REACTORY & REFLEXOR

Exzess, Frankfurt, 21.09.2016

ReflexorDass der gute alte Thrash-Metal derzeit ein kleines Revival erlebt, haben wir in diesem Blog bereits des Öfteren dokumentiert. Dies äußert sich in einer Vielzahl junger Bands, die den Gründervätern EXODUS, TESTAMENT und METALLICA nacheifern und dabei oft erstaunlich authentisch klingen. Das Schöne – zumindest für uns Fans, vermutlich weniger für die Musiker – dabei ist, dass trotz des Revivals kaum eine Gruppe in großen Hallen spielt: EXODUS gastierten im Frankfurter Zoom, VOIVOD im Kesselhaus des Wiesbadener Schlachthofs und DESTRUCTION im Colos-Saal in Aschaffenburg. Und dies sind bereits die Schwergewichte des Genres. Die junge Garde hat es da noch weitaus schwerer. Da es heutzutage nicht mehr ausreicht, ein Demo aufzunehmen, um von einer prominenten Plattenfirma entdeckt und auf Tour geschickt zu werden, müssen die Youngster ihre Geschicke in die eigenen Hände nehmen und sich in D.I.Y.-Manier durch viele kleine Gigs einen Namen machen. Aus der Sicht der Zuschauer ist dies ganz nett, denn es kommt eher selten vor, dass man Thrash-Acts in Clubs vor nur 40 Zuschauern erleben kann. Zumindest ich bin dies eher von Punk-Bands gewohnt.

ReflexorDie beiden deutschen Acts, die gestern im Exzess gastierten, tun dies bereits seit sieben Jahren und spielten, obwohl REFLEXOR aus Gießen und REACTORY aus Berlin stammen, kurioserweise bereits zum dritten Mal als Package im Frankfurter Kultclub. Die Eröffnung des Abends lieferten die Gießener, die bis Reflexor2009 noch unter dem Namen CRUSH HATRED firmierten und leider erst auf eine EP zurückblicken, die 2012 im Eigenvertrieb erschien. Und das ist schade, denn sieht man mal von der etwas holprigen Produktion von „Revenge of the Mycosis“ ab, so enthält die Scheibe durchaus einige Perlen, die jeden Freund der ersten Alben von SLAYER, EXODUS und AGENT STEEL begeistern dürften.

Neben vier Songs der EP wurden live drei bis dato nicht veröffentlichte Stücke sowie zwei Coverversionen geboten: Zum einen „Silent Scream“ von SLAYER, zum anderen (mit dem Hinweis, dass nun ein ReflexorSong der besten Bay-Area-Band folge) „Bonded by Blood“ von EXODUS, der für meinen Geschmack etwas zu langsam gespielt wurde. Ansonsten gab es am Auftritt der Nordhessen jedoch nichts auszusetzen, die Musiker harmonierten perfekt, alles war verdammt schnell und auf den Punkt gespielt und besonders der Gesang von Shouter Consti wusste mit seinen gelegentlichen, hohen Schreien zu überzeugen. Insofern stand das Dargebotene vergleichbaren deutschen Acts wie DUST BOLT oder TRAITOR, die bereits einen Plattendeal an Land ziehen konnten, in nichts nach. Es bleibt zu hoffen, dass sich bald ein Label der Jungs annimmt, das ihnen eine solide Albumproduktion ermöglicht.

REACTORY haben diese Phase bereits hinter sich, die Combo hat eine EP und zwei Alben bei drei verschiedenen Labels herausgebracht und präsentierte diverse Songs des neuen Werks, das schlichtweg „Heavy“ betitelt ist. Und das Reactorynicht ohne Grund, denn nach den ersten zwei Releases, die furiosen, schnellen Thrash Metal bieten, hat man auf „Heavy“ den Fuß etwas vom Gaspedal genommen und bewegt sich mehr in Richtung des klassischen Heavy Metal. Ob man sich damit einen Gefallen getan hat, wird sich weisen. Fest steht aber, dass die Mischung aus schnellen Thrashern und wuchtigen Midtemposongs live recht gut funktionierte.

Dennoch waren es eher Tracks wie „Metal Invasion“, „Spreading Brutality“ und „Shell Sock“ des Debütalbums „High on Radiation“, die mich begeisterten. Musikalisch klingen REACTORY für meine Ohren weniger nach den Bay-Area-ReactoryVorbildern, sondern eher nach deutschen Thrashern wie KREATOR oder DESTRUCTION, was natürlich ebenfalls keine schlechten Vorbilder sind. Der Auftritt von REACTORY war ebenso routiniert wie der von REFLEXOR und kam nicht minder energetisch daher, obgleich die Wahl-Berliner nur mit einem Gitarristen agierten.

ReactoryUnterm Strich wars ein kurzweiliger Abend mit zwei aufstrebenden Thrash-Acts, die mit ihrem Sound eher Freunde des Old-School- Metal als Fans modernen Blödelcores ansprachen. Beide brauchen sich nicht hinter der Konkurrenz mit wohlklingenden Namen zu verstecken, denn das Potenzial für größere Bühnen ist definitiv vorhanden. Wäre schön, die Jungs mal als Opener von einer der Bay-Area-Formationen zu sehen. Abschließend sei noch erwähnt, dass es im Exzess, wie auf den Bildern zu sehen, seit geraumer Zeit eine neue Bühnenbeleuchtung gibt, die ein angenehmes Ambiente generiert und durchaus zum Verweilen einlädt. Wenn jetzt noch das Bier kalt wäre…

Links: https://www.facebook.com/Reflexor/, https://myspace.com/reflexor, https://reflexor.bandcamp.com, http://www.last.fm/de/music/Reflexor, http://www.reactory-thrash.com, https://www.facebook.com/reactory/, https://reactory.bandcamp.com, http://www.last.fm/de/music/Reactory



Text: Marcus
Fotos & Clips: Matthias Weigand, http://www.cxc.info/

Alle Bilder:

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