RUBY THE HATCHET & THE WELL

Yachtklub, Frankfurt, 26.04.2017

Ruby the HatchetSo langsam wird es selbst für den geneigten Fan von Psychedelic-, 70s-Rock und Stoner/Doom schwierig, bei der schieren Masse an Bands, die da wie psychedelische Pilze aus dem Boden sprießen, den Überblick zu behalten. Sicherlich steht außer Frage, dass Genre-Referenzen wie ORCHID, UNCLE ACID, JEX THOTH und BLOOD CEREMONY ein ums andere Mal sowohl live als auch auf ihren Alben ihre Klasse unter Beweis stellen, da ihnen allen ein besonderes Alleinstellungsmerkmal anhaftet, das sie nicht zu bloßen Copycats des 70s-Sound macht. Bei dem US-amerikanischen Doppelpack RUBY THE HATCHET und THE WELL, das gestern im Frankfurter Yachtklub gastierte, war dies nicht unbedingt festzustellen, aber dennoch war‘s ein schöner Abend, nicht zuletzt, da Konzerte auf dem Boot am Mainufer wegen der netten Atmosphäre immer einen Besuch wert sind. Dennoch hatten sich nicht allzu viele Musikfreunde eingefunden, es dürften etwa 30 bis 40 gewesen sein, was den Gig – zumindest was die Luft im kleinen Raum und die freie Sicht auf die „Bühne“ betraf – ganz angenehm gestaltete.

Den Anfang machte das Trio THE WELL aus Austin, Texas, das 2012 durch die gemeinsame Liebe für alte Horrorfilme, Okkultismus und BLACK SABBATH dazu inspirierte wurde, die Band ins Leben zu rufen. Als musikalische Mentoren The Wellfungieren dabei neben den bereits erwähnten Urvätern Acts wie ELECTRIC WIZARD, SLEEP und UNCLE ACID. Live konnte sich das Ganze durchaus hören und sehen lassen; die langsamen, schweren Riffs zwangen geradezu zum zeitlupenartigen Mitgrooven und die psychedelische Beleuchtung im dunklen Club trug ihren Teil zur Stimmung während des Sets bei. Den Gesang lieferte zu großen Teilen Gitarrist Ian Graham, aber auch Bassistin Lisa Alley lieh einigen Songs ihre Stimme. Auffällig war der übertriebene Hall, mit dem beide Stimmen aus den Boxen klangen, der wohl den psychedelischen Eindruck zusätzlich verstärken sollte. Geschmackssache.

The WellDas musikalische Gebräu aus Hardrock, finsterem Blues und Doom wurde durch die gelegentliche Einspielung von gesprochenen Intros wie beispielsweise im Fall des Stücks „Mortal Bones“ ergänzt, was immerhin etwas Abwechslung zum ansonsten recht monotonen Sound brachte. Dass mich die Band nicht vollends überzeugen konnte, lag jedoch nicht an der instrumentalen Darbietung, sondern an der Tatsache, dass weder Ian noch Lisa über besonders markante Stimmen verfügen, die den Auftritt in irgendeiner Form speziell gemacht hätten. Das Ganze war dennoch solide und man kann den Texanern zumindest zugutehalten, dass sie einen prima Sound hatten, was man vom nachfolgenden Act leider nicht behaupten konnte.


RUBY THE HATCHET, ursprünglich in New Jersey ansässig, inzwischen aber nach Philadelphia übergesiedelt, gibt es seit sechs Jahren, in denen bereits drei Longplayer erschienen sind. Im Gegensatz zu THE WELL, denen eine Nähe zum Ruby the HatchetDoom nicht abzusprechen ist, liegt bei RUBY THE HATCHET der Fokus eher auf einer Mischung aus Hard und Stoner Rock, die durch den Einsatz einer Hammond-Orgel zusätzlich mit psychedelischen Elementen angereichert wird. Mit Sängerin Jillian Taylor verfügen die Amerikaner über eine gleichermaßen charmante wie stimmlich versierte Frontfrau, die live zudem ein Blickfang ist.

Da auch die bisherigen Alben der Combo zu überzeugen wussten, konnte da eigentlich nicht viel schief gehen. Dass der Gig dennoch in die Hose ging, lag vor allem am wirklich miesen Sound, der viel zu laut für den kleinen Raum war und sich daher in einem diffusen Ruby the HatchetKlangbrei darbot, bei dem ich lediglich Gesang, Schlagzeug und Bass heraushören konnte. Organist Sean Hur rockte zwar wie einst Jon Lord hinter seinem Keyboard, wirkte auf mich aber stets wie ein Pantomime, und die Gitarre von Johnny Scarps war lediglich irgendwo leise im Hintergrund zu hören. Da hätte es sich natürlich angeboten, den Mischer mit einem Gewicht an den Füßen im Fluss zu versenken, doch bin ich mir gar nicht sicher, ob es nicht die Band selbst war, die auf den brachialen Sound bestand.

Ruby the HatchetAll dies war schade, denn das durchaus vorhandene Potential des Quintetts ließ sich im Sound-Overkill lediglich erahnen. Und auch wenn ich die Alben von RUBY THE HATCHER denen von THE WELL vorziehen würde, so waren doch die Texaner am gestrigen Abend die bessere Band. Ob sich beide Acts im Meer der Retro-Rocker behaupten können, sei mal dahingestellt, die besseren Chancen dürften aber RUBY THE HATCHET haben.


Links: http://www.thewellband.com, https://www.facebook.com/thewellband/, https://thewellaustin.bandcamp.com, https://www.last.fm/de/music/The+Well, http://www.rubythehatchet.com, https://de-de.facebook.com/rubythehatchet/, https://myspace.com/rubythehatchet, https://thehatchet.bandcamp.com, https://www.last.fm/de/music/Ruby+the+Hatchet

Text: Marcus / Fotos: Kai

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