Lanxess-Arena, Köln, 17.01.2017
The End. Nach knapp 50-jähriger Geschichte beendet eine der bedeutendsten Bands aller Zeiten ihre Karriere. Die Engländer waren die Ersten, die finstere, albtraumhafte Gitarrenmusik schufen, waren der erste Metal-Act und begründeten zudem das Doom-Metal-Genre. Darüber hinaus haben sich BLACK SABBATH in den letzten fünf Dekaden ein ums andere Mal neu erfunden und wie keine andere Formation neue Inkarnationen geschaffen, die sich (fast) immer auf dem gleichen hohen Niveau bewegten. Ein bedeutendes Element waren dabei stets die Frontmänner, ob Ozzy Osbourne, Ronnie James Dio, Ian Gillan oder Tony Martin – um nur einige zu nennen – in jeder Besetzung klang die aus Birmingham stammende Combo anders, ohne dabei ihr prägendes Stilmerkmal, die langsamen, schweren Riffs, zu verleugnen.
Als wichtigstes Lineup von BLACK SABBATH gilt gemeinhin die ursprüngliche Formation, bestehend aus Gitarrist Tony Iommi, Bassist Geezer Butler, Schlagzeuger Bill Ward und Shouter Ozzy Osbourne, die zwischen 1970 und 78 acht Alben einspielte, von denen zumindest die ersten sechs über jeden Zweifel erhaben sind. Das verleitete bereits vor einigen Jahren clevere Merchandiser dazu, Shirts mit dem treffenden Spruch „You can only trust yourself and the first six Black Sabbath records“ zu schaffen. Just diese Besetzung hatte sich 2010 (leider ohne Bill Ward, mit dem man sich wohl finanziell nicht einigen konnte) wieder zusammengefunden und mit „13“ ein famoses neues Album eingespielt, das auf der gleichnamigen Tour präsentiert wurde, die BLACK SABBATH 2013 auch in die Frankfurter Festhalle führte (Bericht hier).
Mittlerweile sind vier Jahre vergangen und trotz des großen Erfolgs der Scheibe und der darauffolgenden Ankündigung, dass man nochmal ins Studio gehen wolle, hat das Trio Iommi, Osbourne, Butler nun, 49 Jahre nach seiner Gründung, das Ende von BLACK SABBATH bekanntgegeben. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Iommi kämpft mit dem Krebs, Osbourne mit der Demenz und mit knapp 70 hält sich die Motivation, noch einmal die Strapazen von Aufnahmen und Touren auf sich zu nehmen, verständlicherweise in Grenzen.
Mich haben BLACK SABBATH mein gesamtes Leben begleitet und es verging kaum eine Woche, in der sich nicht mindestens eine ihrer LPs auf meinem Plattenspieler drehte. Insofern ist es ein ungewohntes Gefühl, dass die Geschichte nun ein Ende finden soll und man nie wieder die Gelegenheit haben wird, die Band zu sehen oder neues Material von ihr zu hören. Just dieses Gefühl veranlasste mich schließlich, für immerhin 120 Euro – und dies war die günstigste Kategorie – ein Ticket für den letzten BLACK-SABBATH-Gig auf deutschem Boden zu erwerben. Dem gestrigen Auftritt in der Kölner Lanxess-Arena folgen lediglich noch eine Handvoll Gigs in England, den allerletzten bestreitet das Quartett schließlich am 4. Februar 2017 in seiner Heimatstadt Birmingham.
Zunächst hatte mich die große Halle in Köln, die mit bis zu 20.000 Besuchern immerhin doppelt so viele wie die Frankfurter Festhalle fasst, etwas abgeschreckt, vor Ort war jedoch alles ganz easy – kein Gedränge am Eingang und im unterirdisch gelegenen Zuschauerraum war man auch im Nu. Im hinteren Stehplatzbereich war es sogar recht angenehm und wenig gedrängt, was vermuten lässt, dass hier sicher noch einige hundert Leute Platz gehabt hätten. Doch auch wenn es „nur“ 15.000 Menschen in der Halle gewesen sein sollten, war es dennoch erstaunlich, dass es den Engländern auch nach 50 Jahren und ohne großen Chart-Hit, den Song „Paranoid“ ausgenommen, noch immer gelang, so viele Fans zu versammeln. Schön war, dass es nicht nur Getränkestände im Zuschauerraum gab, sondern auch „Bierboten“, die mit einem Kanister Kölsch auf dem Rücken ausgerüstet waren und das Bier nach Handzeichen direkt zum durstigen Konzertbesucher brachten.
Vor BLACK SABBATH galt es noch den Opener RIVAL SONS zu ertragen, eine Art glattgebügelte LED ZEPPELIN-Variante mit langweiligen Songs, die sicher im Frankfurter Spritzenhaus eine gute Figur gemacht hätten, als Opener der Legende jedoch etwas deplatziert wirkte. Schade, dass man hier nicht auf einen Act zurückgriff, der besser zum Headliner gepasst hätte. Kollege Micha war indes recht angetan von den RIVAL SONS und wird beim demnächst anstehenden Headliner-Gig der Jungs in der Frankfurter Batschkapp über sie berichten.
Nach einer umfassenden Umbaupause kam letztlich der große Moment: Das Licht ging aus und auf dem noch die Bühne verhüllenden Vorhang wurde zunächst ein animiertes Intro (Videoclip dazu oben) dargeboten, in dem ein feuerspeiender Dämon aus einem Alien-Ei schlüpfte, die Welt in Schutt und Asche legte und lediglich ein flammendes BLACK SABBATH-Logo hinterließ – ein schöner Einstieg, dem das erste Stück des ersten Albums folgte: „Black Sabbath“. Die weitere Songauswahl war interessant. Mit drei Ausnahmen wurden nämlich lediglich Lieder der ersten drei LPs gespielt, darunter Klassiker wie „Warpigs“, „N.I.B“, „Iron Man“ und „Children of the Grave“. Vom vierten Werk „Vol. 4“ gabs immerhin „Snowblind“ und – überraschend – „Under the Sun/Every Day Comes and Goes“, zudem vom siebten Release „Technical Ecstasy“ – noch überraschender – den Song „Dirty Women“.
Insgesamt war dies eine Setlist voller Abwechslung, bei der ich dennoch einige Tracks der herausragenden „Sabotage“- Scheibe und Songs wie „Electric Funeral“ und „Sabbath Bloody Sabbath“ vermisste. Die Aktion auf dem Podest wurde während des gesamten Gigs von mehreren Kameras eingefangen, die die Livebilder in HD-Qualität auf eine gigantische Leinwand hinter der Bühne übertrugen und sie dabei teilweise noch mit Effekten belegten. Abwechselnd dazu waren psychedelische Einsprengsel und stimmungsvolle Animationen zu sehen, einmal sogar Konzert- Aufnahmen aus den Siebziger Jahren, in denen auch Bill Ward gezeigt wurde – immerhin eine kleine Hommage an den Original-Drummer. Nach etwa zwei Dritteln des Sets gab‘s ein längeres Drum-Solo von Tommy Clufetos (u.a. Ted Nugent, Alice Cooper, Ozzy Osbourne und Rob Zombie), das den älteren Herren einige Zeit zum Verschnaufen bot. Es folgte die obligatorische Bandvorstellung, bei der auch der Mann hinter der Bühne genannt wurde, Keyboarder Adam Wakeman – Sohn von YES-Mitglied Rick Wakeman, der 1979 zur SABBATH-Scheibe „Sabbath Bloody Sabbath“ die Keyboards beitrug.
Unterm Strich wars eine fantastische letzte Audienz bei BLACK SABBATH, die zwar stimmungsmäßig nicht ganz an den Gig in der ausverkauften Frankfurter Festhalle 2013 heranreichte, aber visuell und die Songauswahl betreffend überzeugte. Als einzigen Wermutstropfen empfand ich, dass die Jungs nicht ein einziges Wort an das Publikum richteten und das bevorstehende Karriereende unkommentiert ließen. Frontmann Ozzy war zwar nie ein großer Redner, aber mehr als ein debiles „Cuckoo“, das er bei jeder längeren Pause ins Mikro grölte und sich tierisch darüber freute, hätte ich schon erwartet. Immerhin gabs am Merchandise-Stand die exklusive Tour-CD „The End“, die vier bisher unveröffentlichte Songs der „13“-Session sowie einige Live-Tracks und eine schriftliche Danksagung der Band an die Fans enthält. Rest in Peace, BLACK SABBATH, I‘ll be missing you.
Links: http://www.blacksabbath.com/, https://www.facebook.com/BlackSabbath, https://myspace.com/blacksabbath, https://soundcloud.com/untitled-9, http://www.last.fm/de/music/Black+Sabbath
Text: Marcus / Fotos: Micha
Clips: aufgenommen am Konzertabend von Megabuschica (oben) und 71lox (unten)
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