Exzess, 15.03.2013
Wer sich mal wieder richtig die Ohren durchpusten lassen wollte, der war am gestrigen Abend im Frankfurter Exzess richtig. Angekündigt als „3fach Hardcore Bombe“, machte das Package seinem Claim alle Ehre. Mit von der Partie waren die beiden niederländischen Bands THE SHINING (Foto links) und CITIZENS PATROL sowie die deutsch-amerikanischen Lokalmatadore SCHEISSE MINNELLI. Und auch wenn alle drei Gruppen unter dem Oberbegriff „Hardcore“ firmierten, so bestach doch jede Band durch ihren ganz eigenen Stil, so dass es sehr abwechslungsreich und kurzweilig zuging.
Als Opener waren eigentlich SCHEISSE MINNELLI vorgesehen, die als Einheimische gern den Gästen die Headliner-Ehre überlassen hätten. Doch leider machte der Arbeitsplan von Drummer Dudel, der bewirkte, dass der Mann hinter der Schießbude erst gegen 23 Uhr auftauchen sollte, diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Insofern lag es an THE SHINING, den Reigen des musikalischen Terrors zu eröffnen.
Die aus Amsterdam stammende Band, die bereits auf zwei Longplayer, diverse Split-Veröffenlichungen (u. a. mit VERBAL ABUSE und SCHEISSE MINNELLI) und eine EP zurückblicken kann, begann mit ihrer furiosen Mischung aus Oldschool-Hardcore und 80s-Thrash-Metal, angesiedelt irgendwo zwischen EXODUS, D.R.I. und BLACK FLAG. Geprägt wurde der Sound durch die teilweise sehr hohen Shouts von Sänger Robert, die mich des öfteren an den leider zu früh verstorbenen ersten EXODUS-Sänger Paul Baloff erinnerten. Robert
machte mich übrigens im späteren Verlauf des Abends mit einer interessanten Theorie vertraut, mit der sich die Klasse einer Band bei Live- Konzerten definieren lässt. Doch dazu später mehr.THE SHINING wüteten wie ein Splitterbombe im Dixi-Klo, nicht nur die Musiker waren ständig in Bewegung, auch das Publikum im gut gefüllten Exzess wurde von den Songs ergriffen und zelebrierte eine chaotische Mischung aus Slamdance, Stagedive-(Versuchen) und Circle Pit-Performance. Der Set bestand zu großen Teilen aus Tracks der aktuellen LP „Rise of the Degenerates“, gegen Ende des Gigs lieferte die Band schließlich noch eine Cover-Version des ACCÜSED-Klassikers „Slow Death“.
Aufgrund der extrem kurzen Songs – zwei Minuten waren schon lang – war der Auftritt leider bald vorbei und THE SHINING räumten das Feld für die nächste Combo. Alles in allem ein furioser Gig des niederländischen Quartetts, das an dieser Stelle jedem Thrash-Metal- Fan ans Herz gelegt sei, dessen Horizont auch über die Big Player des Genres hinausgeht.Kamen beim Opener noch die anwesenden Metal-Freunde auf ihre Kosten – in der Staubwolke vor der Bühne waren gleich mehrere Fans mit SUICIDAL TENDENCIES-Shirts und sogar ein Metalhead mit MÖTLEY CRÜE-Kutte zu erkennen – so lieferte der nächsten Act die Vollbedienung für Hardcore-Anhänger. Nach der Splitterbombe im Dixi-Klo folgte der Tornado in der Telefonzelle: CITIZENS PATROL, ebenfalls aus den Niederlanden und erst seit 2006 aktiv, gehören ohne Zweifel zur Speerspitze der europäischen Hardcore-Bands und untermauerten ihren Ruf mit einer eindrucksvollen Show, bei der Sänger Kenny abging, als ob man ihm einen Zitteraal in die Hose gesteckt hätte.
Mit noch kürzeren Songs als ihre Landmänner, manche gerade mal eine Minute lang, lieferten CITIZENS PATROL ein Hardcore-Brett der alten Schule, das wie eine frische, unverbrauchte und schnellere Version von BLACK FLAG klang und bei dem unüberhörbar Bands wie OUT COLD, VERBAL ABUSE oder ATTITUDE ADJUSTMENT als Inspiration dienten. Das Publikum war hin und weg – und zwar nicht nur in den vorderen Reihen, sondern auch in den hinteren. Und hier lässt sich die eingangs erwähnte Theorie des THE SHINING-Frontmanns Robert anwenden. Die nämlich teilt das Publikum in Reihen ein: Demnach toben in der ersten Reihe die Hardcore-Fans, in der zweiten finden sich Anhänger, die sich
körperlich eher zurückhalten, in der dritten Reihe ist das Publikum, dem die Musik gefällt, das aber die Band nicht kennt, in der vierten Reihe sind Neugierige und in der fünften Leute, die eigentlich ganz andere Musik hören, aber dennoch vom Sound ergriffen werden und fasziniert zuschauen. Und CITIZENS PATROL gehören tatsächlich zu den Gruppen , die ihre Zuhörer sogar bis in die letzte Reihe begeistern. Von diesen Jungs wird man bestimmt noch viel hören…Inzwischen war auch Drummer Dudel eingetroffen, so dass SCHEISSE MINNELLI nun komplett die Bühne entern konnten. Shouter Sam und Gitarrist Mikey waren bereits sichtlich angeschlagen, da bereits seit dem frühem Mittag mit den Holländern gefeiert wurde. Auf dem Podest rissen sich die beiden Amerikaner aber nochmal zusammen und boten zu später Stunde die Highlights ihres bisherigen Schaffens dar. Angepeitscht von der frenetischen Meute – nun trat auch wieder die SUICIDAL-Fraktion vor der Bühne in Aktion – zelebrierten die Frankfurter einen Atomschlag im Müllcontainer und verlangten dem Publikum noch einmal alles ab.
Gespielt wurden Instant-Classics wie „Fighting Reality“, „Street Boozin’“ und „Skateboard the Freeway“, allesamt angesiedelt im SCHEISSE MINNELLI-typischen
Mix aus 80s-Skatepunk, Hardcore und Thrash-Metal. Begleitet von wildem Pogo, Stage Dives und Konfetti-Regen – einer der Anwesenden hatte die im Club ausgelegten Flyer kurzerhand dazu verarbeitet – lieferten die Lokalmatadore den Party-Höhepunkt der Konzertnacht. Dieser sollte übrigens nach der Show noch lange nicht enden, aber das ist eine andere Geschichte…Abschließend bleibt zu vermerken, dass es wohl selten zuvor ein Band-Package gab, das so perfekt zusammenpasste und dem Publikum einen so kurzweiligen und unterhaltsamen Abend bescherte wie den gestrigen. Bis bald, Jungs!
Links: http://www.myspace.com/citizenspatrol, http://www.myspace.com/theshiningtrash, http://scheisseminnelli.com/, http://www.myspace.com/scheisseminnelli
Text & Fotos: Marcus
Clips: aufgenommen am Konzertabend von VodkaViolator
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