Schlachthof Wiesbaden, 20.11.2011
Meine erste Berührung mit der Band erfolgte durch den Videoclip „On The Run“, der Erinnerungen an die guten, alten Musikvideos aus den Achtzigern hervorrief: Sommer, Sonne, Palmen, Skateboarder und Punkrock. Wer die SUICIDAL TENDENCIES- Clips zu „Possessed To Skate“ und „Institutionalized“ kennt, der weiß, was ich meine. Geködert durch den fantastischen Clip recherchierte ich und fand heraus, dass die Band gerade erst ihr Debüt-Album veröffentlicht, dafür aber bereits sechs mehr oder minder professionelle Videoclips produziert hatte. Und die deuteten schon an, welche Themen bei den Jungs im Mittelpunkt stehen: Skateboarden, Fastfood, Saufen und Angepisstsein aufgrund der Widrigkeiten des Alltags. All dies wird auf dem Debüt der Band mit der Rotzigkeit der DEAD BOYS, der Naivität der GERMS, der Simplizität von BLACK FLAG und der Coolness von SUICIDAL TENDENCIES zelebriert. Klar, die Jungs erfinden mit ihrem Sound das Rad nicht neu, aber mir ist guter, ehrlicher Punk stets lieber als post-moderne Klang-Experimente.
Umso gespannter war ich auf den Gig im Wiesbadener Schlachthof, der an einem Sonntagabend leider nur etwa 30 Fans in die Räucherkammer lockte. Als Support fungierten die Wiesbadener SNOB VALUE, deren Mitglieder zwar größtenteils wie Kunststudenten aussehen, aber ein herrlich oldschooliges Set mit kurzen Zwei-Minuten-Songs,
zwischen BLACK FLAG und den GERMS angesiedelt, ablieferten. Ein Klasse-Opener, der jüngst eine selbstbetitelte EP veröffentlicht hat.CEREBRAL BALLZY eröffneten ihr Set gleich mit dem eingangs erwähnten Kracher „On The Run“. Und das mit einer selbstverständlichen Unbekümmertheit und Coolness, die man eigentlich nur von Bands kennt, die bereits zehn Jahre Live-Erfahrung auf dem Buckel haben. Ohne Punkt und Komma und mit einer Brutalität und Spielfreude, die spontan zu begeistern wusste, ließen die Jungs ein aus knapp 20 Songs bestehendes Hardcore-Punk-Gewitter auf die Zuschauer los, das erfreulich frisch und anders war, als man es von den meisten Punk-Shows gewohnt ist.
Zum einen deshalb, weil die gespielten Songs über eine Klasse verfügen, die durchaus auf dem Niveau von BLACK FLAG’s „Damaged“-Scheibe anzusiedeln ist, zum anderen, weil die Jungs absolut authentisch rüberkamen: Drei schwarze und zwei weiße Kids aus Brooklyn, deren Universum aus Pizza, Girls, Skateboards und Punk besteht und die daraus auch gar keinen Hehl machen.
Wo andere Bands des Genres krampfhaft bemüht sind, politisch korrekte Weisheiten von sich zu geben (ich erinnere mich an den fürchterlichen Gig von OFF! einige Monate zuvor an gleicher Stelle, der von Sänger Keith Morris leider komplett zerredet wurde) legten CB eine selbstbewusste Naivität an den Tag, die auch den RAMONES angeboren war. So wirkten Ansagen wie „This song is about eating pizza“ oder „This song ist about not going to school“ wie eine wohltuende Rückkehr zu den Dingen, die einst den Punk definierten: Spaß haben und besoffen sein. Okay, die Jungs machten nicht den allerhellsten Eindruck und erinnerten stellenweise an eine Real-Ausgabe von BEAVIS & BUTTHEAD, aber auch die sind ja schließlich Punk und in ihrer ganz besonderen Art und Weise genial.Ich kam leider nie in den Genuss, die DEADBOYS, die GERMS oder BLACK FLAG live zu sehen, aber beim gestrigen Gig hatte ich irgendwie den Eindruck, Zeuge von etwas Großem geworden zu sein. So wage ich denn mal die Prophezeiung, dass man von dieser Band noch viel hören wird. Wer auf Oldschool-Punk, Skatecore und die dazugehörige Attitüde steht, der sollte sich die Scheibe der fünf New Yorker zulegen oder zumindest mal in einen ihrer coolen Videoclips reinschauen, die viel von dem widerspiegeln, was die Band ausmacht.
Ebenfalls sympathisch: Am Merchandise-Stand wurden neben der obligatorischen CD und dem immer beliebter werdenden Vinyl auch Musik-Cassetten zum Kauf angeboten. True oldschool. Originell gemacht ist die Website http://www.cerebralballzy.com/, bei der man die einzelnen Patches auf der Jacke anklicken kann (siehe Screenshot links). Einige Songs zum Reinhören gibt es außerdem auf http://www.myspace.com/cerebralballzy.
Infos zur Vorgruppe findet ihr unter http://snobvalue.blogspot.com/.
Text & Fotos: Marcus