Dreikönigskeller, Frankfurt, 4.01.2019
In halb Europa haben sie schon gespielt, in München, Düsseldorf, Bremen und Hannover sowieso, bei renommierten Festivals wie dem „Ruhrpott Rodeo“ oder dem „Rebellion“ im englischen Blackpool auch. Doch nun ratet mal, wohin es die Berliner Riot-Rocker BONSAI KITTEN bisher noch nie verschlagen hat. Richtig – nach Frankfurt! Um dieses Versäumnis im vierzehnten Jahr ihres Bestehens endlich gerade zu ziehen, machte sich das Quartett am gestrigen Freitag aus der Hauptstadt auf, um ihre nach dem aktuellen Album „Mindcraft“ betitelte Tour in der Mainmetropole beginnen zu lassen. Weiterer Spielort ist tags darauf Stuttgart, im März folgen weitere Auftritte unter anderem in Hamburg, Köln und Essen.
Als Frankfurter Konzertstätte war der Dreikönigskeller dribbdebach in der Sachsenhäuser Färberstraße auserkoren worden. Eine gute Wahl, wie man weiß, wenn es um schwitzige Club-Shows in angenehmer Atmosphäre geht. Und nachdem unser Großbritannien-Korrespondent Jan die Formation schon 2013 im Rahmen seiner Berichte über das Psychobilly-Festival „Bedlam Breakout“ in Northampton sehr gelobt hatte (hier), waren wir umso mehr gespannt, wie sich Bandgründerin und Sängerin Tiger Lilly Marleen und ihre drei männlichen Mitstreiter Wally an der Gitarre, Spoxx am dreisaitigen Bass und Marc am Schlagzeug bei ihrer Frankfurt-Premiere präsentieren würden.
Eins war schon im Vorfeld klar: Einen Gig, ähnlich dem vor fünf Jahren in England, würden wir nicht zu sehen bekommen. Das liegt in der Tatsache begründet, dass die Berliner ihren Stil im Laufe ihrer Karriere umgestellt haben: Während auf den ersten vier Langspielern (inzwischen sind es deren fünf) ein von der Combo selbst als „Killbilly“ bezeichneter Sound vorherrschte, wurde nach dem 2014 erschienenen Album „Occupy Yourself!“ ein anderer musikalischer Weg eingeschlagen. „Riot Rock“ heißt das ganze nun, auch optisch dokumentiert durch den Wegfall des bis dahin verwendeten Kontrabasses, den seit gut vier Jahren ein E-Bass ersetzt. Dennoch war anzunehmen, dass das Publikum im gut besuchten Keller auch einige der älteren Tracks zu hören bekommen würde.
Die Show startete mit „Mindcraft“, dem Titelsong und Opener der bisher letzten, 2017 veröffentlichten Scheibe. Insgesamt sieben (von zehn) Stücke dieses Albums sollten sich im Programm des Abends wiederfinden. Mit „Done With Hell“, „Don’t Mess With Me“, „The Cock is Dead“, “Virgin Suicide” und “Chronic of My Life” von der zweiten LP (2011) und „The Ocean“, „I Can Give You Love“ und „Take It Easy But Take It“ von „Occupy Yourself!“ hatte es aber auch, wie vermutet, älteres Material auf die 16 Lieder umfassende Setlist geschafft. Meine drei Favoriten des Gigs waren “Unfuck the World” vom aktuellen Dreher, das oben erwähnte „Done With Hell“ und das wunderbare, in Ultimate Speed gespielte Cover des Alice Cooper-Tracks “Poison”, in dem alle (im positiven Sinne) „Rampensau“-Qualitäten der gesamten Band zum Tragen kamen. Ich empfehle, den Videoclip dazu weiter unten in Gänze anzusehen.
Am Schlagzeug saß übrigens nicht der auf verschiedenen Webseiten als etatmäßiger Drummer angegebene Nicolaj Gogow, der wohl auch Verpflichtungen mit KNORKATOR hat. Mit Marc ‚Speedy‘ Reign war ein Trommler an Bord, dessen musikalische Vita samt aktuellen (u. a . MORGOTH, SATAN WORSHIP) wie verblichenen Bands (darunter ist DESTRUCTION sicherlich die bekannteste) länger ist als das Vorstrafenregister von Al Capone. Er hat sich als „hired gun“ das Song-Repertoire von BONSAI KITTEN in wenigen Wochen draufgeschafft und das klang, als sei er immer schon Teil des Quartetts gewesen.
Abgerundet wurde der Auftritt mit launigen Ansagen mit der berühmten „Berliner Schnauze“. So entgegnete die wie immer kokett angezogene Sängerin zum Beispiel einem sehr aktiven Handy-Fotografen „Hey, ich hoffe, Du hast auch meinen Kopf mit drauf!“. Nach dem regulären Set wurde das Publikum gebeten, statt „Zugabe“ nicht „Flughafen“ zu rufen (die Berliner haben eben ein besonderes Verhältnis zu ihrem „BER“). Das provozierte natürlich das Gegenteil – und trotz zahlreicher „Flughafen“-Rufe kam die Band der Bitte nach Zugaben gerne nach. Zudem bezeichnete Tiger Lilly das Publikum als „fantastisch“, was ich, nun ja, nur bedingt unterschreiben würde, standen doch im vorderen Drittel des Clubs mehr Leute, die wie die Ölgötzen glotzten als welche, die sich mal bewegten. Aber das tat der guten Stimmung während des gesamten Gigs letztlich keinen Abbruch.
Dass für die Combo aus der Hauptstadt nicht nur die Kreuzberger, sondern auch die Frankfurter Nächte lang sind, zeigte sich später noch bei einem Aftershow-Get-Together in der Kneipe Feinstaub. Zum Glück wird es ja im Winter nicht so schnell hell… Das hat Spaß gemacht und ich wage nach diesem Abend mal die Prognose, dass sich BONSAI KITTEN auf ihren kommenden Touren häufiger Frankfurt auf den Plan schreiben werden. Wer sich bis zum Wiedersehen näher mit der Band beschäftigen möchte, dem sei deren gut gepflegte und informative Internetpräsenz (Link unten) empfohlen. Ich sage danke, denn das war ein äußerst gelungener Start in das Konzertjahr 2019.
Setlist: Mindcraft – Missile Thrower – Done With Hell – Isn’t It Funny – Take It Easy But Take It – Virgin Suicide – No Go Area – The Darkest Light – Poison – I Can Give You Love – Unfuck The World – Don’t Mess With Me – The Cock Is Dead – Chronic Of My Life – iFuck – The Ocean
Links: https://www.bonsai-kitten.de/, https://www.facebook.com/BonsaiKittenBand, https://www.instagram.com/bonsai.kitten/, https://www.last.fm/de/music/Bonsai+Kitten
Text, Foto (1) und Clip: Stefan
Fotos (20): Eric, https://www.flickr.com/photos/vanreem
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