Das Bett, 24.04.2013
Dass man ein Konzert durchaus unterschiedlich wahrnehmen kann, ist ja klar – alles liegt eben im subjektiven Auge des Betrachters, bzw. Ohr des Zuhörers. Den Gig von UFOMAMMUT im Frankfurter Club „Das Bett“ haben zwei unserer Autoren völlig anders empfunden, und deshalb lassen wir einfach beide im Rahmen einer Review zu Wort kommen – ein Novum in der noch jungen Geschichte dieses Blogs. Den Anfang macht Kollege Micha, für den Teil unterhalb des UFOMAMMUT-Schriftzugs griff Marcus zur Feder.
Mal wieder ein Blindbesuch für mich, fast wenigstens. Über UFOMAMMUT wusste ich bis kürzlich nur, dass das Trio aus Italien kommt und im weitesten Sinne etwas mit Psychedelic und Doom zu tun hat, ist ja beides nicht verkehrt, in meiner Welt. Außerdem bespielte die Band bereits das Roadburn-Festival in Tilburg; und ich bin geneigt zu glauben, dass dort einfach keine Band spielt, die ich per se uninteressant finden würde. Ganz egal, ob es sich dabei um eindeutige Metal- oder Psychedelic-Bands handelt, um Crossoverformationen wie GODFLESH, Wave-Ikonen wie PSYCHIC TV oder doomige Folkrocker wie WOVEN HAND: Auf dem Roadburn geht viel Verschiedenes, aber alles ist irgendwie düster, eigen und manchmal auch bewusstseinserweiternd, eventuell durchaus auch rauschhaft. Kein Wunder, dass so ein Festival in einem Kifferland entsteht.
Auch, wenn ich das Festival wohl niemals aufsuchen werde, versuche ich mir jede Band vor der Haustür anzuschauen, die dort bereits auftrat und im Rhein-Main-Gebiet gastiert. Das taten UFOMAMMUT vor gar nicht
allzu langer Zeit bereits im Nachtleben (der erste Teil ihrer 2012er Veröffentlichung „ORO“ war da grade erschienen, der zweite folgte ein halbes Jahr später), ohne mich, weil anderen Verpflichtungen folgend.Basiswissen UFOMAMMUT: Ein Trio aus Piemont in Italien, zwei der Herren gehören auch zum Malleus Rock Art Lab (Link: http://www.malleusdelic.com), ein Künstlerkollektiv, welches u.a. wahnsinnig schöne, verspulte, psychedelische Konzertplakate herstellt für Bands, die auch beim Roadburn auftreten oder spielen könnten. Eine Auswahl dieser exquisiten Drucke wurde auch bei dem gestrigen Konzert feil geboten und ich hätte mich bei einer besseren pekuniären Lage blöde gekauft, ernsthaft.
Gerade mal das vorletzte Album „ORO – Opus Primum“ leidlich im Ohr, meinte ich, als die Band um 21.20 Uhr anfing, auch einen Song davon als erstes zu hören, wobei das Wort „Song“ halt überhaupt nicht passt. Auch wenn
UFOMAMMUT zu Recht eine Verwandtschaft zu Doom- und Sludge-Bands attestiert wird, hat ihre Musik nichts mit einem traditionellem Songaufbau gemein. Was die drei da an Bass, Gitarre, Schlagzeug sowie abgerufenen aufgenommenen Sounds abspielten, erinnerte mich sehr an sufistische Musik – die Akteure steigern sich in einen Rausch wie der tanzende Derwisch, der irgendwann nichts mehr von der körperlichen Anstrengung merkt, weil er völlig weggetreten ist, auch, wenn sich sein Tanz über Stunden hinzieht.Ich weiß nicht, ob das für die Musiker so läuft, die sich ja trotzdem auf eine gemeinsame Vorgehensweise verständigen müssen, für mich als Hörer ist das aber so. Wie John Coltrane’s „Om“ – ein großartiger, rauschhafter, düsterer, teilweise schräger, aber letztendlich reinigender Trip. Was da sonst im Detail so gespielt wurde? Keine Ahnung. Die tiefere Bedeutung und das Konzept hinter „ORO“ und den anderen Alben? Mir doch wurscht. Wer will, kann da nachforschen; um die Größe dieses Musikabends zu erleben ist das nicht von Bedeutung. Man kann das aber auch natürlich ganz anders sehen…
Auch mir waren die Italiener bis dato völlig unbekannt. Ich hatte zwar den Namen schon mal gelesen und bin auch über das ein oder andere schicke Cover-Artwork der Band gestolpert, aber näher beschäftigt hatte ich mich mit UFOMAMMUT noch nie. Da kam der Gig im Bett gerade recht. Musikalisch
würde ich die Jungs als eine Mischung aus ELECTRIC WIZARD, NEUROSIS, GODFLESH und HAWKWIND beschreiben, wobei UFOMAMMUT – zumindest live – an keine der genannten Bands heranreichen. Wie Micha bereits treffend bemerkt hat, entbehren UFOMAMMUT jeglicher konventioneller Songstrukturen. Die am Abend zelebrierten „Klanglandschaften“ waren im Schnitt acht bis zehn Minuten lang und ließen eine Unterscheidung der einzelnen Songs kaum zu, da nahezu alles im gleichen Midtempo-Bereich angesiedelt war und die Tracks nahtlos ineinander übergingen.Das mag man sufistisch nennen, man kann es aber auch als langweilig und wenig abwechslungsreich bezeichnen. Denn sowohl musikalisch als auch optisch bot das Konzert keinerlei Höhepunkte. Drei kleine, introvertierte Italiener spielten ihre Songs auf der Bühne, vermutlich genau so, wie sie es auch im Proberaum tun, zumindest war das mein Eindruck. Es hätte ja nicht unbedingt eines Blutregens oder eines Flammenmeers auf der Bühne bedurft, aber ein wenig Interaktion mit dem Publikum oder einige überraschende Momente hätten dem Gig sicherlich gut getan.
Die verfolgte Absicht der Band ist mir durchaus bewusst, man hat versucht, eine hypnotische Klangwelt zu generieren, die das Publikum in ihren Bann zieht und vom ersten bis zum letzten Akkord nicht mehr loslässt. Ambient- Musik im Rock- Format. Eine hehre Absicht, die in einem kleinen, schummrigen Club und bei Kerzenlicht vielleicht auch ihre Wirkung erzielt hätte, in der großen, weißen Halle hat dies jedoch nicht funktioniert, zumindest nicht für mich. Einen Derwisch habe ich auf der Bühne übrigens auch nicht gesehen, eher einen in seine Musik vergeistigten Bassisten, der hin und wieder gesungen hat, und dies nicht sonderlich gut.
Mein Highlight des Abends bestand daher im Durchblättern der Mappe mit fantastischen Drucken des Malleus-Kollektivs und wenn ich zufällig zuvor eine Bank ausgeraubt hätte – für den nächsten Gig der Band werde ich dies in
Erwägung ziehen – hätte ich hier nicht nur ordentlich zugeschlagen, sondern die Künstler auch als Designer meiner nicht vorhandenen Penthouse-Wohnung engagiert. Vom Konzert selbst ist mir nur ein anderthalbstündiges rhythmisches Brummen in Erinnerung, das wie eine Bandprobe anmutete. Die beiden aktuellen Alben habe ich mir dennoch gekauft, weil die Cover-Artworks einfach fantastisch sind. Und nach mehrmaligem Anhören muss ich gestehen, dass die Scheiben wirklich gut sind; wenn man sich beim Hören auf eine Couch legt und dazu die Augen schließt. Nur live muss man sich die Band beim besten Willen nicht antun. Doch wie heißt es so schön: „Beauty lies in the ear of the beholder“, oder so ähnlich…Links: http://www.ufomammut.com/, http://www.myspace.com/ufomammut, http://www.reverbnation.com/ufomammut
Text (unten) & Fotos: Marcus / Text (oben): Micha
Clip: aufgenommen am Konzertabend von EraserTunes
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