BLIND EGO & SUBSIGNAL

Das Rind, Rüsselsheim, 12.01.2017

Blind EgoKalle Wallner ist ein emsiges Bienchen. Neben seinem Job als das „W“ von RPWL (einer seit 1997 existierenden Prog-Combo, die als PINK FLOYD–Coverband begann und inzwischen neun Studioalben mit eigenen Songs veröffentlichte) gründete er 2010 mit dem „L“ von RPWL, Yogi Lang, das Label Gentle Art Of Music, auf dem inzwischen fast 50 Tonträger von diversen Künstlern aus den Bereichen Prog, Rock und Metal erschienen sind. Und mit PANZERBALLETT auch ein wenig Jazz.

Seit 2007 bringt Wallner unter dem Namen BLIND EGO auch noch sowas wie Soloplatten heraus – „sowas“, weil er die nicht allein einspielt, sondern ganz im Gegenteil jede Menge prominenter Verstärkung aus dem Labelkatalog und darüber hinaus hinzuzieht. Allerdings stammt erstmal jeder Ton und jede Silbe Blind Egovon ihm. Im Gegensatz zur Hauptband RPWL geht es da zwar ebenfalls verspielt und atmosphärisch, aber auch mal etwas härter zu. Wallner erklärte seine Einflüsse im Eclipsed vom Januar 2017: „Ich kam über RUSH zu PINK FLOYD und nicht umgekehrt“. Im Break Out 5 beschrieb er 2016 die „Master of Puppets“- Tour von METALLICA als prägenden Einfluss. Das macht aus BLIND EGO zwar keine Thrash-Metalband – wer jedoch mit leicht progressivem Metal á la QUEENSRYCHE etwas anfangen kann, ist mit BLIND EGO ebenso gut bedient. Vor allem die Songs des aktuellen Players „Liquid“ sind echte Grower – von drei verschiedenen Sängern hervorragend umgesetzt, von denen einer, Arno Menses, mit seiner Formation SUBSIGNAL den gestrigen Konzertabend eröffnete. Als Co-Headliner, nicht als Anheizer.

SUBSIGNAL gibt es seit 2007. Menses gründete die Formation zusammen mit dem Gitarristen Markus Steffen, mit dem er zuvor schon einen exzellenten Ruf erwarb durch die gemeinsame Zeit bei der Münchner (Prog-)Metal-Legende SubsignalSIEGES EVEN, die schließlich 2008 von der Bildfläche verschwand. SUBSIGNAL und RPWL spielten bereits mehrmals im Rüsselsheimer Club „Das Rind“ – für Freunde des Progressive- oder Art-Rock die erste Adresse in Rhein/ Main, zusammen mit dem Colos-Saal in Aschaffenburg. Dementsprechend war es kein Wunder, dass der (mit Tischen) knapp 200 Leute fassende Raum zum Start von SUBSIGNAL um 19.45 Uhr sehr gut gefüllt war von einem Publikum, bei welchem ich den Altersdurchschnitt auf 40 Jahre schätzen würde. Mehr Männer als Frauen, wie meist bei solchen Veranstaltungen, bei denen sich erwachsene „Nerds“ freudig, aber nie gefährlich ausleben.

SubsignalJa, SUBSIGNAL hatten fast so etwas wie ein Heimspiel. Die Songs wurden alle erkannt, es wurde fleißig alles abgenickt und häufig sogar die Pommesgabel erhoben. Vom ersten Stück an bekamen Gitarrist Steffen und Bassist Ralf Schwager das Grinsen kaum aus ihren Gesichtern, nur Schlagzeuger Dirk Brand (auch bei AXXIS) und Menses schlossen oft die Augen zum konzentrierten Spiel. Und Subsignaldas war ohne Zweifel erlesen. Für mich als Frischling bei dieser Band auf Platte noch nicht hundertprozentig überzeugend, aber trotzdem tief beeindruckt von der Performance und der hohen Musikalität der Akteure.

An den hohen AOR-Anteil muss ich mich erst noch gewöhnen – trotz HAKEN ist das bei mir noch abgelegt unter „ausgelutscht“ und „durch“. Menses hat solche Vorbehalte schon zu hören bekommen, wie er auf der Bühne erzählte, als ihn ein SubsignalProduzent (?) einst fragte, ob er wirklich so einen „shitty Eighties-FOREIGNER- Song“ aufnehmen wollte. „Fuck You“ – ja, er wollte. Dazu kommen noch Lieder, die sehr nach KANSAS oder JOURNEY klingen, und das sind schon die Besseren. Aber, wie gesagt – mit so einer Überzeugungskraft performt, kann man sich nicht dagegen wehren. Die exakt 90 Minuten inklusive einer Zugabe waren kurzweilig und anregend. Und Menses ist ein Gesangstalent, welches man nicht alle Tage vor sich hat.

Dachte sich wohl auch Kalle Wallner, der drei Songs auf „Liquid“ von ihm einsingen ließ. Wie im Break Out-Interview bemerkt, hatte Wallner nicht vor, Menses auf dieser Tour alle seine Songs singen zu lassen, weil er „SUBSIGNAL auch von BLIND EGO trennen“ wollte. Außerdem hatte er mit Scott Balaban, einem US- Amerikaner aus München, einen Vokalisten dabei, der es schaffte die Songs aller drei BLIND EGO-Scheiben adäquat zu intonieren und gleichzeitig seinen eigenen Charakter einfließen zu lassen. Sonst singt er bei AMON RA, mir genauso wenig bekannt wie die Band des zweiten Gitarristen auf der Bühne, Julian Kellner von DANTE. Letzteres muss aber Blind Egoschnellstens nachgeholt werden, denn was dieser Kerl mit dem Instrument anstellte, war auch im Verbund mit den ganzen anderen Könnern auf der Bühne erstaunlich. Ohne sich dominant in den Vordergrund spielen zu wollen (im Gegenteil, er ließ dem Bandboss immer den Vortritt), setzte er starke eigene Akzente und sah auch im von Wallner provozierten Gitarrenduell alles andere als alt aus.

Blind EgoDann Bassist Sebastian Harnack, hauptberuflich bei SYLVAN. Dieser spielte zwar auch bei einigen Songs auf den letzten beiden BLIND EGO-Alben, den Hauptanteil bei „Liquid“ hatte aber Ralf Schwager, der SUBSIGNAL-Basser. Der war mit einer 90-Minuten-Show verständlicherweise ausgelastet genug und konnte deswegen leider nicht mit seinem Bruder Michael Schwager musizieren, der bei BLIND Blind EgoEGO hinter den Kesseln hockt. Puh. Inzestuöse Münchner/ Freisinger Musikanten- Mischpoke. Aber alle haben Spaß und sprechen von einer großen Familie. Auch Balaban, der nicht müde wurde zu erwähnen, dass „BLIND EGO eine richtige Band“ sei, und nicht nur ein Projekt. Hm. Damit das wirklich überzeugt, hätte Wallner diese Worte sagen müssen – aus Balabans Mund könnte man das auch als Wunschdenken interpretieren.

Sehr witzig war auch Sebastian Harnacks Auftreten als Fotobombe, als er, mitten im Spiel, seinen Schädel zwischen zwei Herren stecken wollte, die probierten ein Selfie vor der Bühne zu bewerkstelligen. Das ging wohl in die Hose, weswegen sie von Harnacks Streich leider nichts mitbekamen. Sehr schade.

Blind EgoDass bei „Blackened“, der ersten Single von „Liquid“, noch Arno Menses „all the way from the back stage“ (Balaban) auf die Bühne kam, war dann doch mehr Pflicht als Kür – auf so einen Besuch bei einer gemeinsamen Tour komplett zu verzichten wäre eine verpasste Chance und eine Enttäuschung für die Fans gewesen. So gab es aber nach weiteren 90 Minuten nichts zu meckern und die Willigen konnten noch Tonträger erstehen und signieren lassen. Schöner Saisonbeginn 2017, so kann es weitergehen.

Links: http://www.subsignalband.com/, https://www.facebook.com/subsignal, https://soundcloud.com/subsignal, http://www.last.fm/de/music/Subsignal, http://www.blind-ego.com/, https://www.facebook.com/blindego/, http://www.last.fm/de/music/Blind+Ego

Text: Micha & Sabine / Fotos & Clips: Micha

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