Das Bett, Frankfurt, 25.03.2017
Irgendwie ist man als Blog-Autor ja auch Sammler. Speziell, wenn es um Konzerte geht. Freut sich, wenn mal eine Band in die Stadt kommt, die einem viel bedeutet und die bisher noch nicht auf dieser Internetpräsenz gewürdigt wurde. Die Ska-Formation THE BUSTERS ist so ein Fall. Ich kenne die Truppe seit den ausgehenden Achtziger Jahren und ihrer ersten LP „Ruder Than Rude“ (1988), die bis auf den heutigen Tag in meinem Plattenschrank in Ehren gehalten wird. Diverse Shows der vielköpfigen Combo aus Wiesloch südlich von Heidelberg habe ich erlebt, die meisten in der Batschkapp am inzwischen nicht mehr existierenden alten Standort in Frankfurt-Eschersheim.
Eins meiner persönlichen Konzerte für die Ewigkeit war, als die Gruppe im Juli 1995 in dem kleinen Frankfurter Nachtclub Cooky’s auftrat. Wenn mir meine Erinnerung keinen Streich spielt war die Tour damals „Mickey Mouse in Vodka“ benannt, leicht abgewandelt zum Namen eines Tracks auf dem Debüt-Album (und eines ihrer größten Hits), „Mickey Mouse in Moscow“. Die etwa zu acht angetretenen Musiker (die genaue Anzahl weiß ich nicht mehr) hatten arge Probleme, alle auf der Mini-Bühne Platz zu finden, der Club war gerammelt voll und Tabletts mit Wodka-Shots wurden bei Höllenhitze durch das verschwitzte Publikum gereicht. Das war eine Party, wie man sie nur selten erleben kann. Fast 22 Jahre ist das nun her.
Am 24. März 2017 feierten THE BUSTERS nun in ihrer Heimatstadt 30-jähriges Bestehen und schauten am Tag darauf mit der im vergangenen Dezember erschienenen Jubiläums-CD „Ska Bang 87 – 30 Years – 30 Songs“ auch im Frankfurter Club „Das Bett“ vorbei. Gespannt war ich im Vorfeld auf die Setlist: Die Jungs haben zwischen 1988 und 2017 satte 19 Alben (davon drei live) herausgebracht und bestimmt keinen Mangel an Material. Im Rahmen der exklusiven Auftritte zum 30. Geburtstag durfte man sich also auf die Crème de la Crème des Bandschaffens freuen.
Darüber hinaus stellte sich natürlich die Frage, ob aufgrund von exzessiver Feierei am Vorabend das ein oder andere Mitglied auf der Strecke geblieben sein könnte. Aber nichts dergleichen. THE BUSTERS traten in voller Personalstärke von elf (!) Musikern an: Die beiden Sänger Richie und Ron, der komplette Bläsersatz mit Hardy, Rob und Mathias an Trompete, Posaune und Saxophon, außerdem Alex an der Gitarre, Rolf am Bass sowie Organist Schramme, Keyboarder Stephan, Percussionist Jesse und Schlagzeuger Stefan. Man stelle sich das vor – eine Band so groß wie eine Fußballmannschaft. Ich weiß nicht, wer bei der Truppe den Hut auf hat, aber wäre die Combo nicht in diesem Maße professionell hätte es da vermutlich sogar der Dompteur eines Flohzirkus leichter.
Auch das Trikot, bzw. die Dienstkleidung war vorgegeben, zumindest obenrum: Ein schwarzes Hemd mit einem roten Farbtupfer sollte es sein. Letzteren trugen die BUSTERS-Mitglieder dann entweder in Form von Krawatten (u. a. die beiden Frontmänner) oder Fliegen (Organist und Keyboarder), aber ein roter Leuchtpunkt wie beim Gitarristen erfüllte die Teamnorm auch. Wie heißt es so schön: „11 Freunde müsst ihr sein“. Und wenn man bedenkt, dass die Formation mehrheitlich noch immer mit Gründungsmitgliedern besetzt ist, wird da wohl was dran sein. Prominentester der wenigen Neuzugänge ist der in der Ska- und Reggae-Szene bekannte Dr. Ring Ding (u. a. Ex-DR. RING-DING & THE SENIOR ALLSTARS, Ex-EL BOSSO & DIE PING-PONGS), der seit 2013 als Sänger Richie fester Bestandteil der Truppe ist.
Die Show begann mit einem aus dem Off eingespielten Intro aus zusammengeschnittenen Achtziger-Hits, das mit der Bemerkung endete, die Musik jenes Jahrzehnts sei so grauenvoll gewesen, dass man sich das Radiohören abgewöhnt habe und es an der Zeit gewesen sei, die BUSTERS zu gründen. Netter Einstieg. Es folgte ein Potpourri aus drei Jahrzehnten Werdegang der sympathischen Badener mit den wichtigsten Stücken aus allen Veröffentlichungen. Meine Highlights: „Rude Girl“ und „Ruder Than Rude“ vom 1988er-Debütalbum, „Dead or Alive“ und „Stompede“ von den gleichnamigen LPs von 1991 und 1996, sowie „When Laurel Was Young“ von „Supersonic Eskalator“ (2014).
Zwischendurch erzählte Sänger Richie von den Touren der Truppe durch ferne Länder, um ein zehnminütiges Medley mit allen Stücken einzuleiten, in denen Städte- oder Ländernamen vorkommen. Hintereinander weg die besten Passagen aus dem wunderbaren „Jamaican Stomp“, „Back in New York“, „Tokyo Ska Zone“ und einigen mehr. Zum Ende klangen dann noch die ersten Takte des Debüt-Krachers „Mickey Mouse in Moscow“ an, doch wurde der Song nicht weiter ausgeführt, sodass jeder Kenner des BUSTERS’schen Œuvre wusste: Okay, dieses Stück wollen die Jungs nicht im Medley verheizen, da kann man sich noch für später drauf freuen.
Ein Gutteil des Publikums im fast ausverkauften Club „Das Bett“ ging während der gesamten Show mit, tanzte sich die Hacken wund. Sogar im Stage-Diving versuchten sich einige recht erfolgreich, eher ungewöhnlich für Ska- Konzerte. Etwa zur Hälfte des Auftritts brachten zwei juvenile Damen ein großes Pappschild zum Podest, auf dem in großen Lettern das Wort „Danke“ sowie ein gemaltes, rotes Herz zu sehen waren. Leider konnte ich nicht herausfinden, ob es sich um Fans oder Crewmitglieder handelte, aber die Musiker freute es allemal. Abgerundet wurde die BUSTERS-Party durch den Geburtstag des Keyboarders Stephan, dem von seinen Kollegen eine XXS-Torte mit Kerze überreicht wurde (siehe Foto oben). Es menschelte. Aber auf die angenehme, nicht die kitschige oder aufgesetzte Art und Weise.
In der ersten Zugabe wurde dann der zuvor schon angedeutete Klassiker „Mickey Mouse in Moscow“ gegeben, wobei sich das Publikum auf den Boden hockte, um später kollektiv aufzuspringen, sowie eine recht eigenwillige Cover-Version von PINK FLOYDs „Wish You Were Here“. In der zweiten und letzten Zugabe erfreuten noch der „Ubangi Stomp“ und zum Abschluss „No Risk No Fun“. Die Show endete nach zweieinhalb Stunden und – wie könnte es anders sein – genau 30 Songs. Danach stellten sich die Musiker in einer Reihe auf der Bühne auf und verbeugten sich, wie beim Theater, pärchenweise: beide Sänger, Gitarre und Bass, Orgel und Keyboard, Schlagzeug und Percussion und die Bläserfraktion.
Damit endete ein ebenso schweißtreibender wie launiger Abend, der eindrucksvoll zeigte, dass die Combo auch drei Dekaden nach ihrer Gründung nichts verlernt hat und keinerlei Verschleißerscheinungen zu erkennen sind. Und eines war auch klar: Sollten die Jungs tatsächlich am Vorabend den 30. Bandgeburtstag in ihrer Heimat über Gebühr gefeiert haben, so merkte man es ihnen während des mehr als munteren Gigs zumindest nicht an. Kompliment!
Wer jetzt angefixt ist, der schaue mal auf der Homepage der BUSTERS vorbei, die sich ganz unbescheiden „Die offizielle Website der besten Ska-Band Deutschlands. Eine Band für die Ewigkeit.“ nennt. Dort finden sich eine ausführliche Diskographie, Interviews mit allen aktiven und ehemaligen Musikern sowie Mitgliedern der Roadcrew, die Texte zu 188 Eigenkompositionen, und vieles andere. Mehr geht nicht.
Links: http://www.thebusters.com/, https://www.facebook.com/TheBusters/, https://www.last.fm/de/music/The+Busters
Text: Stefan / Fotos: Eric, https://www.flickr.com/photos/vanreem
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