Elfer Music Club, Frankfurt, 15.10.2016
Retrowave, die Zweite. Bereits im August 2016 haben wir in diesem Blog über den Auftritt von PERTURBATOR berichtet (hier), der ebenfalls im Frankfurter Elfer stattfand. Nun also CARPENTER BRUT. Beide Acts sind dem recht jungen Genre des Retro- oder Synthwave zuzuordnen, das sich an der Soundtrack-Musik der 80er Jahre orientiert und sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Als Inspiration gelten unter anderem der Regisseur und Komponist John Carpenter, die italienische Formation GOBLIN sowie diverse Film- und TV- Soundtracks der Achtziger wie beispielsweise der der amerikanischen Krimiserie „Miami Vice“.
Interessanterweise stammen sowohl PERTURBATOR als auch CARPENTER BRUT aus Frankreich, das sich mehr und mehr zur europäischen Hochburg der neuen Bewegung entwickelt. Während sich hinter den Erstgenannten allerdings ein Ein-Mann-Projekt verbirgt, treten CARPENTER BRUT als Trio (mit Gitarrist, Schlagzeuger und Keyboarder) auf, wobei Tastenspieler Franck Hueso der eigentliche Kopf der Formation ist, alle Songs schreibt und lediglich live von seinen beiden Kollegen unterstützt wird. Nachdem PERTURBATOR einen zwiespältigen Eindruck bei mir hinterließ, da der Gig eher an ein Techno-DJ-Event
erinnerte, war ich nun neugierig auf den Auftritt der CARPENTER BRUT.
Als die Franzosen das Podest erklommen, war schnell klar, dass sie im Gegensatz zu PERTURBATOR ein anderes visuelles Konzept gewählt hatten. Wo die One-Man-Band auf eine dynamisch-pulsierende Light-Show gesetzt hatte, präsentierten sich CARPENTER BRUT in monotonem Rot, mit gelegentlichem Nebeleinsatz und einer imposanten Filminstallation. Dargeboten wurden abwechselnd sich bewegende Muster und Symbole sowie Clips aus Giallo-, Action- und Exploitation-Filmen. Optisch hatte das Trio also schon mal die Nase vorn, doch wie sah es musikalisch aus?
Tatsächlich musste ich feststellen, dass der Unterschied zwischen dem One-Man-Artist mit seinem Laptop und der Band recht gering war, zumindest wenn man die Augen schloss und lediglich dem Sound lauschte. Der Gitarrist überzeugte zwar durch routinierte Rock-Posen, doch letztlich klang seine Gitarre so, als würde es sich um mit Synthesizern bearbeitete Samples handeln. Dennoch muss man sagen, dass bei CARPENTER BRUT ganz klar mehr Bandfeeling aufkam als bei PERTUBATOR. Das Ganze war kurzweilig, man bekam optisch immer etwas geboten, die Songs variierten in Stimmung und Tempo und präsentierten sich stets sphärisch.
Interessant zu beobachten war, dass das Konzert zwar ähnlich viele Leute anlockte wie der erste Retrowave-Act einige Monate zuvor, dass diesmal aber ganz andere Besucher anwesend waren. Sah man bei PERTUBATOR noch relativ viele langhaarige Metalheads, war diesmal eher feierndes Partyvolk vor Ort, das ordentlich vor der Bühne abtanzte. Besonders auffällig war ein Duo, das mit Gockelmaske und Motorradhelm
vermummt war und während des 90-minütigen Auftritts kein einziges Mal stillstand. Ich geriet ob des gut gefüllten Clubs bereits im Stehen und im T-Shirt ins Schwitzen und war von dieser konditionellen Leistung sehr beeindruckt. Ob die beiden zur Crew gehörten oder gut gelaunte lokale Besucher waren, konnte ich nicht feststellen. Fakt ist aber, dass sie nach dem Ende des Gigs als beliebtes Fotomotiv herhalten mussten.
CARPENTER BRUT lieferten einen finsteren, stimmungsvollen Auftritt, der einmal mehr in die guten alten Achtziger Jahre entführte. Der positive Gesamteindruck wurde gegen Ende der Show allerdings doch noch etwas getrübt, als die Band den tumben Disco-Hit „Maniac“ spielte, der – zumindest für mich – die bisher düstere Stimmung zerstörte, zumal der Song nicht viel anders als das Original klang. Somit konnte mich auch der zweite Retrowave-Act nicht vollends überzeugen. PERTURBATOR war musikalisch härter und manischer, CARPENTER BRUT hingegen visuell ansprechender. Ich bin gespannt, wie sich zukünftige Vertreter des Genres präsentieren werden.
Links: http://carpenterbrut.com/, https://www.facebook.com/carpenter.brut/, https://carpenterbrut.bandcamp.com/, http://www.last.fm/music/Carpenter+Brut
Text & Fotos: Marcus
Alle Bilder: