Open-Air auf der Flussbühne, 4.07.2011
Ich räume freimütig ein, dass ich mit Frauenfussball nicht wirklich einen Vertrag habe. Deshalb werde ich mir bei der zurzeit in Deutschland stattfindenden WM auch kein Spiel im Stadion ansehen. Warum ich das an dieser Stelle erwähne? Weil unsere Stadt und diverse Sponsoren sich herausputzen und anlässlich der sportlichen Großveranstaltung in Frankfurt und anderswo ein üppiges Rahmenprogramm rund um das rollende Leder aufziehen. Dazu gehört auch die einem U.F.O. ähnelnde hr3-Bühne auf der Sachsenhäuser Seite des Mainufers.
Die meisten Bands, die dort in diesen Tagen auftreten, passen nicht in unseren Blog: Zu zahm, zu sehr Mainstream. Gestern allerdings fanden sich die Tex-Mex-Rocker TITO & TARANTULA bei bestem Sommerwetter zu einem Open-Air-Konzert am Fluss ein. Zugegeben, ein wenig Mainstream sind die auch, aber da lassen wir mal Fünfe gerade sein und machen eine Ausnahme. Der geneigte Fußball- und/oder Musikfreund war geladen, der Show für lau beizuwohnen. Einige hundert Menschen kamen, dennoch war es im Zuschauerraum auf den Holzplanken nicht unangenehm eng. Die Stimmung war ausgezeichnet, man verteilte mitgebrachte Getränke aus Rucksäcken oder holte frisch Gekühltes von den am Rand des Areals aufgebauten Ständen. Einige Fans schwenkten voller Vorfreude schon vor dem Auftritt Fahnen, darunter auch die von Mexiko, dem Geburtsland des T&T-Frontmanns Tito Larriva.
Ich hatte anfangs Zweifel, ob der Desert-Rock des Quartetts, der mehr zu Wüstensand, Klapperschlangen, schummrigen Bars, Western-Saloons und drei-Tage-bärtigen Windhunden passt, auch vor der Stahlbeton-Kulisse des Bankenviertels und manchen seiner gerade von der Arbeit
auf die andere (Main-) Seite gewechselten Anzugträger funktionieren würde. Doch solcherlei Befürchtungen wurden schnell zerstreut, denn daran verschwendete man nach Beginn der Show keinen Gedanken mehr. Die Gruppe kredenzte die besten Songs der fünf Alben ihrer Bandhistorie, stellvertretend seien Titel wie „Angry Cockroaches“ (vom 1997 veröffentlichten Debütalbum „Tarantism“), „My German Fräulein“ (von der 99er-LP „Hungry Sally & Other Killer Lullabies“) sowie „Machete“ und „Pretty Wasted“ (vom bisher letzten Album „Back Into the Darkness“ 2008) genannt.Höhepunkt des Konzerts war „After Dark“, das vielen auch von dem Soundtrack zu dem Kultfilm „From Dusk Till Dawn“ bekannt sein dürfte. Spätestens jetzt stellte sich echte Gänsehautatmosphäre ein: Die beginnende Abenddämmerung, der auf die Bühne gepumpte Kunstnebel, der sich durch ein laues Sommerlüftchen gemächlich verteilte, die sich im Wasser spiegelnden Lichter, ein Hauch von herüber wehendem Cannabisduft, die monströsen Wolkenkratzer im Hintergrund und natürlich diese Hammermelodie – irgendwie passte das alles zusammen.
Im zweiten Teil des Stücks, von Tito als „the sexy part“ angekündigt, fragte der Sänger, ob nicht jemand aus dem Publikum Lust hätte, den Schlangentanz (im o. g. Film ist das der Einsatz der Latino-Schönheit Salma Hayek) auf der Bühne zu zeigen. Er hatte dabei wohl eher an eine junge Dame gedacht, aber es kam… – ein vollschlanker, halbnackter Kerl, der sich im weiteren Verlauf des Liedes als „Walter“ vorstellte. Etwas später gesellte sich noch eine „Simone“ hinzu. Fortan tanzten, lachten und posierten die beiden mit dem Frontmann bis zum Ende der XXL-Version (insgesamt elf Minuten!); die Bassistin Caroline Rippy alias „Lucy LaLoca“ bekam sich angesichts des seltsamen Trios neben ihr vor Grinsen kaum ein.
Nehmt euch ein bisschen Zeit und schaut dazu den Clip (weiter unten) von SiSiTop37 an. Er dauert zwar etwas länger, ist aber echt witzig. Im Netz kursieren von den erwähnten Szenen mehrere Schnipsel; einige sind von minderer Qualität, andere brechen dann ab, wenn es richtig los geht (der „sexy part“, ihr wisst schon). Dieser Film ist der beste: Prima Bild und draufgehalten bis zum Schluss. Kompliment! Mein Respekt gilt übrigens auch den beiden Interimstänzern für ihr Intermezzo auf der Bühne. Sie waren nach meinem Eindruck weder total besoffen noch irgendwie zugekifft und scheinbar einfach nur „gut druff“, wie es hier so schön heißt. Es gehört schon einiges an Traute dazu, sich vor hunderte Leute zu stellen, obwohl die Hose unablässig weiter nach unten rutscht…
Die Show klang später mit launigen Tanzsongs wie „La Bamba“ und dem mexikanischen Traditional „La Cucaracha“ aus. Wir beendeten den gelungenen Abend mit einem gemütlichen Bier und etwas fester Nahrung auf der so genannten „Fanmeile“. Fußball hin oder her – wenn eine WM solcherlei Konzerte als Nebenwirkungen mit sich bringt, kann sie gern häufiger hier stattfinden.
Die offizielle Band-Website http://www.titoandtarantula.com/ hat unter anderem einige schöne Fotogalerien zu bieten, Hörproben gibt es auf http://www.myspace.com/httpwwwmyspacecomtitospace, darunter auch den Überhit „After Dark“.
Text: Stefan / Fotos: Kai
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