SCORPION CHILD & HORISONT

Steinbruch-Theater, Mühltal, 9.04.2014

Gute Zeiten für Nostalgiker und Classic-Rock-Fans. Derzeit gastieren in nahezu jedem Club unserer Region Bands und Künstler, die sich auf Stil prägende Acts wie LED ZEPPELIN, DEEP PURPLE, JIMI HENDRIX oder BLACK SABBATH berufen. Auch das Package, das am gestrigen Abend im Steinbruch-Theater gastierte, gehört dazu. Das Lineup bestand eigentlich aus vier Bands, neben den Headlinern SCORPION CHILD (rechts) und HORISONT waren das australische Duo JACKSON FIREBIRD sowie die Darmstädter Lokalmatadore MOTOR MAMMOTH vertreten. Ich muss gestehen, dass mich lediglich HORISONT interessierte und ich wegen der Schweden nicht unbedingt die Reise in den Mühltaler Wald angetreten hätte, aber Kollege Micha hatte im Vorverkauf eine Karte erstanden – die mit der Nummer 1 – und war leider verhindert. Insofern war ich der glückliche Gewinner eines Tickets und wollte dieses natürlich nicht verfallen lassen.


Meine Ankunftszeit hatte ich so gewählt, dass ich rechtzeitig zu HORISONT vor Ort sein würde, tatsächlich bekam ich sogar noch zwei Songs der Australier mit. Die Boten eine rudimentäre Mischung aus LED ZEPPELIN, AC/DC und

MONSTER MAGNET, die gelegentlich mit einem Schuss Blues und Garage-Rock aufwartete. Das war nicht schlecht, mir aber etwas zu bieder und zu beliebig. Hübsch hingegen war die am Merch-Stand angebotene Vinyl-Edition des aktuellen Albums „Cock Rockin’“, die mit einem schicken Artwork und Klappcover einen sehr edlen Eindruck machte.

Es war diesmal äußerst angenehm im Club, die letzten Konzerte, die ich besucht hatte, waren nahezu ausverkauft, diesmal hatten sich nur etwa 50 Besucher eingefunden, was die Möglichkeit bot, das Konzert bequem und von diversen Blickwinkeln aus zu beobachten. Beispielsweise von einer Couch aus, die direkt neben der Bühne platziert ist.

Es dauerte nicht lange, bis HORISONT die Bühne betraten und die Zuschauer auf eine Reise in die Siebziger Jahre schickten. Die Band stammt ebenso wie ihre Landsleute GRAVEYARD (Review hier) aus Göteborg, kreiert einen ähnlichen Sound und hat ebenfalls drei Alben am Start, das aktuelle trägt bezeichnenderweise den Titel „Time Warriors“. Und wie man den Sound der Jungs auch immer bezeichnen mag, ob Psychedelic-Rock, Proto-Hardrock oder Space-Blues, HORISONT erschaffen live eine wunderschöne 70s-Atmosphäre, die den geneigten Zuschauer (auch ohne Drogen) für eine Stunde in andere Zeitsphären zu schicken vermag.

Im Gegensatz zu anderen Vertretern der Retro-Rock-Welle orientieren sich die Schweden nicht an BLACK SABBATH, sondern an etwas verspielteren Bands wie URIAH HEEP, THIN LIZZY oder WISHBONE ASH und offenbaren zudem Einflüsse von frühen Vertretern der NWOBHM wie ANGELWITCH oder SAMSON. Aus dieser Kombination ergibt sich ein atmosphärischer, melancholischer und teilweise finsterer Hardrock, der sogar recht eigenständig ist. Besonders gut gefällt mir der hohe Gesang von Frontmann Axel, der HORISONT für mich doch eher in Metal-, denn in Rock-Gefilde rückt. Geboten wurde ein repräsentativer Querschnitt der drei erschienenen Alben, wobei einige Songs der ersten Scheibe in Schwedisch präsentiert wurden. Als Tribute an die 2010 verstorbenen Metal- Ikone Ronnie James Dio gab es das selbst komponierte Tribute „Diamonds in Orbit“ (kurz „Dio“), zudem wurden Klassiker wie „Nightrider“, „Writing on the Wall“ und „Visa Vägen“ gegeben. Ein großer Auftritt, der HORISONT in meiner imaginären Rangliste der Retro-Bands ganz weit oben ansiedelt.

Danach konnte für mich eigentlich nicht mehr viel kommen, dennoch wollte ich SCORPION CHILD eine Chance geben. Verwunderlich war es allerdings schon, dass die aus Texas stammende Formation als Headliner fungierte, da die Gruppe erst einen Longplayer vorzuweisen hat, der 2013 erschienen ist. Vermutlich spielte hier der Plattendeal beim Indie-Major Nuclear Blast eine Rolle sowie die Tatsache, dass das Album von Kritikern in höchsten Tönen gelobt wurde.

Das verbliebene Publikum – einige hatten bereits nach HORISONT den Heimweg angetreten – sollte jedoch eine kleine Überraschung erleben, denn die Band war nicht komplett. Basser Shaun fehlte und den Worten von Frontmann Jonathan Black zu urteilen, muss er kurz vor oder gar bei der Tour ausgestiegen sein, näheres ließ sich bisher nicht herausfinden.

Black entschuldigte sich mehrmals, versicherte aber, dass die Gruppe weiter bestehen würde. Den Posten des Bassisten teilten sich nun der Basser und der Gitarrist von HORISONT, wobei dies sehr improvisiert wirkte und die Schweden manchmal mitten im Song aufgaben und SCORPION CHILD als Trio ohne Bass agieren ließen.

Aus diesem Grund spielte die Band auch nur eine Handvoll Songs, entschuldigte sich nochmals und verschwand wieder von der Bühne. Das Dargebotene war okay, wobei besonders die Vocals von Jonathan Black zu begeistern wussten, die an Robert Plant zu seinen besten Zeiten erinnerten.

Musikalisch war die Performance aber nicht wirklich mein Fall. Der recht biedere Classic-Rock bestach hauptsächlich durch das individuelle Können der einzelnen Musiker und weniger durch herausragende Stücke. Außer „Polygon of Eyes“ (Soundfile dazu weiter oben) blieb nicht wirklich ein Song der Jungs bei mir hängen. Aber dies ist lediglich meine Einschätzung. Musik-Fans, die Rock- und Blues-Acts wie LED ZEPPELIN und WHITESNAKE zu ihren Lieblingen zählen und gerne guten Musikern bei der Arbeit zuschauen, dürften da sicherlich anders denken. Die Begeisterung im Publikum war übrigens auch eher verhalten, sodass man klar sagen kann, dass HORISONT die Band des Abends waren.

Links: http://www.horisontmusic.com/, https://myspace.com/horisont, http://www.reverbnation.com/horisont, http://www.lastfm.de/music/Horisont, http://www.scorpionchild.de/, http://www.reverbnation.com/scorpionchild, http://www.lastfm.de/music/Scorpion+Child

Text & Fotos: Marcus
Clips: am Konzertabend aufgenommen von VodkaViolator

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