DECIBELLES, STATUES ON FIRE, DISASTER JACKS

Au-Sommerfest, Frankfurt, 8.06.2019

Statues on Fire„Au bleibt. Basta.“ – diese Worte prangten einmal mehr in großen Lettern auf dem Banner, das beim Fest zum 36-jährigen Bestehen der Frankfurter Au als Hintergrund der Bühne bei den Bands DISASTER JACKS, STATUES ON FIRE (rechts), DECIBELLES, WAVING THE GUNS, 100BLUMEN und GBH diente. Tatsächlich bleibt zu hoffen, dass uns die Institution noch lange erhalten bleibt, denn Lokalpolitiker der konservativen Parteien wetterten in diesem Jahr mehr denn je gegen alternative Kulturzentren wie das Exzess, das Klapperfeld und die Au. Und da zudem die Gentrifizierung auch im Stadtteil Rödelheim immer weiter fortschreitet und dieser bereits die gegenüber der Au liegende alte Schuhmaschinenfabrik, die einst die Künstlergemeinschaft Fritz Deutschland beherbergte, zum Opfer fiel, scheint die Zukunft alles andere als rosig.

Doch noch wankt die Festung nicht und das Sommerfest bewies auch in diesem Jahr, wie hoch die Au als Konzertstätte und Kulturzentrum in der Gunst des Publikums steht. Die kunterbunten Zuschauer kamen in Scharen und spätestens Decibellesbei Einbruch der Dunkelheit war das Gelände einmal mehr gut gefüllt. Neben den üblichen Info-, Getränke-, Essens- und Merchständen wurden auch diesmal wieder sechs Bands unterschiedlicher Couleur präsentiert, die uns mal mehr, mal weniger begeisterten. Aus diesem Grund stammen die folgenden Kommentare zu den Acts, drei in diesem und drei in einem weiteren Post, aus der Feder gleich dreier Autoren.

Disaster JacksPünktlich um 17 Uhr gings los mit den Spaniern DISASTER JACKS, die im Rahmen ihrer Euro-Tour in Frankfurt Station machten. Das Trio stammt aus dem in der Nähe von Barcelona gelegenen Städtchen Sabadell, hat just sein zweites Album veröffentlicht und bot schnörkellosen, dreckigen Punkrock, der instrumental wie eine Mischung aus MOTÖRHEAD und den DWARVES klang und von den Vocals her etwas an die Stimmen der Frontfrauen der DISTILLERS oder der Disaster JacksSVETLANAS erinnerte. Blickfang war dabei stets Gitarristin und Sängerin Angi, die mit ihrer grau-blonden Mähne durchaus als Lookalike von NASHVILLE PUSSY-Gitarristin Ruyter Suys durchgehen könnte.

Angi und Basser Dave fegten wie Wirbelwinde über die Bühne und sorgten beim – bis dato noch überschaubaren – Publikum für Begeisterung. Eigentlich war es schade, dass die Spanier als Opener verheizt wurden. Zu späterer Stunde hätten No-Brainer-Songs wie „Prost!“ und „3AM at the Liquor Store“ mit partytauglichen Lyrics wie „Let‘s get drunk tonight and shut the fuck up!“ sicher das Gros des Publikums für sich gewonnen, was nicht unbedingt allen folgenden Acts gelang. Unterm Strich ein starker Auftritt – ich würde mich freuen, das Trio mal im kleinen Club der Au zu erleben.

Als nächste Combo standen die STATUES ON FIRE – netter Name – aus der brasilianischen Megacity São Paulo auf der Bühne, die bereits diverse Male durch Europa getourt sind und sich besonders bei Melodic-Hardcore-Fans einen Statues on Fireguten Ruf erarbeitet haben. Mich kann man mit dieser Musik in der Regel jagen, doch so schlimm kam es dann nicht. Das Quartett lieferte einen soliden Auftritt und bot dabei einen Querschnitt seiner bisherigen Alben „Phoenix“ (2014), „No Tomorrow“ (2016) und „Living in Darkness“ (brandneu). Das war okay, haute mich aber nicht wirklich vom Hocker, da dem Ganzen schlicht die Hits fehlten, wie sie beispielsweise BAD RELIGION und PENNYWISE vorzuweisen haben.

Statues on FireSympathisch waren die Südamerikaner dennoch, so gab es zum Beispiel zwischen den Songs Statements gegen den rechtsextremen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonarao, der unter anderem plant, seiner Bevölkerung uneingeschränkten Waffenbesitz zu garantieren und männliche Sexualstraftäter zu kastrieren. Wahrlich keine schönen Aussichten.

Als nächstes standen die DECIBELLES aus Frankreich auf dem Programm. Ich sah die Band vor genau drei Jahren, im Juni 2016, beim 30-jährigen Jubiläum des TRUST-Fanzines in Bremen das erste Mal und wurde von ihr weggeblasen: DecibellesNoisiger French-Pop mit Mädelsgesang war so vorher noch nie zu hören. Es gibt diese eine Punk’n’Roll-Tradition in Frankreich oder dann den Rita Mitsouko-Pop, der auch etwas wilder sein darf, doch die Einbettung von Noise-Rock-Elementen in diese Schnittmenge ist einzigartig. Damals war das zweite Album der Truppe namens „Sleep Sleep“ schon ein Jahr alt. Im Mai 2018 spielten die DECIBELLES Decibellesdann passenderweise im Vorprogramm von SHELLAC im Frankfurter Club Zoom, und das nachfolgende Werk „Tight“ hatte da auch schon wieder ein Jahr auf dem Buckel.

Ich vermute, dass die Combo beim Au-Sommerfest ihre brandneue Scheibe „Rock Français“ präsentierte. Die kam, produziert von Steve Albini, im April raus und ich hatte bis zum Auftritt noch nicht reingehört (inzwischen schon). An den Song „Je suis seule“ kann ich mich sehr gut erinnern, weil ein Bekannter dazu meinte, dass die DECIBELLES mehr französischen 60er-Pop machen sollten. Doch genau das machen sie ja auf ihre Art: Das Stück klingt breitwandiger und wave-poppiger als alles, was ich zuvor Decibellesvon ihnen gehört habe, der Gesang engelsgleich und dabei rumpelt der Bass und die Gitarre kracht in bester Noise-Manier. Und bei Texten wie „J’aime trop mon clito“ muss niemand der französischen Sprache mächtig sein. Das erklärt sich von selbst, die Themen bleiben feministisch. Das Trio aus Lyon funktionierte zwar auf großer Bühne und bei Tageslicht nicht ganz so intensiv wie in einem dunklen Club, der Qualität und Einzigartigkeit seiner Musik tat das aber keinen Abbruch. Die rockt einfach.

Links: https://de-de.facebook.com/DisasterJacks/, https://disasterjacks.bandcamp.com/, https://www.last.fm/de/music/Disaster+Jacks, http://www.statuesonfire.com/, https://www.facebook.com/statuesonfire/, https://www.last.fm/de/music/Statues+On+Fire, https://de-de.facebook.com/decibellesband/, https://decibelles.bandcamp.com/, https://www.last.fm/de/music/Decibelles

Text (Disaster Jacks, Statues on Fire): Marcus / Text (Decibelles): Andrea
Fotos (13) & Clips (3): Kai / Fotos (8): Frank
Fotos (15): Eric, https://www.flickr.com/photos/vanreem

Alle Bilder:

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Halbzeit beim Au-Sommerfest! Wie es mit den folgenden Bands WAVING THE GUNS, 100BLUMEN und GBH weiterging, erfährst Du hier.

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