YASMINE HAMDAN

Batschkapp, Frankfurt, 10.05.2017

Yasmine HamdanMit dem Begriff „Weltmusik“ sind viele recht schnell zur Hand, wenn es darum geht, das Schaffen von Künstlern zu beschreiben, die nicht aus Europa, den USA oder Australien kommen. Da ist dann alles dabei von Namibia bis zu den Anden, vom Schaffen der Inuit bis nach Südafrika. Was für ein dämlicher Quatsch. Unter Umständen mag eine gewisse Hilflosigkeit ein Grund dafür sein – kennen wir uns im Westen doch in den seltensten Fällen aus, wenn es um traditionelles Liedgut aus uns fremderen Ländern geht – wir verstehen die Sprache(n) nicht, und von den Musikinstrumenten haben wir auch keine Ahnung. Mit Yasmine Hamdan, gebürtige Libanesin, hat das allerdings eher wenig zu tun. Ihre Begleitmusiker spielen Schlagzeug, E-Gitarre und Keyboard. Wer sortiert denn sowas bei „Weltmusik“ ein? Die heute in Paris lebende Yasmine HamdanHamdan, die nach diversen Aufenthalten unter anderem in Griechenland, den Arabischen Emiraten und Kuwait noch im Libanon mit der Indieband SOAPKILLS anfing, zur „Untergrund- Ikone Libanons“ (Spiegel Online) und der gesamten arabischen Welt (Wikipedia) zu werden, singt manchmal französisch – meist jedoch arabisch, und zwar die unterschiedlichsten Dialekte. Auch mal Fantasiearabisch.

Wie das Ganze in der Diaspora bei den arabischen Gemeinden ankommt, konnte man in Frankfurt zumindest nicht erahnen: Die Batschkapp war durch einen Vorhang quasi halbiert, die schätzungsweise 400 Besucher wirkten völlig westeuropäisch (um nicht zu sagen: deutsch), allerdings quer durch alle Altersschichten. In Berlin soll das Yasmine Hamdanganz anders gewesen sein: Laut einem Augenzeugen, der auch in Frankfurt anwesend war, war das Columbia-Theater dort ausverkauft, weil viele arabisch sprechende Menschen den Auftritt Hamdans feierten. Wäre interessant gewesen zu erleben, wie diese wunderbaren, sphärischen Popsongs, die teilweise wie Kinderlieder anmuten, sich inhaltlich jedoch sehr oft um Gewalt drehen, auf Menschen wirken, die die Texte verstehen.

Die Leute, die Yasmine Hamdan durch den eindringlichen Fanclip von Jim Jarmusch kennenlernten, den er komplett inmitten seines Vampirfilms „Only Lovers Left Alive“ platzierte, waren erstmal fasziniert von der Musikalität und Ausstrahlung Hamdans. Wurscht, um was es da in „Hal“ gehen könnte. In der Yasmine HamdanBatschkapp gönnte uns Hamdan, die vorher fast auschließlich mit geschlossenen Augen sang, ein paar erste Worte, in denen sie Jarmusch erwähnte, als sie eben diesen Song ankündigte (Videoclip dazu unten). Die Instrumente waren keine Staffage – oft verließen die Stücke die elektronische Klangwand, die sehr an den Trip Hop aus Bristol erinnerte und mutierten zum Psychedelic-Rock-Rausch, der auch unter den Freunden der „Sky High“-Konzertreihe in Frankfurt Anklang finden würde.

Yasmine HamdanEine wie auch immer geartete „Folklore“ fand nicht statt. Wieso auch? Der Sound auf den Alben „Ya Nass“ (2013) und „Al Jamilat“ (2017) ist elektronisch und gitarrenlastig, auf den Scheiben aber mehr Akustische als Elektrische. Songs, die verzaubern, einnehmen und begeistern. Pop? Ja, aber keiner, der sofort im Ohr hängen bleibt, sondern ein paar Durchläufe braucht. Das einzige, was in irgendeiner Art und Weise „folkloristisch“ gewesen sein mag (und da sei mir meine Unkenntnis verziehen, Schlauere dürfen mich gerne aufklären in der Kommentar-Spalte) war vielleicht das Formen eines halben Trichters mit der rechten Hand beim Singen. Könnte helfen, Töne auf eine gewünschte Art ins Mikro zu bringen und wurde von mir bisher live noch nie so gesehen.

Yasmine HamdanAußerdem vielleicht noch der sanfte Hauch einer Ähnlichkeit zum Bauchtanz bei der Präsentation der Lieder. Ansonsten hatte der knapp 70-minütige Auftritt recht wenig von einer Performance, eher was von einer Nabelschau. Hier wurde dargeboten, mit einer gewissen Verletzlichkeit, und später auch zunehmend gerockt. Zum Ende hin wurden die Begleitmusiker vorgestellt (Cedric Le Roux, git.; Lois Maurin, drums; und Minh Pham, keys). Eine Zugabe gab es. Ein Knallerkonzert, bei dem man jubelnd nach draußen torkelt und kurzzeitig die beste Laune der Welt hat, war das nicht. Aber ein sehr eindrucksvolles, das noch lange nachwirkt und auf ein Wiedersehen hoffen lässt. Und auf mehr solcher großartigen Alben.


Links: http://yasminehamdan.com/, https://de-de.facebook.com/yasminehamdanofficial/, https://soundcloud.com/yasminehamdan, https://www.last.fm/de/music/Yasmine+Hamdan

Text, Fotos & Clips: Micha

Alle Bilder:

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