OVERKILL, PRONG, ENFORCER

Colos-Saal, Aschaffenburg, 11.11.2014

Overkill„OVERKILL? Ach nee, schon so oft gesehen – das lass ich mal lieber“. Manche Aussagen sind so dämlich, die muss man einfach an einen Textanfang setzen. Dieser Satz ist ein Paradoxon, schlicht nicht möglich, denn jeder weiß oder sollte wissen, dass man OVERKILL, gerade wenn man sie schon ein paar Mal gesehen hat, immer wieder sehen muss. OVERKILL sind nämlich eine, wenn nicht die beständigste (nicht-deutsche) Live-Band im Thrash-Metal. Und das seit 1980. Macht das mal nach. Ich hoffe, wir müssen darüber nicht diskutieren, aber falls doch: Wer sollte dagegen anstinken? ANTHRAX? Haben sich mit ihrem Sänger-rein/raus keinen Gefallen getan und verwalten heutzutage ihr Erbe in einer hasserfüllten Zweckgemeinschaft. TESTAMENT? Ohne fette OverkillTechnik auf die Stimmbänder geht da nicht mehr viel. EXODUS? Naja gut, nahe dran, gab aber Flauten. SLAYER? Haben ihre besten Leute verloren und gehören, zumindest teilweise, in die mehrjährige Reha. METALLICA? Ja, der war gut. Thrash-Metal, habe ich gesagt. Bei den Epigonen kann MACHINE HEAD mithalten, die haben aber ein paar Jahre weniger auf dem Buckel und zählen deshalb nicht. Deutsche Bands außen vor, da gibt es ja noch zwei, zu denen aber demnächst mehr.

Da Thrash-Metal von der Jugend ja wieder so geliebt wird, gab es auch heute wieder zwei Jungspundcombos vor den Headlinern, von denen wir eine verpassten, weil wir von Frankfurt kamen und arbeiten mussten: DARKOLOGY (wohl eher eine Power Metal-Band), tut mir leid. Nächstes Mal. ENFORCER aus Schweden (seit Enforcereiniger Zeit mein Metal-Lieblingsland, so ganz allgemein) taten es den Supports von DESTRUCTION kürzlich gleich und posten, was das Zeug hielt – das war nett anzuschauen, überzeugte mich aber nicht so wie Ende September LOST SOCIETY und EVIL INVADERS. Vor jedem Song wurde Bohei gemacht, als würde sonstwas für eine Granate kommen, um dann Singalongs in den Refrains zu liefern, die fast schon Schlager-Niveau hatten. Vielleicht ist das eine erlesene Mischung, die ich mir nochmal zu Gemüte führen muss, live hat das bei mir (die Buben hatten schon ordentlich Fanbase, zugegeben) nicht gezündet, trotz „Countess Bathory“ von VENOM als Cover.

Der Colos-Saal war voller als bei DESTRUCTION und leerer als bei BOLT THROWER, deswegen konnte man sich ein wenig bewegen. Bewegung gab es auch im Publikum, als mit PRONG der Exot des Billings anfangen sollte. PRONG Prongwaren ja erst im Juli als Headliner unterwegs (Bericht hier) und ich hatte Muffe, wegen meiner Kamera wieder Ärger zu bekommen mit Tommy Victor oder einem seiner Vasallen.

Aber Pustekuchen: Der Dreizackboss war supergut drauf, scherzte, poste, dirigierte, rockte und gab mit den beiden Kraftpaketen neben ihm dermaßen ProngDampf, dass das Wiesbaden-Konzert in meiner Welt hiermit komplett aus den Angeln gehoben wurde. Gut, ein paar Wrestling-Spacken waren auch da, im Großen und Ganzen verteilte sich das alles aber besser und man konnte schön bängen und springen, ohne ein paar in die Rippen zu kriegen. Mit 75 Minuten waren PRONG wohl eher Special Guest als Vorband und überzeugten alle bis auf die ignoranten Thrasher, die zwischen ENFORCER und OVERKILL ein paar rauchen gingen. Am Ende des Abends gab Herr Victor sogar noch Autogramme, dass ich das noch erleben durfte. Großartiges Konzert der New Yorker.

Nach der Pause ging es über den Hudson nach New Jersey zu den Thrashmeistern, wie bereits bewiesen wurde. Los ging es mit dem Intro des aktuellen Albums „White Devil Armory“, das, wie fast alle OVERKILL-Scheiben, ziemlich gut ist. Keines der supergeilen, aber ein geiles, durchaus. Dann, als Overkillzweites: Der Song „Overkill“ vom Debüt. Ein Freund fragte vor der Show, wann er den wieder zu hören bekommen könnte; bittesehr, da war er. Im Gegensatz zu anderen Bands, bei denen man immer die Klassiker hören will von vor dem Krieg weil danach nur noch Schrott kam, hauen OVERKILL heutzutage immer noch Klassiker raus (zuletzt 2010 „Ironbound“) weswegen es auch völlig in Ordnung ist, davon Lieder zu hören (gestern: „Ironbound“ und „Bring Me The Night“).

Die Über-Klassiker wie „Rotten to the Core“ oder „Wrecking Crew“ (Clip dazu weiter unten) kommen  sowieso, genau wie „Hello from the Gutter“ und „Fuck You“ am Schluss. Der neue Song „Bitter Pill“ in der Zugabe passte da auch, groß, ein Klassiker der Zukunft. Bandboss und Mitgründer D.D.Verni Overkill(Bass) schien gut gelaunt, die Gitarristen sind über jeden Zweifel erhaben und Sänger Bobby „Blitz“ Ellsworth musste zwar bei jedem instrumentalen Sturm aus mir unbekannten Gründen die Bühne verlassen (Lampenfieber? Durchfall? Konferenzschaltung?), packte den Rest der Zeit aber bodenständig wie eh und je die Axt aus und trieb den Mob zu Höchstleistungen an. Etwas merkwürdig in meinen Ohren klang jedoch der Verweis, dass „Aschaffenburg die Hauptstadt des Thrash-Metal ist“ und man hier nicht so ein „Groove- Zeug“ hört. Hä? War das eine Spitze gegen PRONG, die eben noch ähnlich entzückten? Das war kein so feiner Zug; aber wer weiß was für ein Verhältnis die da haben hibb- und dribbdebach um den Hudson… „Schon so oft gesehen“, hm? Arschlecken. Erscheinungspflicht, beim nächsten Mal. Ihr alle!

Links: http://enforcer.se/, https://myspace.com/enforcerswe, http://www.lastfm.de/music/Enforcer, http://prongmusic.com/, https://myspace.com/prong, http://www.lastfm.de/music/Prong, http://wreckingcrew.com/Ironbound/, https://myspace.com/overkill, http://www.lastfm.de/music/Overkill

Text, Fotos & Clips: Micha

Alle Bilder:

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