TOMBS, BLACK ANVIL, TEETHGRINDER

Schlachthof, Wiesbaden, 21.04.2015

TombsNew York Hard Core. Das Zeichen kennt jeder, es ziert unzählige Kutten älterer Herrschaften, die sich in den 80ern und 90ern Bands wie AGNOSTIC FRONT oder MADBALL hingaben und sich damit von den HC-Sounds aus Boston oder L.A. distanzierten. New York Black Metal. Das gleiche Zeichen, zwei andere Buchstaben. Ob gleichermaßen eine Abgrenzung dahintersteht oder eine lokalpatriotische Standortsbeschreibung vermag ich nicht zu sagen – vermutlich aber eher letzteres. Die Formationen, die gestern auf der Bühne des Kesselhauses im Schlachthof Wiesbaden standen, kurz vorher das überfüllte Roadburn-Festival gerockt hatten und dieses Emblem trugen, verbreiten nämlich (ungleich manch europäischer Genregenossen) keine reine Lehre, im Gegenteil: Der TeethgrinderHeadliner TOMBS wildert in einem Terrain, welches man auch Sludge nennen könnte; und das darüber hinaus Einflüsse aus Gothic, Industrial, Punk, HC und sogar ein bisschen Progrock aufweist. Ein ganz kleines bisschen.

Teethgrinder

Doch der Reihe nach. Zuerst spielten, nicht vorher im Programm angekündigt, aber wohl auf dem größten Teil der Tour dabei, die Niederländer TEETHGRINDER. Das Kopfkino, welches beim Lesen dieses Namens entsteht, kommt dem Sound dieser fidelen Jungspunde, die Kollegin Mel treffend als eine Mischung aus CONVERGE und TRAP THEM bezeichnete, schon recht nahe. Alles zerhackendes Grind-Gekeife mit viel TeethgrinderRumspringen und Kopfschütteln, hätte gut vor NAPALM DEATH gepasst. Aber vor den beiden Bands aus New York? Naja. Die knapp zehn (!) Anwesenden im Auditorium wackelten mit ihren Schädeln leicht mit, das war also wenigstens nicht komplett für die Füße. Meine Baustelle ist das zwar nicht, ein bisschen mehr Beachtung wäre den Youngstern jedoch durchaus zu wünschen gewesen. Wie überhaupt allen am gestrigen Abend.

Mussten eine Woche vorher an gleicher Stelle bei EYEHATEGOD (Bericht hier) noch drei Leute an der Theke herumwuseln, so reichte diesmal eine Fachkraft, Teethgrinderdie darüber hinaus auch noch viel zum Lesen kam. 30 Leute waren letztlich im Kesselhaus anzutreffen, zwei Hunde hätten wohl auch noch reingewollt, sie mussten (oder durften) aus gesundheitlichen Gründen jedoch draußen bleiben. Was zum Henker war hier bloß los? Kennt die Bands kein Schwein? Oder sollte es etwa an dem im Fernsehen übertragenen Bayern-Schlachtfest in der Champions League liegen, das zeitgleich stattfand? „5:0“ sprach einer, der sich zumindest aufgemacht hatte und nur in den Pausen auf die Spielstände schielte. Bayern München FBall statt New York Black Metal? Grausame und ungerechte Welt.

Ein bisschen Frust bei den Musikanten versaut jedoch keine Extrem-Metal- Show, eher im Gegenteil. Als BLACK ANVIL die Bühne betraten, stank es links vor der Bühne wie drei Wochen nicht vom Schweiß befreite Achselhaare – Black Anvilkeine Ahnung, ob das die New Yorker Version WATAINscher Ritual-Gerüche

Black Anvil

sind (mit denen BLACK ANVIL schon ein paar Mal auf Tour waren) oder ob sich der showfilmende Mitarbeiter an dieser Stelle länger nicht mehr gewaschen hat – schön war das jedenfalls nicht und bewusstseinserweiternd auch nicht. Aber die Herren werden schon wissen, was sie da tun.

Black AnvilMusikalisch zumindest taten sie’s. Vom aktuellen Doppelalbum „Hail Death“ wurde so einiges rausgehämmert; und „hämmert“ ist hier durchaus wörtlich zu verstehen. Das Rhythmus-Gespann, bestehend aus dem Schlagzeuger Raeph „R.G.“ Glicken und dem Bassisten/Sänger Paul „P.D.“ Delaney, dominierte bei oft einander zugewandtem Spiel energietechnisch das Geschehen, die Gitarristen schienen Black Anvileher in ihrer Welt zu verbleiben. Im Unterschied zu europäischen BM-Bands hört man bei BLACK ANVIL trotz aller Räudigkeit auch noch jede Menge Punk, HC und sogar Classic Rock heraus – bei Leuten, die mit KISS sozialisiert wurden wohl kein Wunder. Das Ganze ist total stimmig und macht jede Menge Laune, beeindruckt in meiner Welt aber nicht annähernd so wie die Werke schwedischer Kollegen á la WATAIN, DISSECTION oder TRIBULATION. Trotzdem schön.

TOMBS, ebenso wie BLACK ANVIL 2007 gegründet, sind da weiter – auch geruchstechnisch, wie die Räucherstäbchen auf der Bühne verrieten. Auf ihren Alben kann man eine Entwicklung verfolgen, die immer mehr Soundfacetten Tombseinschließt und die auch dazu führt, dass immer mehr Menschen in der Band sind.

Tombs

Im Studio bis vor Kurzem nur mit einer Gitarre, wurde „Savage Gold“ erstmals mit einem zweiten Mann an der Gitarre eingespielt, live steht schon länger ein zweiter Gitarrist neben Bandboss Mike Hill auf der Bühne. Dafür war jetzt noch ein Keyboarder dabei (über den ich leider keine Informationen fand, der Tombsaber sehr creepy rüberkam). Songs wie zum Beispiel „Deathtripper“ wirken wie eine Mischung aus BAUHAUS und THROBBING GRISTLE, während bei Titeln wie „Spiral“ die Kirchen im Wald brennen. Bärenstarkes Zeug, auch live ansprechend, aber sehr distanziert dargebracht. 30 Gäste, halt. Da überrascht es kaum, dass bis auf einen Gig in Budapest alle folgenden Europa-Dates abgesagt wurden.


Fast ausschließlich „Savage Gold“-Nummern wurden runtergebretzelt, alles die schnellen Nummern. Eine kurze Zugabe, als einzige Band an dem Abend. Reine TombsPflichterfüllung, aber vom Feinsten. Ich bin froh, dass ich das erlebt habe – so bald kommen die Herrschaften wohl nicht wieder. Aber wenn selbst die alte Batschkapp zu groß ist für BM-Topseller wie WATAIN, dagegen Operetten-Metal wie BLIND GUARDIAN oder NIGHTWISH die fetten Hallen ausverkauft, tja, dann ist auch das nicht weiter verwunderlich. Aber verdammt schade.

Links: http://teethgrinder.nl/, http://www.reverbnation.com/teethgrinder, https://teethgrindernl.bandcamp.com/, http://www.lastfm.de/music/Teethgrinder, https://www.facebook.com/BlackAnvil, https://myspace.com/blackanvilny, http://blackanvil.bandcamp.com/, http://www.lastfm.de/music/Black+Anvil, http://www.tombscult.com/, http://www.reverbnation.com/tombs, http://tombsbklyn.bandcamp.com/, http://www.lastfm.de/music/Tombs

Text, Fotos & Clips: Micha

Alle Bilder:

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