört man von dem Ding praktisch gar nichts), Bass, Schlagzeug und, vor allem, dieser Stimme. Das ist eine Soul-, eine Gospelstimme, die Sabbathi eigentlich nur an der Kreuzung erworben haben kann, im Austausch gegen seine Seele, irgendwann später. Falls das noch so gemacht wird.

Year of the GoatKlar wird hier das musikalische Rad nicht neu erfunden, die Mischung aus Hardrock, Psychedelic und einem Hauch von Goth und die dargebrachten Inhalte sind retro wie Sau. Na und? In dieser Perfektion hört man das nicht alle Tage. Die noch verbliebenen Besucher feiern das jedenfalls mächtig, so dass die Band noch zur Zugabe erscheint. „Song of Winter“ erschallt, die neue Single, die könnte auch nachmittags im Radio laufen. Trotzdem toll. Die längeren, dramatischen Stücke wie „Vermillion Clouds“ sind jedoch das größte Pfund der Formation, musikalisch gesprochen. Hat der Teufel wohl doch die besseren Lieder? Nach so einem Abend bin ich davon fest überzeugt.

Links: http://www.theorderofisrafel.com/, https://www.facebook.com/TheOrderOfIsrafel/, https://soundcloud.com/napalmrecords/the-order-of-israfel-wisdom, http://www.last.fm/music/The+Order+of+Israfel, https://www.facebook.com/yearofthegoat, https://www.reverbnation.com/yearofthegoat, http://www.last.fm/music/Year+of+the+Goat

Text, Fotos & Clips: Micha

Alle Bilder:

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Kommentare deaktiviert für THE ORDER OF ISRAFEL & YEAR OF THE GOAT

Filed under 2017, Konzerte, Videoclips

Comments are closed.