Nachtleben, Frankfurt, 5.03.2018
THE CREEPSHOW, ursprünglich aus der Region Ontario/Kanada, waren bereits zweimal in diesem Blog zu Gast (wir berichteten im Juli 2012 und im November 2008). Darüber hinaus waren sie mit ihrer zweiten Sängerin Sarah „Sin“ Blackwood auch im November 2010 und mit der aktuellen Frontfrau Kenda Legaspi (links) im Mai 2017 im Frankfurter Nachtleben zu sehen. Zum mindestens fünften Mal schlug das Quintett also gestern im Keller unter der Konstablerwache auf, diesmal mit einem neuen, „Death At My Door“ betitelten Album, und außerdem mit Änderungen in der Besetzung: Daniel Flamm, der deutsche Gitarrist, der durch SKI’s COUNTRY TRASH bekannter geworden ist und mit Matt Voodoo musizierte (Bericht hier), schreibt nun Songs mit Udo Lindenberg sowie Christina Stürmer und sei, wie CREEPSHOW-Keyboarder The
Reverend McGinty im Interview mit dem Ox angibt, „einer der erfolgreichsten Songwriter in Deutschland“, der deswegen wenig Zeit hat und für den aktuellen Dreher nur noch ein paar Soli beisteuerte.
Erstmals im Nachtleben dabei war Axtschwinger Chuck Coles, der THE CREEPSHOW in den Staaten schon länger zur Seite steht und nun auch anderswo ein offizielles THE CREEPSHOW-Gesicht darstellt. Der Rest scheint noch der gleiche zu sein wie anno 2012, wobei der Drummer, sollte es sich noch um Sandro Sanchioni handeln, weitaus breiter wirkt und dies gerne zur Schau stellt. Vielleicht war das aber jemand anders und die Band hat das bisher noch nicht auf ihrer Facebook-Seite kommuniziert, kommt ja manchmal vor. Die neue Scheibe ist jedenfalls eine absolute Perle, wenn man tanzbaren, punkigen wie hoch energetischen Rock’n’Roll mag, ein Besuch der Show war daher Pflicht.
Dass das Vorprogramm, die mir vorher unbekannten GALLOWS BOUND aus Winchester, Virginia, gegenüber dem Headliner kein Stück abstank, war vorher noch nicht abzusehen. Ein übles Versäumnis wäre es gewesen, dieses über ein paar nette Gespräche mit Kumpels im Café oberhalb der Konzertstätte zu ignorieren. Das Sextett spielt gerade seine erste Euro-Tour und war wohl den wenigsten Anwesenden vertraut. Drei der Künstler trugen Shirts die aussahen wie Metal-Leibchen, eine Formation darauf kannte ich (AMENRA), die anderen nicht. Laut der Bandseite im Netz stammen alle Mitglieder aus der „lokalen Punk-Szene“ und lärmten bei
ihren „lokalen Punk- und Metalbands“, während sie abseits davon die traditionelleren Instrumente wie Banjo und Mandoline in die Hand nahmen und damit weiter zockten. Von den „lokalen Metalbands“ konnte ich nichts online finden, mit den oberflächlich traditionelleren GALLOWS BOUND verarbeiten sie aber die gleiche Energie wie mit einer Starkstrom-Combo, dazu mit unbändiger Lebensfreude, die sich auf
das Publikum übertrug und von diesem gern zur kleinen Bühne zurückgegeben wurde.
Fast eine Stunde Spielzeit gabs vom Opener, der immer ekstatischer agierte und nach dem Gig noch fleißig vom Merchstand mitfeierte, Platten signierte sowie Selfies (mit)machte. Zwei bis drei Lead-Vokalisten wechselten sich ab, während jede/r von ihnen gleichermaßen ein Saiteninstrument bearbeitete. Der Gipfel der Lässigkeit war jedoch Drummer Rob Shultz, der, wahrscheinlich erkältungsbedingt bei der gegenwärtig miesen Witterung, einen Tee schlürfte während er mit dem Rest seiner Extremitäten den Beat hielt. Die zum Verkauf angebotenen LP und EP sind der Knaller, wenn man auf punkigen Bluegrass-Rock steht. Ganz großes Kino war das schon jetzt, bitte als Headliner wiederkommen.
Mein bisher einziger CREEPSHOW-Moment war der 2010 im Nachtleben, Sängerin Kenda Legaspi hatte ich also noch nicht live erleben dürfen. Die singt auf Platte ganz allerliebst, auch die Halbballade „My Soul To Keep“, zum Beispiel. Ist das noch Psychobilly, mögen Puristen da fragen, und die Antwort lautet wahrscheinlich „Nein“, aber was weiß ich schon. „Death At My Door“ ist aber ein fantastisches Rock-Album zwischen Punk-Rock’n’Roll und sicherlich Mainstream, aber gegen den hatte ich noch nie was, wenn er was taugt. Als nach extrem kurzer Umbaupause THE CREEPSHOW die Bühne übernahmen (nicht nur das Schlagzeug, auch der
Kontrabass waren vom Headliner und wurden von GALLOWS BOUND mitbenutzt) wirkten Kenda, Bassist „Sickboy“ (Sean McNab) und Keyboarder The Reverend McGinty (Kristian Rowles) als würden sie nach Hause kommen, während der Drummer und der Gitarrist recht lange, bis zur zweiten Hälfte des Sets, etwas „fremdelten“. Aber vielleicht war es den beiden unangenehmer als dem Rest, ständig von Kameras beobachtet zu werden. Kenda schien das egal zu sein, im Gegenteil: Sie nahm während des gesamten Gigs Kontakt auf zu der ersten Reihe des Publikums, verschwand später sogar komplett darin und spielte ihre Mitmusikanten öfter aus der Gästeschar an.
Das Nachtleben war gut gefüllt, aber längst nicht ausverkauft. Die Stimmung war vorzüglich, Blackwood-Klassiker wie „They All Fall Down“ wurden ebenso kompetent gegeben wie neues Material. THE CREEPSHOW spielten knapp 80 Minuten und nahmen sich danach ebenso Zeit zum „Socializen“ wie ihre Kollegen von GALLOWS BOUND. Während es bei vielen anderen Formationen hoch und runter geht mit der Hallengröße sowie dem Publikumszuspruch, scheint es für THE CREEPSHOW recht stabil zu bleiben. Das kann man schade finden, weil die Combo so klasse ist und es für sie schön wäre, wenn sie mehr reißen
würde. Das hat aber auch etwas Tolles, wenn man sieht, dass es den Akteuren nichts auszumachen scheint, dass sie erfolgsmäßig stagnieren und sie so einen Mörderspaß auf der Bühne verbreiten (und wohl selbst auch haben). Beim nächsten Mal also wieder im Nachtleben? Sehr gerne. Konzert des Jahres bisher.
Links: https://www.gallowsbound.com/, https://www.facebook.com/gallowsboundofficial, https://www.reverbnation.com/gallowsbound, https://gallowsbound.bandcamp.com/, https://www.last.fm/music/Gallows+Bound, https://de-de.facebook.com/TheCreepshowOfficial/, http://www.myspace.com/thecreepshow, http://www.reverbnation.com/thecreepshow, https://thecreepshow.bandcamp.com/, https://www.last.fm/de/music/The+Creepshow
Text, Fotos (15) & Clips: Micha
Fotos (15): Kai
Foto (1): Jamil
Alle Bilder:
Den Konzertbericht zu THE CREEPSHOW vom Juli 2012 findest Du hier.
Den Konzertbericht zu THE CREEPSHOW vom November 2008 findest Du hier.