PISS TEST

Exzess, Frankfurt, 25.11.2014

Piss TestMit PISS TEST gastierte zum dritten Mal in nur drei Monaten eine Band aus Portland, Oregon in einem Frankfurter Club. Den Anfang machten im Oktober DON’T (Ex-WIPERS und NAPALM BEACH) und die CHEMICALS (Bericht hier), die beide im Dreikönigskeller spielten, gestern folgten nun PISS TEST, deren letzte Werke wie auch im Fall der CHEMICALS auf dem deutschen Label Taken by Surprise erschienen sind. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Tatsache, dass alle Konzerte vom Frankfurter DIY-Veranstalter Face Slap Concerts ausgerichtet wurden, die die lokale Szene bereits seit geraumer Zeit mit exquisiten Punk-Konzerten bereichern. Nähere Infos zu den Aktivitäten von Face Slap finden sich auf deren Facebook-Seite – reinschauen lohnt sich.


Beim Betreten des Clubs fiel zunächst ein leckerer Kuchen ins Auge, auf dem die Lettern PISS TEST zu lesen waren. Eine nette Geste der Organisatoren, die mich zwar ein wenig an die Sitzungen in meiner Piss TestAnti-Aggressions-Gruppe erinnerte, die aber dennoch gut ankam. Die Ingredienzien des Backwerks ließen sich im Rahmen eines von mir durchgeführten Geschmackstests nicht ausmachen, er war jedoch sehr fruchtig. Und gelb.

Eröffnet wurde der Abend von einem jungen Hipster-Trio aus Wiesbaden, dessen Name nicht zu merken lohnt. Laut Angaben der Facebook-Seite machen die Jungs Melodic Punk, haben dabei aber offensichtlich die falschen Scheiben Piss Testin der Sammlung stehen. Das Ganze klang nämlich eher nach seichtem Radio-Rock der Marke Bruce Springsteen, denn nach melodischem Punk im Stile von ADOLESCENTS, D.I. und Co. Ich zog es daher vor, noch einmal die Zutaten des Kuchens zu erkunden…

Nach zwei Bieren und drei Stück Kuchen betrat schließlich das US-Trio die Bühne und wütete los. PISS TEST, das sind Sänger und Gitarrist Zach, der in seiner Heimat als „Portlands angriest man“ gilt, sexy Samantha am Bass und Rodrigo an den Drums. Musikalisch ging das Ganze in eine ähnliche Richtung wie im Fall der CHEMICALS, geboten wurde rauer, energetischer Punk-Rock mit angepissten Vocals. Im Gegensatz zu ihren Label-Piss TestKollegen, die mich eher an die ZODIAC KILLERS und frühe DWARVES erinnerten, sind im Sound von PISS TEST zusätzlich Einflüsse von Acts wie RADIO BIRDMAN, den CRAMPS und den SPITS zu erkennen. Außerdem scheinen Bands aus Portland nie verleugnen können, dass sie aus eben jener Stadt kommen, die einst DEAD MOON und die WIPERS hervorbrachte. Allesamt schwere Kaliber, wenn man bedenkt, dass Portland gut 200.000 Einwohner weniger als Frankfurt hat und unser Städtchen in puncto Punkrock lediglich mit den STRASSENJUNGS und den MIDDLE CLASS FANTASIES aufwarten kann. PISS TEST sind indes auf dem besten Weg, ebenfalls Punk-Geschichte zu schreiben. Zumindest sind alle Zutaten vorhanden, die es dazu bedarf: Charismatische Musiker, schräge Lyrics, die richtigen Vorbilder und die nötige Wut im Bauch.

Piss TestZach ist zudem ein begnadeter Punk-Rock-Shouter, der mich beim Gig gelegentlich an den jungen Lee Ving von FEAR erinnerte. Die Stimmung war gut, das Publikum begeistert, dann aber wurde es duster und die PA fiel aus – vermutlich weil sie angepisst war. Der Stromausfall wurde von Unbekannten genutzt, um sich den Rest des Kuchens einzuverleiben und um die Sicherungen wieder einzusetzen, sodass es nach gut Piss Testzehn Minuten weitergehen konnte. Allerdings nicht mehr allzu lange, da PISS TEST bisher lediglich auf ein Album und einige EPs zurückblicken können und die Songs kaum die Zwei-Minuten-Marke überschreiten. Präsentiert wurden unter anderem Lieder wie „Necrophilia (It’s Halal)“, „Don’t Let Nazis Take Your Taxes“ und „Nick Cave Phase“, alles Tracks, die vom ungewöhnlichen Humor der Band zeugen. Es war Piss Testein herausragender Gig einer Gruppe, von der in Zukunft sicherlich noch viel zu erwarten ist. Im direkten Vergleich haben mir die CHEMICALS mit ihrem agileren Stage-Acting und ihrem brutaleren Sound zwar live einen Tick besser gefallen, dennoch würde ich PISS TEST ob ihres vielschichtigeren Sounds musikalisch den Vorzug geben. Sehenswert sind auf jeden Fall beide Acts.

Im Anschluss ans Konzert betätigte sich Samantha übrigens noch im Stile eines Zigarettenmädchens als Merchandise-Verkäuferin, indem sie an jeden Besucher herantrat, ihn mit ihren großen Kulleraugen anblickte und fragte, ob er nicht Piss Testeine Single oder eine EP erwerben wolle. Da konnte ich natürlich nicht Nein sagen, zumal es auch eine nette Signatur aufs Cover gab.

Bleibt zu hoffen, dass uns Taken by Surprise Records noch viele weitere Acts ähnlichen Kalibers bescheren und dass die Jungs von Face Slap Concerts diese dann nach Frankfurt holen. PISS TEST und die CHEMICALS sollte man definitiv im Auge behalten.

Links: https://www.facebook.com/PissTest, http://pisstest.tumblr.com/, http://www.lastfm.de/music/Piss+Test, http://pisstest.bandcamp.com/

Text & Fotos: Marcus

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