Northampton, UK, 15.09.2013
Hier kommt der zweite Teil meiner Berichterstattung über die diesjährige Herbst-Ausgabe des Psychobilly-Festivals BEDLAM BREAKOUT im Roadmender in Northampton. Nachdem ich im vorherigen Artikel über das Nachmittagsprogramm mit den LEECHMEN, den MARKSMEN, den ZIPHEADS und HELLFREAKS erzählt habe (hier), komme ich nun zur Abendveranstaltung mit BONSAI KITTEN (rechts), den EPILEPTIC HILLBILLYS, den COFFIN NAILS und dem Headliner NEKROMANTIX.
Die Jungs vom BEDLAM BREAKOUT haben ein perfektes Stage Management, so dass jede Band auf die Minute genau anfängt, wie es im Programm steht. Somit spielten BONSAI KITTEN auch schon, als wir in die Halle kamen. Aber
der Gig lief noch lang genug, um sich ein gutes Bild zu machen (ich hatte sie noch nie vorher gesehen). Rein optisch macht der Vierer aus Berlin schon mal was her. In der Mitte die schätzungsweise 1,30 Meter große Sängerin mit dem schönen Namen Tiger Lilly Marleen und einer vermutlich 1,20 Meter langen knallroten Mähne. Eingerahmt von Kontrabass und Flying V – Rockabilly meets Glamrock. Die Band selbst beschreibt ihre Musik allerdings als Killbilly. Der kam bestens an, was sicherlich zu großen Teilen an der Bühnenpräsenz und großartigen Stimme von Tiger liegt. Das war eine prima Show, auch wenn mich die Musik von BONSAI KITTEN nicht hundertprozentig überzeugt, denn sie ist etwas zu nah an dem, was ich als Pop-Punk- Rock bezeichnen würde. Wer selbst urteilen und gleichzeitig ein paar deutsche Promis sehen möchte, kann sich mal das Video zum Song „Too Drunk to Fuck“ angucken (übrigens kein DEAD KENNEDYS-Cover). Insgesamt sage ich: Hut ab, so unterhält man ein Publikum.A propos Kopfbedeckung. Billy Oxley, seines Zeichens Sänger und Gitarrist der EPILEPTIC HILLBILLYS aus Sheffield, hatte seinen Hut zwar an, aber dafür bot er den bereits verwöhnten Gästen zusammen mit Steve am Bass und Adam
am Schlagzeug Unterhaltung vom Feinsten. Das Trio wurde vom ersten Song an mit großer Begeisterung empfangen, so laut habe ich es beim Bedlam glaube ich noch nie erlebt. Das liegt sicherlich einerseits am soliden Set der Band, andererseits aber bestimmt auch an den Musikern und ihrer Interaktion mit dem Publikum. Vor allem Billy hat eine liebenswerte Art und Weise (übrigens nicht nur auf der Bühne) und ausgeprägten Sinn für Humor. Dabei sitzt er auf einem Hocker, weil er vor gar nicht allzu langer Zeit noch am offenen Herzen operiert wurde und erstmal langsam machen muss. Irgendwie passt das aber zum Charme der Combo, die mit einem zwinkernden Auge so tut, als käme sie aus den Südstaaten der USA, deren Akzent aber ihre Herkunft aus dem Süden Yorkshires eindeutig belegt. Für mich waren die Hillbillys das Highlight des Sonntags, Psychobilly mit riesigem Feelgood-Faktor und Partylaune.Dabei ist das mit der Partylaune ja so was. Denn die nächste und vorletzte Band, die COFFIN NAILS, ist zwar bei vielen Leuten beliebt, für mich aber machen die nur auf Party, ohne musikalisch was zu bieten. Mehr Ballermann als Rock’n’Roll.
Deswegen habe ich mir auch nur ein paar Minuten davon gegönnt und stattdessen lieber länger im Barbereich mit Gleichgesinnten gequatscht. Aber später, beim Set des Headliners NEKROMANTIX, die man, denke ich, nicht vorstellen muss, gewann ich leider den Eindruck, dass sich so mancher beim Abfeiern mit den lustigen Sargnägeln ein bisschen zu sehr verausgabt hatte. Denn eigentlich sollte man doch von einem begeisterten und lauten Publikum sowie einem entsprechenden Pit ausgehen, wenn eine Combo aus Amerika kommt, die einen der größten Namen im Genre Psychobilly haben, fast nie hier spielen und in Northampton das einzige UK-Konzert ihrer Europa-Tournee geben.Aber Pustekuchen, mittelprächtige Stimmung, bzw. braver Applaus. Komisch. Es kann auch meines Erachtens nicht an der Show gelegen haben. Vielleicht aber am Sound. Denn der war überaschenderweise recht bescheiden. Wo er doch vorher die ganze Zeit einwandfrei war, kam jetzt mehr Matsch durch die Boxen. Schade. Nichtsdestotrotz, Kim mit seinem Sargbass, Lux an den Drums und Franc an der Gitarre gaben sich Mühe und spielten Klassiker wie „Nekrophilia“ neben neueren Sachen gekonnt und engagiert. Ob Kim am Ende dann doch ein bisschen genervt war oder ich mir das nur einbilde, ist schwer zu sagen, ganz nüchtern war ich auch nicht mehr. Insgesamt bin ich froh, die NEKROMANTIX nach mehreren Jahren mal wieder gesehen zu haben, obwohl sie einen besseren Empfang verdient gehabt hätten.
Welche Bands mir am meisten gefallen haben, wird dem aufmerksamen Leser nicht entgangen sein. Aber bei so einem Festival geht es ja nicht nur um Bands, sondern auch um Atmosphäre und Ambiente – wieder mal super – und die Leute,
die man trifft oder kennenlernt. In der Halle und noch viel mehr im Barbereich sowie auf der Raucherterrasse habe ich mit verschiedensten Zeitgenossen aus England, Schottland, Amerika, Deutschland, Portugal, Frankreich, Ungarn, etc. geplaudert und Spaß gehabt. So soll’s sein. Meine Bekannte Dorothée bezeichnete den Breakout sogar als „das multikulturellste aller großen Psycho-Festivals in Großbritannien“. Okay, so viele andere große gibt’s nicht, aber dennoch schön gesagt. Sie nutzte das Wochenende übrigens, um Ausstand zu feiern. Nachdem sie etwa zehn Jahre in England gelebt hatte, zog sie an jenem Wochenende wieder in ihr Geburtsland Frankreich zurück und machte mit dem Umzugswagen dann halt drei Tage Stopp in Northampton. Herzerwärmend. In diesem Sinne, bon voyage und bis zum nächsten Mal vom 14. bis 16. März 2014!Vielen Dank nochmal an die Fotografin Ami Kaye, die uns ihre Fotos für diesen Bericht zur Verfügung gestellt hat. Schaut mal auf ihre Facebook-Seite: https://www.facebook.com/AmiKayePhotography
Links: http://www.bedlambreakout.com/, https://www.facebook.com/bedlambreakout, https://myspace.com/bedlambreakout
Text: Jan
Clips: am Konzertabend aufgenommen von MaddieSinner
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