DEAD COMBO

Das Bett, Frankfurt, 19.05.2016

Dead ComboWer ist die DEAD COMBO? Nun, ich hatte keine Ahnung. Wenn in der Programmbeschreibung jedoch etwas von „Tarantino-Sound“ steht, dann klingt das nicht uninteressant – auch, wenn es diesen Sound eigentlich gar nicht gibt. Quentin Tarantino ist aber einer, der in seinen Filmen regelmäßig großartige Musik einsetzt, neue oder bereits veröffentlichte, die er in einen neuen Kontext stellt. Ich weiß nicht mal, ob die DEAD COMBO jemals in einem seiner Streifen zu hören war. Aber mein Interesse war geweckt. Auch, dass das portugiesische Duo mit dem Blues ihrer Landsleute, dem Fado, assoziiert wird, machte mich neugierig: Davon habe ich zwar genauso wenig Ahnung, hoffte aber auf fachkundige Begleitung einer portugiesischen Kollegin, die Dead Combodiesbezüglich Bescheid weiß. Doch ach, sie lag darnieder – und fand die Band beim Probehören auch gar nicht so ansprechend, und „Fado“ schon mal gar nicht. Eher fad. Na dann.

Während die Eintracht sich im ersten Relegationsspiel um den Klassenerhalt bemühte und ich mein erstes Weizenbier trank, trafen nur Vereinzelte im Frankfurter Club „Das Bett“ ein – ein kleines Grüppchen Portugiesen zum Beispiel. Oder ein Typ mit MANTAR-Shirt. Gut. Wenn der sich hier wohl fühlt, dann taugt das ja wohl was. Später füllte sich der Laden halbwegs ansprechend – also genug, um die Musiker nicht zu Dead Combofrustrieren, aber nicht genug, um den Veranstalter glücklich zu machen. Netterweise wurde (wie so oft in „Das Bett“) ein imaginärer „Fotograben“ frei gelassen, wohl weniger wegen der beiden Fotografen im Haus, sondern eher aus Höflichkeit, Respekt, Scheu oder Wasauchimmer. Ich nutzte das gern wieder komplett aus – ging nach Dead Comborechts, nach links und in die Hocke, soweit das meine Gelenke noch mitmachen. Die (leere) Bierpulle lässig in die Westentasche gesteckt. Ich kam mir vor wie David Hemmings in „Blow Up“, nur dass ich mich nicht um Jane Birkin rekelte, sondern um die DEAD COMBO, die um 20.50 Uhr ihre Show begann. Auf der Bühne stand ein hübscher Altar mit maskierter Barbiepuppe, Totenschädeln und vielen Rosen in der Mitte – daneben die Hocker, auf denen, einander zugewandt, Tó Trips und Pedro V. Gonçalves musizierten. Ersterer den ganzen Abend lang mit Gitarren, letzterer auch mal mit einem Kontrabass oder kleinen Plastiktuten. Oder beidem.

Dead Combo

Die Stimmung war erwartungsvoll. Die Herren, die in ihrer Heimat eine große Nummer sind und fette Hallen füllen, gaben optisch den Leichenbestatter (Trips) und den Mafioso (Gonçalves) und schufen eine leise, leicht fiese Atmosphäre mit Twang-Sound, wie ihn auch GEMMA RAY ab und an fabriziert. Leise und gespannt.

Dead ComboMeine nun zerberstende Bierflasche konnte da durchaus als störend empfunden werden. Anders als bei Punkrock- oder Metalshows, bei denen das kein Schwein gehört und der Mob sich an die Bühne gequetscht hätte statt davor zwei Meter Platz zu lassen, bekam das wirklich jeder mit. Ein toller David Hemmings war ich. Dem fiel keine Pulle aus der Westentasche beim Fotoshooting mit Dead Comboseinem Modell. Zerknirscht und ernüchtert schnappte ich mir Schaufel und Besen und beseitigte den Mist, bevor ich mich nochmal reinkniete beim Ablichten. Die einzigen, die mein blamables Handeln zum Glück komplett ignorierten, waren die Herren Musikanten. Vor dem nächsten Song war dann alles erledigt, eine neue Pulle musste jedoch her. Wollte schließlich beweisen, dass es auch klappen kann, mit mir, der Kamera und dem Glas.

Tó Trips raunte vor jedem Stück mit einer Stimme, die seine Optik sehr gut unterstützte, ins extrem tief gelegte Mikro, wie das nächste Stück hieß und worum es darin in groben Zügen ging. Besonders gut zu verstehen war er Dead Comboallerdings nicht. Fast alle Titel waren portugiesisch, einige wenige auch englisch. „Waits“ beispielsweise, der durchaus mit dem Schaffen von Tom Waits vergleichbar war. Auch „Temptation“ von ihm wurde gecovert. Das Duo spielte eine Menge von der aktuellen LP „A Bunch of Meninos“, kein Lied erschien länger als vier Minuten, was die Größe der Setlist mit 22 Stücken erklärte.

Die Musik der DEAD COMBO wirkt unspektakulär, schafft aber eine abgehangene Noir- Stimmung, die wunderbar nach Hinterhöfen riecht und nach prallem Leben im Verborgenen. „Das Bett“-Boss Frank Diedrich hatte schon recht, wenn er, wie nach dem Konzert geschehen, den Sound als „dunkler als die ganzen Gothbands“ erlebte, die in seinem Club so zahlreich vertreten sind.

Dead ComboNach knapp 90 Minuten erhob Gonçalves das Wort – ihm geht das Englische weit leichter von den Lippen – bedankte sich und kündigte als Zugabe „a couple of songs“ an. Schaute nachdenklich, und bekräftigte dann: „A couple“. Also ein Paar, nicht ein paar Songs. Zwei Stück. Wie es auf der Setlist stand. Die waren dann vom zweiten Album (betourt wurde aktuell das neunte), also vielleicht so etwas wie die Hits des Duos. Merkte hier wahrscheinlich eh keiner. Allerdings ging, glaube ich, auch niemand unbeeindruckt nach Hause. Vielleicht nicht geflasht und euphorisiert wie ich zum Beispiel nach einem MANTAR-Konzert. Aber beeindruckt. Und das ist doch auch schon was. Darauf noch ein Weizenbier.

Links: http://deadcombo.net, https://www.facebook.com/deadcombo, https://soundcloud.com/dead-combo, http://www.last.fm/music/Dead+Combo

Text, Fotos & Clips: Micha

Alle Bilder:

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