Club Voltaire Neu-Isenburg, 4.12.2010
Stellt euch vor, die ÄRZTE spielen in einem kleinen Club, der Eintritt kostet vier Euro, das große Pils zwei und man muss sich nicht mal herumdrängeln. Gibt es nicht? Das stimmt wohl. Aber es geht sogar noch besser: Besucht einfach ein Konzert der BLUTJUNGS, die zu den beschriebenen Konditionen gerade im Isenburger Club Voltaire auftraten. Die Aschaffenburger spielen einen ganz ähnlichen Hybrid aus Splatterpop und Funpunk, sind aber im Gegensatz zu der in die Jahre gekommenen „Besten Band der Welt“ origineller, eine Schippe gemeiner und haben den subtileren Humor.
Ich sah die „Bluties“ das erste Mal 1998 in der Goldenen Krone in Darmstadt und seitdem wohl ein halbes Dutzend Mal. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass man auf ihren Shows unglaublich viel Spaß haben kann. Dies liegt zum einen an den Improvisationskünsten des Sängers Martin Großmann, der sich ständig etwas neues einfallen lässt, um Leute aus dem Publikum in peinliche
(für die Umstehenden allerdings lustige) Situationen zu bringen und sich dabei nicht zu schade ist, auch sich selbst zum Affen zu machen. Zum zweiten an der Musik, die meiner Ansicht nach jeder anderen deutschen Combo des Genres mehr als nur das Wasser reichen kann. Nicht zu vergessen die bitterbösen, provokanten und zynischen Texte, über die sich diejenigen, die sie noch nicht kannten, erstmal auf die Schenkel klopfen können.Der Gig begann mit der Frage Großmanns, ob denn jemand aus dem Publikum (es bestand leider nur aus etwa 15 Personen) die Band noch nicht live gesehen habe. Als sich schließlich jemand bemerkbar machte, rief er scheinbar völlig entrüstet: „Du Arsch, wegen Dir müssen wir uns jetzt Mühe geben!“. Ja, so ticken die BLUTJUNGS.
Anschließend gab das Quartett, außerdem bestehend aus Angelo Garruto
(Bass und Geige), Tito (Gitarre) und Jan Kindlein (Schlagzeug) ein Potpourri der besten Stücke aus ihren mittlerweile vier veröffentlichten Tonträgern zum Besten. Darunter befanden sich mit „Spielplatzmörder“, „Fred der Metzger“, „Wenn Du an mein Herz willst“ und „Friss Dein Brett“ diverse vom Debütalbum „Kinderteller“ (1997). Auch von den nachfolgenden Scheiben „Beiss mich, Baby!“ (2001) und „Alarm für Riegel 7“ (2005) gab es mit „Deine Mutter“, „15, dick und böse“, „Glastisch“ und dem „Katzenwegwerflied“ weitere Perlen aus dem Backkatalog der umtriebigen Bayern. Komplettiert wurde das Set mit Stücken aus dem jüngsten Werk „Godzilla auf Speed“ vom vergangenen Jahr, darunter der „Punkrocksongtextapparat“ und „Lass es diesmal ein Mädchen sein“.Dabei kletterte der Frontmann, wie immer gedresst in schwarzem Lack und Leder, am Inventar herum, zeigte einen annähernd vollständigen Spagat (welcher Mann kann schon behaupten, so was zu können?), ließ launige Ansagen und Anekdoten ab und trieb eifrig Konversation mit den wenigen Gästen. Außerdem griff er sich zielsicher die bestaussehendsten Besucherinnen heraus, um sie bei den passenden Liedtexten auf Knien anzuschmachten.
Die Wahl der hübschesten jungen Damen dürfte ihm bei dieser Show allerdings nicht allzu schwer gefallen sein, denn es gab nur zwei oder drei weibliche Fans. An dieser Stelle die Warnung an alle Kerle: Lasst eure Mädels bei Bluties-Konzerten am besten nicht unbeaufsichtigt…Kurzes Resümee: Auch diesmal habe ich mich wieder köstlich amüsiert, zwar spielten die BLUTJUNGS vor äußerst kleiner Kulisse, doch das schreckte sie nicht ab, ihre Show mit sämtlichen Mätzchen professionell durchzuziehen und alle Anwesenden lachenden Auges nach Hause oder an den nächstgelegenen Tresen zu entlassen. Dafür Dank und bis zum nächsten Mal!
Auf der ausführlichen Band-Homepage http://www.blutjungs.de/ könnt ihr unter anderem nach Terminen für Auftritte in unserer Region Ausschau halten, einige Hörproben gibt es auf http://www.myspace.com/blutjungs.
Text: Stefan / Fotos: Kai
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