Nachtleben, 4.08.2012
D.R.I. – das sind drei Buchstaben, die für mich eine besondere Bedeutung haben. Und das nicht nur, weil ich als Jugendlicher selbst ein „Dirty Rotten Imbecile“ war und jede Menge Scheiße gebaut habe, sondern weil mich die Musik der texanischen Thrash/ Crossover-Band bereits in frühen Jahren begeisterte und zudem meine erste Begegnung mit dem Hardcore- und Punk-Genre bedeutete. D.R.I. waren in den frühen Achtzigern eine der ersten Bands, die Thrash-Metal und Hardcore miteinander kombinierten und auf diese Weise Metal-Heads und Hardcore-Punks gleichermaßen zu ihren Konzerten lockten.
Mit der aktuellen Tour feiern die Jungs nun ihr 30-jähriges Bestehen und da es eine gefühlte Ewigkeit her ist, seit die Band sich das letzte Mal in Frankfurt (damals im Keller des Exzess) die Ehre gegeben hatte, versammelten sich bereits
zu früher Stunde einige alte Recken der hiesigen Punk/Hardcore- und Metal-Szene in freudiger Erwartung des bevorstehenden Thrashcore-Infernos vor dem Nachtleben. Zu früher Stunde deshalb, weil nach dem Konzert im Club eine der üblichen Partys stattfinden sollte, so dass die Band bis 22 Uhr ihren Auftritt über die Bühne bringen musste.D.R.I. anno 2012, das sind Gitarrist Spike Cassidy und Sänger Kurt Brecht, beides Gründungsmitglieder, sowie Drummer Rob Rampy und Basser Harry O, die allerdings auch schon seit zehn, beziehungsweise 20 Jahren zur Band gehören. Harry O hat sich außerdem noch als Metal-Fotograf und Co-Autor
der Thrash-Metal-Bibel „Murder in the Front Row“ einen Namen gemacht. Eine neue Scheibe hatte die Band erwartungsgemäß nicht am Start, der letzte Longplayer namens „Full Speed Ahead“ datiert aus dem Jahr 1995 und war ein metallischer Dampfhammer sondergleichen. Doch nicht die Angst, einen gleichwertigen Nachfolger liefern zu müssen, sondern die Darmkrebserkrankung von Spike Cassidy waren der Grund, warum es seit langer Zeit keine neue Veröffentlichung der Texaner mehr gegeben hat. Doch auch so kann die Band auf immerhin sieben Studio-Alben zurückblicken und dementsprechend umfangreich präsentierte sich die Setlist des Abends.Mehr als 40 Songs, wohlgemerkt ohne Zugaben, wurden den Anwesenden um die Ohren gedroschen, wobei dies nicht unbedingt einen Aufschluss über die Länge des Sets liefert, da die Lieder der ersten D.R.I.-Scheiben nur selten die Minutengrenze überschreiten. Dass der Keller des Nachtlebens zu Beginn des Gigs gerade mal zur Hälfte gefüllt war, störte die Band nicht. Die Jungs zeigten sich spielfreudig wie eh und je, scherzten, zogen Grimassen und erfreuten sich am massiven Slamdance der in die Jahre gekommen Fans in der „Thrash Zone“ vor der Bühne.
Ob der Tatsache, dass mittlerweile der Schweiß von der Decke tropfte (der Raum füllte sich zusehends) und sich die meisten Gäste ihrer T-Shirts entledigt hatten, kam man sich zwar ein wenig wie in der Umkleidekabine einer Altherren-Fußballmannschaft vor, aber irgendwie passte das zum ehrlichen Oldschool-Thrash der Amerikaner. Die wuchtige und treibende Mixtur aus Hardcore, Thrash und Metal, die stets vom markanten, punkigen Gesang von Shouter Kurt dominiert wurde, weckte nicht nur in mir Erinnerungen an vergangene Jugendzeiten. Viele Fans bekamen beim dargebotenen Querschnitt durch das gesamte D.R.I.-Repertoire ein ums andere Mal leuchtende Augen.
Angefangen bei Hymnen wie „I Don’t Need Society“ und „Who Am I“, über Klassiker wie „Suit and Tie Guy“, „The Five Year Plan“ und „Syringes in the
Sandbox“, bis hin zum Kult-Song „Violent Pacification“ (als Zugabe) war alles vertreten, wonach das Herz der Anwesenden begehrte. Als kleines Interludium vor der Zugabe gab’s zudem eine Uptempo-Version des Gary Glitter-Evergreens „Rock’n’Roll“.Alles in allem ein gnadenloses Thrash-Fest, das dem Publikum mit einer akustischen Faust die Fresse polierte. Nach gut anderthalb Stunden war der Orkan dann vorüber und die Besucher erschöpft, schweißnass und zufrieden. Bleibt zu hoffen, dass das Quartett bald mal wieder eine neue Scheibe abliefert und sich (getreu des Titels der letzten Scheibe) „Full Speed Ahead“ wieder bei uns blicken lässt.
Links: http://www.dirtyrottenimbeciles.com/home.htm, http://www.myspace.com/dri2
Text: Marcus / Fotos: Kai
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