Dreikönigskeller, 6.03.2012
„Wenn eine Band Scheiße aussieht, dann hat sie’s bei mir schwer!“ Diesen Spruch ließ mal ein Bekannter von mir verlauten und just gestern musste ich wieder daran denken. Im gut gefüllten Dreikönigskeller hatten sich nämlich die BLOODY HOLLIES eingefunden, eine Band, die 2000 in Buffalo, New York, gegründet wurde, mittlerweile aber in San Diego eine neue Heimat gefunden hat. Und als ich mich gerade fragte, was denn der kleine rothaarige Junge, den ich auf etwa 15 geschätzt hätte, da vorne auf der Bühne zu suchen hat, wurde ich auch schon belehrt, dass es sich um Wesley Doyle, den Sänger und Gitarristen handelte. An der zweiten Gitarre stand ein junger Mann, der gut in die TV-Serie „Big Bang Theory“ gepasst hätte und dem offensichtlich seine blinde Mutter den Pullover für den Abend ausgesucht hatte. Den Bass betätigte ein etwas verklärt dreinblickender Hippie, der vage an den jungen Ray Manzarek von den DOORS erinnerte. Lediglich der Drummer machte optisch den wilden und verwegenen Eindruck, den die Musik der BH laut eigener Aussage vermitteln sollte.
Archaischer Blues-(Punk-) Rock bezeichnet den Sound des Quartetts am ehesten, LED ZEPPELIN und AC/DC bezeichnet die Band selbst als ihre Einflüsse. Ich hingegen musste nicht selten an die WHITE STRIPES denken, vor allem aufgrund des etwas höheren, kratzenden Gesangs von Wesley. Für ihren Gig konnten die US-Amerikaner auf Songs von immerhin fünf Scheiben zurückgreifen, die ein recht breites musikalisches Spektrum aufwiesen: Mal ging es etwas rauer und punkiger zu, mal melodiös, bluesig rockend und mal langsam, heavy und stoner-like. Der letztere Stil gefiel mir persönlich am besten, nicht zuletzt weil hier die Vocals am besten zum Sound passten.
Handwerklich gab es absolut nichts auszusetzen, die Band harmonierte und brachte ihre Songs in Perfektion dar. Das Manko bei allen Stilrichtungen war jedoch, dass es so wirkte, als ob eine Studentenband Lieder ihrer Vorbilder covern würde: Es klang immer irgendwie nach AC/DC, DEAD MOON, SIMON STOKES, GUN CLUB, LED ZEPPELIN, FU MANCHU oder BEASTS OF BOURBON, ohne allerdings das Niveau der Vorbilder zu erreichen. Der Auftritt hinterließ daher bei mir einen eher zwiespältigen Eindruck und bestätigte einmal mehr meine These, dass dreckiger Blues-Rock von hässlichen alten Männern mit dicken Bäuchen dargeboten werden muss, wie es einige Wochen zuvor die COSMIC PSYCHOS eindrucksvoll bewiesen haben.
Schlecht war das Ganze nicht, nur eben stellenweise etwas zu lahm und uninspiriert. Den (meisten) Anwesenden gefiel es trotzdem, besonders einem Supporter der Band, der direkt vor der Bühne stand und stets bemüht war, das restliche Publikum zu Mitklatschorgien im Musikantenstadl-Stil zu animieren, irgendwie putzig. Mit zunehmendem Alkoholkonsum bewies der Sänger später dann tatsächlich Frontmann-Qualitäten, die meinen Ersteindruck
von ihm zumindest für einige Minuten vergessen machten. Wesley krabbelte – sehr zum Missfallen von Barmann Niko – über die Theke, zerdepperte dabei einige Gläser und gab auf dem Tresen stehend die letzten Songs des Abends zum Besten, die nun endlich mit der Performance untermalt wurden, die ich mir eigentlich von Anfang an gewünscht hätte. Als Zugabe gab’s noch ein etwas schwachbrüstiges Cover von AC/DC’s „If You Want Blood“, das den Gesamteindruck allerdings nicht unbedingt verbesserte.Dennoch, alles in allem habe ich einen netten Kneipenabend mit akzeptabler Backgroundmusik erlebt, deren Bewertung sicherlich mehr als sonst von den musikalischen Vorlieben der einzelnen Besucher abhängig war. Mainstream- Musik-Konsumenten, die den WHITE STRIPES nicht abgeneigt sind, könnten ihre neue Lieblingsband erlebt haben; Gäste die mit dem Begriff Blues-Punk- Rock eher Künstler wie JOE BUCK, SIMON STOKES oder die BEASTS OF BOURBON assoziieren, dürfte der Gig zu langweilig und unspektakulär gewesen sein. Auf mich trifft eher Letzteres zu, wobei ich jedoch gespannt bin, wie sich die Band in Zukunft entwickelt. In zehn Jahren schaue ich sie mir gerne noch einmal an.
Links: http://bloodyhollies.com/, http://www.myspace.com/thebloodyhollies
Text & Fotos: Marcus
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