THE CHEMICALS

Dreikönigskeller, Frankfurt, 17.10.2014

The ChemicalsNicht alle Acts, die in unseren Gefilden Station machen, sind uns bekannt und so entscheidet oft eine kurze Hörprobe auf einschlägigen Band-Portalen im Internet darüber, ob sich ein Besuch lohnen könnte oder nicht. Im Fall der aus Portland stammenden CHEMICALS haben bereits einige wenige Sekunden ausgereicht, um mich zu überzeugen. Aus meinen Boxen klang dreckiger, schnörkelloser Garage-Punk, der mich spontan an die von mir sehr verehrten ZODIAC KILLERS erinnerte. Dass die Jungs nicht nur musikalisch, sondern auch showtechnisch eines der absoluten Highlights des Jahres sein würden, hatte ich jedoch nicht erwartet…


Zunächst galt es allerdings die Engländer NERVOUS TWITCH zu ertragen, die unspektakulären, poppigen Garage-Rock mit gelegentlichen Surf-Anleihen boten, der als Schlafmittel sicherlich gut geeignet ist, als Live-Act jedoch so Chemicalsaufregend war wie das Blumengießen auf Omas Grab. Da half auch die pinkfarbene Mütze der Sängerin nichts. Nach einer nicht allzu langen Umbau-Pause war es dann soweit und das Quartett aus den USA enterte die Bühne. Gegründet 2009, rekrutiert sich die Band aus Veteranen der Portland-Punk-Szene, darunter ChemicalsMusiker von STRAITJACKET, den TRIGGERS und den SLEEPWALKERS RIP. Allesamt Acts, von denen ich noch nie gehört hatte, aber wenn auch nur eine der Gruppen halb so gut ist wie die CHEMICALS, dann lohnt es sich, die Jungs mal anzuchecken.

Auf dem Podest standen ein mit unzähligen bunten Körperbemalungen ausgestatteter Asi mit Straßenköter-Iro, der auf den Namen Jonny Cat hört und nachfolgend ins Mikro brüllte, ein beleibter Muskelprotz am Bass, der ein Shirt der legendären FUCK-UPs trug, ein durchgeknallter Langhaariger an der Gitarre und ein kahlköpfiger Drummer, Chemicalsder stolz ein Tattoo der ebenfalls aus Portland stammenden Garage-Legende DEAD MOON auf der Brust zur Schau stellte. Bereits vom ersten Akkord an verwandelte sich die Bühne vor meinen Augen in eine wüste Staubwolke, wie ich sie bisher nur aus den „Bugs Bunny“-Cartoons kannte, wenn mehrere Parteien in eine wilde Klopperei verwickelt waren.

Das fünfte Mitglied der Band an diesem Abend war eine Pulle Whiskey, die mehr als einmal die Runde durch die zahlreich erschienenen Gäste machte. Der Fusel schmeckte zwar wie eine Mischung aus Wurstwasser und Club-Cola, trug aber Chemicalsimmens zur Stimmung bei. In den Reihen der Zuschauer fiel mehrmals ein junger Alkoholiker-Azubi auf, der des Öfteren angeheitert auf die Bühne wankte, dort mit den Musikern zu kommunizieren versuchte, aber stets mit dem Kommentar „I don’t speak drunk!“ wieder ins Publikum geschickt wurde.

Derweil feuerten die CHEMICALS eine musikalische Hass-Granate nach der nächsten Richtung Zuhörer ab. Sänger Jonny Cat, auf dessen weißem Arztkittel die Buchstaben G.G. R.I.P. – eine Huldigung an Schweinepapst G.G. Allin – zu lesen waren, mimte dabei den Oberarzt, der, diesen Schluss ließ zumindest die ChemicalsMimik des Mannes zu, offensichtlich bereits selbst zuviel „Chemicals“ genossen hatte. Die Songs waren eingängig, wuchtig und brachial, kaum länger als zwei Minuten und bestachen durch Aussagen wie „Wanna die drinking peppermint schnapps!“, „Chemical Burn“ oder „Get Sick“ – CRAMPS meets DWARVES im raketenbetriebenen Meth-Labor.

ChemicalsLive erinnerte mich das Treiben auf der Bühne stark an die frühen Auftritte der DWARVES, als deren Konzerte lediglich zehn Minuten dauerten und im Anschluss das Publikum bespuckt wurde. Frontmann Jonny war neben dem Singen abwechselnd damit beschäftigt, Bier, Schnaps und Apfelwein in sich reinzuschütten und auf einem kleinen, zerknüllten Zettel, der offensichtlich die Setlist beinhaltete, herauszufinden, welcher Song wohl als nächster gespielt werden würde. Den Zettel hatte er mal hier, mal da stecken und bewahrte ihn einmal sogar hinter dem Ohr auf.

ChemicalsZwischendurch wurde der zuvor schon erwähnte Nachswuchs-Alki mit Bier gefüttert, Ausflüge ins Publikum unternommen und nach mehr Schnaps gebrüllt. Kurzum, es war eine feucht-fröhliche Punk-Rock-Party, die von der Atmosphäre her durchaus an das begnadete SNFU-Konzert erinnerte, das drei Monate zuvor in der Rödelheimer Au stattgefunden hatte. Nicht unerwähnt bleiben sollte außerdem, dass im Anschluss an die Show das Drinkjockey-Team Conni und Daniel noch für Stimmung bis zum Tagesanbruch sorgte. Zumindest hat mir dies mein Schädel am nächsten Morgen so erzählt.

Links: https://myspace.com/thechemicalspdx, http://www.lastfm.de/music/The+Chemicals

Text & Fotos: Marcus

Alle Bilder:

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