CAN YOU CAN CAN, CARTOUCHE, STEAKKNIFE

Au-Sommerfest, Frankfurt, 7.06.2014

CartoucheAlle guten Dinge sind drei: Hier findet Ihr den letzten unserer drei Artikel zum diesjährigen Sommerfest in der Frankfurter Au. Darin geht es um die Shows von CAN YOU CAN CAN, CARTOUCHE (links) und dem Headliner STEAKKNIFE – auch hier wieder mit den beiden Meinungen von Stefan und Marcus. Solltet Ihr unsere Nachbetrachtung das Festivals chronologisch mitverfolgen wollen, so lest zuerst unsere Einführung (hier) und dann den Bericht über die ersten beiden Bands (hier).

Can You Can Can

Stefan: Von CAN YOU CAN CAN hatte ich (Asche über mein Haupt) vor ihrem Auftritt beim Au-Sommerfest noch nie etwas gehört. Doch als die sieben Jungs und das Mädel dann schließlich auf der Bühne standen, erspähte ich schnell das Can You Can Canerste bekannte Gesicht: Sänger Üni Erler (rechts), seines Zeichens langjährige Stimme der verblichenen FRAU DOKTOR, die schon zig Mal in der Rödelheimer Institution gespielt haben. CYCC setzen ungefähr da an, wo FRAU DOKTOR aufgehört haben. Tanzbare Rhythmen, hervorgebracht von einer kraftvollen Bläsersektion, Gitarren, Keyboard und Drums. Nun geht’s allerdings weg vom Ska, und mehr in Richtung Soul. War fein anzuhören. Es muss nicht immer Punk sein, und bei einem Festival ist auch die Abwechslung Trumpf. Finde ich jedenfalls. Und es freute mich für die sympathischen Wiesbadener, dass nach dem vorausgegangen Bohei um FEINE SAHNE FISCHFILET etliche Zuschauer vor der Bühne blieben, um mit der Band abzufeiern.

Marcus: Bei der nächsten Band musste ich spontan an Herbert Grönemeyer denken. Nicht etwa, weil CAN YOU CAN CAN so klangen, sondern weil Grönemeyer mal einen Song gemacht hat, der „Was soll das?“ hieß. Auf der Bühne stand schon wieder eine Band mit Bläsern, ich fragte mich wieder, ob ich auf dem falschen Festival bin und der Sound war erneut nur mit einer Can You Can Candoppelten Dosis Alkohol zu ertragen. Gut, dass da eine freundliche Wodka-Fee umherschwirrte und mich regelmäßig mit dem Mittel zur Betäubung versorgte. CAN YOU CAN CAN bot eine Mixtur aus JAMES LAST und der BLUES BROTHERS BAND, was zugegeben weniger schlimm als die Schlager-Band davor war, aber ebenso deplatziert. Die Jungs auf der Bühne waren sicherlich nicht Can You Can Canschlecht und wenn ich ein Ticket für einen Soul-Allnighter gelöst hätte (man erschieße mich, falls dies jemals geschehen sollte) und eine Krawatte in meinem Schrank hängen hätte (man erschieße mich ebenfalls, falls das jemals geschehen sollte), dann hätte ich sicherlich großen Spaß gehabt. Hatte ich aber nicht. Nächste Band!

Cartouche

CartoucheMarcus: Nun standen CARTOUCHE auf der Bühne, eine französische Combo, die poppigen Rock mit – natürlich – französischen Texten bot. Aufgrund eines Gen-Defekts sind Franzosen nämlich nicht in der Lage, andere Sprachen zu sprechen. Der Sound war einigermaßen erträglich und bot meinen Ohren ob der akustischen Folter der beiden vorangegangenen Bands die längst fällige Erholung. Man konnte jetzt also wieder trinken, ohne ständig „Aufhören!“ brüllen zu müssen. Spektakulär war das Ganze dennoch Cartouchenicht, Hipster-Mucke für junge Vollbartträger, die denken, dass es sich beim dargebotenen Tralala-Sound um Hardcore handelt. Der Gig plätscherte so vor sich hin, störte als Hintergrundmucke aber nicht weiter. Eigentlich wäre CARTOUCHE ein guter Opener des Festivals gewesen, keine Ahnung, warum sie von den Veranstaltern direkt vor den Headliner gesetzt wurden. Vermutlich wieder eine Band, die in ihren Texten bedeutende politische Botschaften vermittelt, nur leider hatte ich kein Wörterbuch parat…

Stefan: Die französische Gruppe CARTOUCHE nennt ihren Stil selbst „Combat Rock’n’Punk“, mich erinnerte das Quintett aus Paris in erster Linie an ihre Landsleute von LA FRACTION, die uns früher oft in Frankfurt Freude gemacht Cartouchehaben und zuletzt vor neun Jahren an gleicher Stelle beim Sommerfest auftraten. Beide Combos haben tolle Frontfrauen – Geraldine bei CARTOUCHE, Magali bei ihren vermutlichen Vorbildern – die sich in puncto Gestus und Gesang durchaus ähnlich sind. Ich würde gerne mal beide Bands im Doppelpack sehen. Die 2004 gegründete Truppe spielt vornehmlich schnellen Punkrock mit politischen Texten und hat im Februar ihr Cartouchedrittes Album namens „Bread & Roses“ herausgebracht. Darauf wird hauptsächlich französisch, aber auch Englisch („Will You Think About Me?“) und sogar Deutsch („Ausserhalb“) gesungen. Diese Songs fanden sich, wie viele andere der aktuellen LP, in der 15 Stücke umfassenden Setlist des gestrigen Konzerts wieder.

Außerdem war es wieder mal Zeit für einen der „magischen“ Momente, die es fast immer bei einem Au-Fest gibt und die einem aus dem Nichts ungefragt eine Gänsehaut verpassen. CARTOUCHE stimmten bei einbrechender Dämmerung einen anfangs langsamen, jiddischen Song an (es ist wohl ein altes Partisanenlied) und das Publikum begann (unaufgefordert!), den Rhythmus mitzuklatschen, bevor sich die Schnelligkeit des Stücks und die Stimmung immer weiter steigerten. Großartige Atmosphäre, wie überhaupt während des gesamten Auftritts. Für mich die Entdeckung des Festivals.

Steakknife

Marcus: Yo, STEAKKNIFE. Lee Hollis ist ein Guter, wobei STEAKKNIFE für mich immer wie SPERMBIRDS (Lee‘s ursprüngliche Band) mit angezogener Handbremse klingen. Als Headliner ging das aber in Ordnung und verleitete auch mal Steakknifezum gemeinsamen Anstoßen vor der Bühne. Stimmlich erinnert Lee Hollis immer ein wenig an Jello Biafra, ohne aber an dessen herausragende Songwriter-Qualitäten heranreichen zu können. Dennoch, es war solide und machte Spaß, obgleich ich mir als Headliner lieber eine Band wie VARUKERS, ANTI NOWHERE LEAGUE oder UK SUBS gewünscht hätte, die mich zum Abschluss noch einmal richtig wachgerüttelt hätte.

SteakknifeUnterm Strich hat das Au-Fest auch diesmal wieder Spaß gemacht, auch wenn es mit CRUEL FRIENDS lediglich eine Band gab, die mich interessierte. Schade Steakknifewar nur, dass aufgrund des Lineups relativ viele Leute fernblieben, mit denen ich in den letzten Jahren noch bis in die frühen Morgenstunden gefeiert hatte. Aber wie heißt es so schön: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!“ – vielleicht bekommen ja im nächsten Jahr wieder mehr Leute ihren Arsch hoch.

SteakknifeStefan: Inzwischen habe ich gut ein Dutzend Mal einem STEAKKNIFE-Auftritt beigewohnt, womit sich die Combo in den Top Five meiner meistgesehenen Bands befindet. Ihre Musik vereint alles, was ich schätze: Sie ist hart, melodiös, aggressiv, mit eingängigen Texten, die trotzdem halbwegs subtil sind. Mit ihren SteakknifeVeröffentlichungen hat sich die Truppe um Sänger Lee Hollis, nicht zuletzt aufgrund der über halb Deutschland verstreuten Wohnorte der Mitglieder und deren Engagements in anderen Bands, stets Zeit gelassen. Seit dem Debüt „Godpill“ 1995 kamen gerade mal drei weitere Alben heraus, die aktuellste Scheibe „Parallel Universe of the Dead“ ist inzwischen auch schon wieder sieben Jahre alt. Was soll’s – auf jedem Release gibt es ein paar Hammer-Stücke, und von denen können sie, konzerttechnisch gesehen, zehren.

SteakknifeLieder wie „Driving in a Dead Man’s Car“, „It’s My Life“ oder „Powerkiller“ von meinem Lieblingsalbum „Songs Men Have Died For“ knallen auch 17 Jahre nach ihrer Veröffentlichung noch ordentlich, und nicht nur zu diesen bildete sich ein größerer Moshpit, in dem sich alle nochmal richtig austoben konnten, die zu später Stunde noch genug Kraft hatten. Ich gehörte nicht dazu, dennoch hat mir der Auftritt der Hardcore-Punks wieder gefallen. Ebenso gefallen hat mir das Au-Sommerfest 2014, auch wenn die Bandauswahl ein wenig polarisierte. Musikalische Abwechslung im Line-up finde ich gut, und wenn einem mal die ein oder andere Combo nicht so zusagte, fanden sich genug Leute, mit denen man die Zeit verbabbeln konnte. Wir sehen uns wieder in 2015.

Au-Sommerfest 2014

Links: https://de-de.facebook.com/Canyoucancan, https://myspace.com/cartoucherockandpunk, https://de-de.facebook.com/pages/Cartouche/, https://myspace.com/steakspace, http://www.last.fm/music/Steakknife

Text: Stefan, Marcus / Fotos: Frank (17), Stefan (6), Markus Lang (13)

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