TOXIC HOLOCAUST, EXHUMED, WOUND

Schlachthof, Wiesbaden, 25.03.2014

Der Schriftzug „Metal Punk“ prangt in großen Lettern rechts oben auf dem Backcover des aktuellen Albums von TOXIC HOLOCAUST. Und das nicht ohne Grund, denn wie kaum eine andere Formation des (Thrash-)Metal-Genres sprechen die Amerikaner auch Punk-Fans an. Die US-Boys stehen für Oldschool-Thrash der Marke EXODUS oder WHIPLASH, mischen diesen allerdings mit einem gehörigen Schuss Street-Punk und Crust. Tatsächlich ist Bandleader Joel Grind mit beiden Musikrichtungen aufgewachsen und Fan der genannten Gruppen, aber beispielsweise auch bekennender Anhänger von GG ALLIN und den MENTORS. Mit TOXIC HOLOCAUST hat er einen Bastard geschaffen, der sich irgendwo zwischen dem ersten EXODUS-Album und aktuellen Veröffentlichungen von Bands wie den CASUALTIES oder TOTAL CHAOS bewegt. Meiner bescheidenen Meinung nach sind TOXIC HOLOCAUST neben MUNICIPAL WASTE die zurzeit herausragende Combo des vor geraumer Zeit wieder erstarkten Thrash-Genres. Entsprechend gespannt war ich, die Jungs aus Oregon erstmals live zu erleben.

Los ging der Abend in der nahezu ausverkauften Räucherkammer mit der Westerwälder CHAOSFRONT, die allerdings gerade die Bühne verließ, als wir eintrafen. Schade. Nach einer kurzen Pause waren die Lokalmatadore WOUND an der Reihe, die 2013 mit „Exhale the Compulsion“ ihr Debüt-Album veröffentlicht haben. Die Wiesbadener liefern

kompromisslosen Oldschool-Death Metal vorwiegend schwedischer Machart, der hier und da ein wenig mit D-Beat-Klängen angereichert ist. Das war okay und solide, hat mich aber nicht wirklich angesprochen, da ich schon immer mehr dem US-Death Metal zugeneigt war und mit Combos wie DISMEMBER und Konsorten nie richtig warm wurde. Geschmackssache.

Quasi als Co-Headliner standen nun die Kalifornier EXHUMED auf dem Programm, die die eben erwähnte amerikanische Spielart des Death Metal praktizieren. 1990 gegründet, lösten sich die Jungs 2005 auf, um sich 2010

wieder zu reformieren. Seither sind mit „All Guts, No Glory“ (2011) und „Necrocracy“ (2013) zwei starke Alben erschienen. Thematisch widmen sich EXHUMED, wie der Name bereits vermuten lässt, den Motiven Tod und Horror, wobei die Auseinandersetzung mit den Sujets eher auf zynisch-makabere Art und Weise erfolgt. Soll heißen, hier sind eher trinkfeste und partyerprobte Horror-Fans am Werke, die sich selbst nicht ganz ernst nehmen, denn seriöse Literaten, die auf den Spuren von Poe und Lovecraft wandeln.

Musikalisch sind der US-Death Metal, und so auch EXHUMED, in unmittelbarer Nähe des Thrash-Metal zu verorten, sieht man einmal von den typischen Death-Growls ab. Und obgleich man der amerikanischen Spielart des Genres nachsagt, dass sie

primitiver und technisch weniger brillant sei, so bilden die Jungs von der Westküste doch eine Ausnahme, da die Band nicht mit rasenden und technisch anspruchsvollen Soli geizt. Doch zum Gig: Das Quartett um den Sänger, Gitarristen und das einzig verbliebene Gründungsmitglied Matt Harvey präsentierte am gestrigen Abend einen Querschnitt durch die bisherigen fünf Alben, wobei der Schwerpunkt auf den letzten beiden Veröffentlichungen lag.

Vom ersten Akkord an rastete die Menge vor der Bühne aus und sorgte für Stage Dives, Slamdance und Circle Pits. Die Ansagen beschränkten sich auf „Fuckin’ party“, Fuckin’ cool“ und „Fuckin’ beer“, dennoch lieferte die Show einen besonderen Höhepunkt: Der Gitarrist Bud Burke fiel nach einem exzessiven Solo um und blieb reglos liegen. Einen Moment später tauchte ein wild gestikulierender „Notarzt“ im grünen Chirurgen-Kittel auf der Bühne auf, der praktischerweise gleich einen Defibrillator im Gepäck hatte. Als jedoch weder der noch eine Herzmassage zu helfen schien, wusste Drummer Mike Hamilton Rat, der kurzerhand ein Schild mit der Aufschrift „Beer“ in die Luft hielt. Nachdem das Publikum das Wort nahezu gebetsartig wiederholte, packte der Ersthelfer schließlich eine Bierbong – passenderweise in Schädelform – aus und flößte dem vermeintlich Toten etwas Gerstensaft ein, der ihn schließlich wiederbelebte. Offensichtlich eine Methode, die auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Nach geglückter Reanimation folgten noch „Gravewalker“ von der aktuellen Split-EP mit IRON REAGAN und „The Matter of Splatter“ von der „Anatomy is Destiny“-LP, die das Sperrfeuer schließlich beendeten und ein erschöpftes Publikum zurückließen. „Death Metal at it’s best!“, war unsere einhellige Meinung und obgleich wir allesamt große Fans von TOXIC HOLOCAUST sind, stellte sich nun doch die Frage, ob die Performance von EXHUMED in puncto Kompromisslosigkeit und Brachialität noch getoppt werden konnte.

Die nachfolgende Umbaupause gestaltete sich etwas länger, was der Tatsache geschuldet war, dass TOXIC HOLOCAUST nur zu dritt spielen und nur mit einer Bassdrum. Als Trio tritt die Band übrigens erst seit gut fünf Jahren auf, davor

hatte Joel Grind (links) TOXIC HOLOCAUST zehn Jahre als One-Man-Band betrieben und die ersten drei Longplayer im Alleingang eingespielt. Nachdem die Jungs noch einen kräftigen Schluck aus der Jack Daniels-Pulle nahmen – was allerdings arg inszeniert wirkte – ging’s mit „Metal Attack“ los. Fortan wurde es schwierig, Fotos zu schießen, denn das Publikum verwandelte sich in einen tollwütigen Mob, der jeden einzelnen Song ekstatisch feierte. Von überall kamen plötzlich Fans angeflogen, die wir in klassischer Volleyball-Manier abzuwehren versuchten.

Technisch perfekt und auf den Punkt gespielt, ballerten TOXIC HOLOCAUST ihre Lieder einem Maschinengewehr gleich in Richtung der Zuhörer. Das Gros der Songs stammte vom Magnum Opus „An Overdose of Death“ aus dem Jahr 2008, die anderen Tracks rekrutierten sich aus den übrigen vier Longplayern und diversen Singles.

Etwas erstaunlich fand ich, dass von der aktuellen Scheibe „Chemistry of Consciousness“ lediglich drei Lieder gespielt wurden. Dennoch, die Energie, die die Jungs auf der Bühne entfachten, war beachtlich. Tatsächlich war gegenüber dem Auftritt von EXHUMED noch eine Steigerung zu erkennen. Zum Abschluss folgten das Stück „Nuke the Cross“, das in meiner Liste der besten Thrash-Songs ganz weit oben rangiert, sowie „666“ und „Bitch“, dann war’s nach etwa 45 Minuten auch schon vorüber, wobei man dazu sagen muss, dass kaum ein Song die Drei-Minuten- Marke überschreitet und viele gar nur zwei Minuten lang sind. Es war ein furioses Thrash-Metal-Package, das wir erleben durften. Die vielen blauen Flecken werden mich sicher noch eine Weile daran erinnern.

Links: http://www.toxicholocaust.com/, https://myspace.com/toxicholocaust, http://www.reverbnation.com/toxicholocaust, http://www.lastfm.de/music/Toxic+Holocaust, https://myspace.com/exhumed, http://www.lastfm.de/music/Exhumed, https://myspace.com/wound-deathmetal, http://www.reverbnation.com/confesstofilth

Text & Fotos (13): Marcus / Fotos (3): Mario
Fotos (14) & Clips: Matthias, mehr Bilder und Clips auf www.cxc.info

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