WHITE FANG

Yachtklub, Frankfurt, 2.08.2017

White FangBis wenige Tage vor dem Gig am gestrigen Abend war mir der Name WHITE FANG noch kein Begriff. Aufmerksam wurde ich durch ein Plakat, das die vier Musiker lediglich mit Unterhosen bekleidet in einer schrägen Pose zeigte und mit dem Motto „Sorry about America“ überschrieben war. Eine kurze Recherche bei YouTube förderte schließlich einige Clips von WHITE FANG zu Tage, die man gesehen haben muss, um sie zu glauben. Als Anspieltipps seien die Videos zu den Tracks „Drugs I‘ve taken“, „Wrecked“ und „Bong Rip“ genannt, die sich am ehesten mit den Attributen psychedelisch, skurril und wahnsinnig beschreiben lassen.

WHITE FANG bezeichnen sich selbst als die „stupidest band in the world“. Da lag natürlich die Vermutung nahe, dass – wenn die Jungs live nur halb so gut wie ihre Clips, Interviews und Lyrics sein sollten – die anstehende Show ein heißer Anwärter auf das Konzert des Jahres sein könnte. Doch, und dies sei an dieser Stelle verraten, der Aufritt war alles andere als ein Jahres-Highlight – zumindest für mich nicht. Dass wir dennoch über den Gig berichten, gebietet zum einen die Chronistenpflicht, und zum anderen die Tatsache, dass wir bereits über FANG und RED FANG berichtet haben und uns somit die „weiße Edition“ noch im Sammelalbum fehlte.

Die bisherige Karriere von WHITE FANG nachzuverfolgen, ist kein leichtes Unterfangen: Die offizielle Website www.whitefangsucks.com ist offensichtlich im Drogenrausch entstanden und die Facebook-Seite weist als White FangKünstler-Beschreibung lediglich den Satz „Four fucking freaks that are so down to roll“ auf. Des Weiteren lässt sich konstatieren, dass sich die Combo 2006 in Portland gründete, inzwischen aber nach Los Angeles umgesiedelt ist. Laut Discogs sind bereits neun Alben und diverse Singles erschienen, die meisten wurden aber nur als Tape veröffentlicht. Songs wie „Can‘t Find my Weed“, „Pass the Grass“, „Shit on my Shoe“ und „Pissing in the Driveway“ sprechen eine deutliche Sprache, inhaltlich geht‘s fast ausschließlich ums Kiffen und Partyfeiern. Musikalisch lassen sich WHITE FANG schwieriger einordnen, obgleich die WEEN- und GRATEFUL DEAD-Tattoos von Sänger Rikky schon einen Hinweis auf die Bandbreite der Formation liefern.

White FangBei Ankunft im Frankfurter Yachtklub erfuhr ich zunächst einmal, dass der Limburger Opener THE HALF HUMANS abgesagt hatte, dafür aber WHITE FANG einen zweiteiligen Gig spielen würden, dessen erste Hälfte aus Standards und die zweite aus einer improvisierten Jam-Session bestehen würde – eine einmalige Sache auf der bisherigen Tour. Das hörte sich zwar gut an, brachte mir aber recht wenig, da ich ohnehin nicht mit dem Œuvre der Band vertraut war. Im Club hatten die vier Jungs, die während ihrer Highschool-Zeit vermutlich viel Prügel einstecken mussten und auf Namen hören, die denen der Teletubbies nicht unähnlich sind, bereits ihren Set begonnen.

Optisch war das schon mal recht skurril, sodass man gar nicht wusste, welche der vier Gestalten man im Auge behalten sollte, da sich alle hier und da in unkonventionellen Posen übten. Besonders Sänger Rikky war kaum zu bändigen White Fangund hopste wie ein kleines Kind in einer Hüpfburg herum. Musikalisch war auffällig, dass die Jungs zeitweise mit zwei fünfsaitigen Bässen und ohne Gitarre agierten, was einen Sound ähnlich dem der RED HOT CHILI PEPPERS oder PRIMUS generierte, bei den Tracks mit Gitarre klang‘s dann mal nach den DEAD MILKMEN, DINOSAUR JR. oder WEEN. Und obgleich der Sound vom Gesamteindruck schräg und abwechslungsreich war, so hatten alle Songs doch eines gemein – sie waren tanzbar und somit gar nicht meins, denn für mich muss Musik entweder finster oder aggressiv sein. WHITE FANG waren weder das eine, noch das andere.

White FangDies soll allerdings nicht heißen, dass der Gig dem Gros der etwa 30 Anwesenden nicht gefallen hätte. Ganz im Gegenteil, wer gerne mal zu poppigem Alternativ-Rock mit gelegentlichem Funk-Anklängen abtanzt, der war an der richtigen Stelle. Ein gewisser Unterhaltungswert ist der Band somit nicht abzusprechen, auch wenn dieser nicht an die Klasse der Videoclips heranreicht. Ich für meinen Teil muss mir die Jungs daher nicht ein zweites Mal anschauen. Wer jedoch den Film „Napoleon Dynamite“ noch nicht gesehen hat, offen für skurrile Darbietungen ist und gern Party feiert, dem seien die Nerds aus L.A. wärmstens ans Herz gelegt.


Links: http://www.whitefangsucks.com/, https://de-de.facebook.com/whitefang420/, https://whitefang420.bandcamp.com/, https://www.instagram.com/whitefangsucks/, https://www.last.fm/music/White+Fang

Text & Fotos (5): Marcus / Fotos (13): Stefan
Clip: am Konzertabend aufgenommen von Ziggy Redwine

Alle Bilder:

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