P.R.O.B.L.E.M.S.

Dreikönigskeller, Frankfurt, 28.10.2017

P.R.O.B.L.E.M.S.P.R.O.B.L.E.M.S., der dritte. Nach Auftritten 2015 im Dreikönigskeller (wir berichteten hier) und 2016 im Exzess gastierten die fünf Punkrocker aus Portland, Oregon gestern wieder im kleinen DKK im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen. Mit im Gepäck hatte die Combo zum einen die frische Scheibe „Doomtown Shakes“ und zum anderen mit Jonny P. Jewels (rechts) einen neuen Frontmann, der ebenjene Platte schon mit eingesungen hat. Nach dem Hammer-Album „Another Day“ von 2015, das für mich zum Besten zählt, was das gesamte Genre in den vergangenen Jahren hervorgebracht hat, waren die Erwartungen groß. Wie würde die aktuelle Platte live rüberkommen, wie würde sich der neue Sänger präsentieren? Und weshalb war sein Vorgänger Bradly Frye nicht mehr dabei? Ich sollte im Verlauf des Abends alles herausfinden.

Die Jungs von Face Slap Concerts, die das Event veranstalteten, erzählten mir bei meiner Ankunft, dass sie aufgrund der zahlreichen, parallel stattfindenden Musikbespaßungen (u. a. feierten die Frankfurter Punkrock-Urgesteine COPY CATS eine Plattenrelease-Party in der Au) mit einem Zuspruch von etwa 70 P.R.O.B.L.E.M.S.Gästen recht zufrieden wären. Doch diese Erwartungen wurden noch weit übertroffen, denn der Laden war gegen 22 Uhr zum Start des Support-Acts THE STRAPONES aus Bern pickepacke voll, ein wenig später vielleicht sogar ausverkauft.

Zu den STRAPONES kann ich leider keine Fotos anbieten, weil ich mich zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht vor die Bühne kämpfen wollte (Mea culpa, zum Ersten). Fest steht indes, dass die Jungs aus der Schweizer Hauptstadt der perfekte Opener waren für das, was später noch folgen sollte: Hart, schnell, und mit einem sehr agilen Frontmann ausgestattet, wärmte die Combo das erwartungsfrohe Volk schon mal für die P.R.O.B.L.E.M.S. auf. Als ich mir am P.R.O.B.L.E.M.S.Ende des Abends eine Scheibe der Eidgenossen zulegen wollte, wurde mir gesagt, dass diese auf der kleinen Tour (sie treten dieser Tage drei Mal im Gefolge der Amerikaner auf) inzwischen vergriffen sind. Erstaunt mich nicht, denn das Quintett dürfte sich eine Menge neuer Freunde erspielt haben. Schon bald möchte die Band erneut in Frankfurt ein Gastspiel geben, und da sollte man dann auf jeden Fall wieder aufschlagen.

P.R.O.B.L.E.M.S.Gegen Elf betrat dann der Headliner das Podest. Neu in der Truppe ist, wie bereits erwähnt, Sänger Jonny P. Jewels, ein schwertätowierter Jeansjackentyp mit langer, schwarzer Mähne. Nach wie vor „in“ sind Kelly Halliburton am Bass, Scott Williams an der Lead-Gitarre, Brian Hopper an der zweiten Gitarre und Timmy Rokket am Schlagzeug. Bei welch teilweise illustren Acts die Mitglieder dieser All-Star-Combo alle schon aktiv waren, erspare ich Euch an dieser Stelle (zusammen sind dies mehr als 30) und dürfte ohnehin bekannt sein – der mir zuvor unbekannte Jewels bringt als musikalische Referenz sein Engagement bei den KILL CITY THRILLERS mit, die sich 2003 gründeten und später in THE SODA POP KIDS umbenannten. Mit diesen brachte er zwischen 2005 bis zur P.R.O.B.L.E.M.S.Bandauflösung 2009 mehrere Platten heraus.

Nicht unerwähnt bleiben, weil für seine (Selbst-)Darstellung auf der Bühne durchaus von Belang, ist, dass Jewels vor seinen musikalischen Aktivitäten als Schauspieler tätig war. Der im März 1984 als Jon Paul Steuer (so der bürgerliche Name) geborene Kalifornier wirkte unter anderem bereits 1990 als Sechsjähriger in einer Episode der Saga „Star Trek – The Next Generation“ mit und war von 1993 bis 1996 in 69 Folgen der TV-Serie „Grace Under Fire“ zu sehen. Danach endete die Leinwand-Karriere – doch genau diese schauspielerischen Qualitäten fielen beim gestrigen P.R.O.B.L.E.M.S.-Gig sofort ins Auge: Der Mann weiß sich in Szene zu setzen, beherrscht es unpeinlich zu posen und kann nicht zuletzt auch dem P.R.O.B.L.E.M.S.Punkrock-Klischee entsprechend ganz gefährlich gucken. Ein extrovertierter Typ, dessen ständiges Bohei – in meiner Wahrnehmung – der Darbietung gut zu Gesicht steht. Ruh- und rastlos ist Jewels neben dem Gesang für die „Show“ zuständig, ein wenig wird er dabei von Halliburton unterstützt, während Williams und Hopper sich links und rechts am Rand des Podests zurücknehmen können. Hinter allen tobt Rokket, den ich für einen der besten Schlagzeuger der Szene halte. Ihm zuzuschauen P.R.O.B.L.E.M.S.macht genauso viel Spaß wie seinen Beat anzuhören.

Gespielt wurde das Allermeiste des Albums „Another Day“ (u. a. mit meinen Lieblingssongs „You Gonna Die“ und „No Time“) und der neuen LP „Doomtown Shakes“, von der Tracks wie zum Beispiel „Jack Knife“ den älteren Killern in nichts nachstehen. Außerdem gab es noch einige Einsprengsel aus früheren Jahren wie das brachiale „I Hate TV“ von der gleichnamigen 2012-er Single. Ein Punkrock-Monster reihte sich ans andere – klar, dass die Meute vor der Bühne recht schnell in Schwung kam und mit einem kleinen, aber feinen Moshpit dem Gig auch in diesem Punkt einen würdigen Rahmen verlieh.

P.R.O.B.L.E.M.S.Einzig und allein ein etwas seltsamer Mensch nervte, der immer mal wieder meinte, mit einigen Schallplatten in den Händen zwischen den Köpfen der Band und denen der Besucher herumwedeln zu müssen. Sollte das eine Werbemaßnahme sein? Nein, das hat die Combo nun wirklich nicht nötig. Vielleicht wollte der Weirdo die Cover mit ein paar echten Schweißtropfen der Band veredeln? Oder im immer heißer werdenden Club den vor sich hin schwitzenden Gästen ein wenig Luft zufächeln? Oder war er einfach nur glücklich, ein paar Exemplare erstanden zu haben? Doch davon gab es am reich gedeckten Merchtisch wirklich mehr als genug, und das – wie man es immer bei den P.R.O.B.L.E.M.S. kennt – zu äußerst fairen Preisen.

Einen letzten Nicht-Musik-motivierten Aufreger gab es dann noch, als der Frontmann etwa nach zwei Drittel des Programms plötzlich zusammensackte und vor der Bühne zu liegen kam. Ich dachte anfangs, dies gehöre zur Show (was mich nicht gewundert hätte), und hielt erstmal mit der Kamera drauf (Mea P.R.O.B.L.E.M.S.culpa, zum Zweiten), statt mich um den Kerl zu kümmern. Das taten dann aber unmittelbar einige neben mir stehende Besucher, und stellten den etwas benommen wirkenden Sänger wieder auf die Beine. Ich glaube, er hätte die Show zu diesem Zeitpunkt am liebsten beendet, aber Mitstreiter und Bandboss Kelly Halliburton rief ihm zu: „Come on, let‘s do a full set“. Rauhe Sitten. Bei P.R.O.B.L.E.M.S. zu spielen P.R.O.B.L.E.M.S.ist augenscheinlich nichts für Weicheier. Und Jonny Jewels rockte dann noch ein paar Stücke, fast so, als sei nichts gewesen. Später hörte ich, dass er nach dem Auftritt draußen an der frischen Luft erzählt habe, dass er zwei Mal heftig mit einem Fan (es war wohl der ab und zu Platten-schwenkende Typ aus der ersten Reihe) mit den Köpfen aneinander geknallt war und daraufhin Sternchen gesehen habe.

P.R.O.B.L.E.M.S.Zu guter Letzt galt es noch herauszufinden, warum der frühere Sänger Bradly Frye ausgeschieden ist. Ich stellte die Frage am Merchtisch Halliburton, der mich aufklärte: Frye habe sich mit einem Bandmitglied überworfen (gemeint war Rokket) und nach dem Motto „er oder ich“ dessen Rausschmiss verlangt. Woraufhin er dann selbst gefeuert wurde. Dumm gelaufen. Schade, denn seine Stimme passte hervorragend zu den Songs. Doch auch Jewels macht einen klasse Job und wir werden uns an ihn gewöhnen. Hoffentlich besteht schon 2018 wieder eine Gelegenheit dazu. Von gestern zurück bleiben ein paar Zipperleins aus dem Moshpit, die in Kürze verflogen sein werden. Und die Erinnerung an einen der besten Konzertabende des Jahres 2017. Für mich bleiben die P.R.O.B.L.E.M.S. im Beritt Punkrock das Maß aller Dinge.


Links: https://www.thestrapones.com/, https://de-de.facebook.com/thestrapones/, https://thestrapones.bandcamp.com/, https://www.last.fm/de/music/the+strapones, https://www.facebook.com/problemspdx, https://myspace.com/problems503, http://problemsrockandroll.bandcamp.com/

Text & Fotos: Stefan

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