DEAD ELVIS & HIS ONE MAN GRAVE

Knabenschule Darmstadt, 29.09.2012

Im Entertainment-Bereich hatten die Niederlande schon immer viel zu bieten, ihre TV-Moderatoren haben die meisten von uns durch Kindheit und Jugend begleitet. Musikalisch schwappt allerdings recht selten etwas vom nordwestlichen Nachbarn zu uns herüber. Einen Export haben die Holländer jedoch, der nicht nur in deutschen Underground-Clubs für tüchtig Furore sorgt: DEAD ELVIS & HIS ONE MAN GRAVE. Dieser spielte am gestrigen Abend als Hauptact in der Bessunger Knabenschule, nachdem THE FABULOUS GO-GO BOY FROM ALABAMA (Bericht) das Publikum im gut gefüllten Keller bestens angeheizt hatte.

Nach einem bedeutungsschwangeren Intro aus der Konserve bahnte sich DEAD ELVIS, von seinen Fans mit reichlich Vorschusslorbeeren in Form von Applaus ausgestattet, den Weg auf die Bühne: die Reinkarnation des Kings, frisch auferstanden aus seinem ONE MAN GRAVE. Das Outfit stilecht: weißer Overall, verziert mit silbernen und roten Sternchen, Blümchen und Kügelchen. Der Reißverschluss aufgezogen bis fast auf Bauchnabelhöhe, über dem Brusttoupet (sah nach Echthaar aus) baumelte eine Kette mit Totenkopf-Anhänger. Um die Hüfte trug er ein ebenfalls mit Strasssteinchen bestücktes Band, in dessen Mitte gleichsam das Symbol eines Totenschädels prangte. Auf dem Kopf sein Markenzeichen: Die nach fortgeschrittenem Zustand der Verwesung aussehende, graugrüne Gummimaske mit Elvis-Locke und Koteletten sowie fies angegammelt aussehenden Zähnen. Nicht eben hübsch, das Teil, aber der Kultfaktor – unbezahlbar…

Nachdem er mit seiner Gitarre den Platz vor der johlenden Meute eingenommen hatte, folgten, angefangen mit „Graveyard Hop“, ein knappes Dutzend Songs herrlichen Rockabilly-Blues-Punk-Trashs; Highlights

des Programms waren für mich außerdem „Longgone Dead & Done“, „Monster Under Your Bed“ und „Shake!“. Die meisten der Stücke (siehe Setlist weiter unten) sind auf der 2009-er LP „Dig ‚Em Up!“ zu finden, deren Erstauflage von nur 400 Stück aber natürlich inzwischen längst vergriffen und dementsprechend teuer in der Anschaffung ist.

Interaktion mit dem Publikum fand in Form von launigen Ansagen, Ausrufen („Everybody should smoke more marihuana!“) und Fragen an die Besucher statt. Gern ließ sich DEAD ELVIS auch vor einem Song ein Bier von den Umstehenden reichen („The dead man needs a beer!“). Der Zuhörer nahm wohl an, dass DE nur einen

Schluck nehmen würde, doch er war im Irrtum: Angefeuert von den Gästen trank er es gleich auf ex (siehe unseren Clip weiter unten). Der Gönner wurde indes vom Tresenteam sofort durch eine neue Flasche entschädigt. Nach dem Stück war das nächste Bier fällig, diesmal direkt von der Bar gereicht. Natürlich ebenfalls auf ex… Der Mann mit der skurrilen Maske ist eben ein echtes Party Animal (oder besser „Feierbiest“, wie ein anderer bekannter Landsmann von ihm einmal sagte), und dementsprechend voller Bier- und Schweißflecken sah sein anfangs noch recht manierlich dahergekommenes Gewand zu später Stunde auch aus.

Nach der Show entledigte sich DEAD ELVIS backstage seines Kostüms und mischte sich draußen im Hof der Knabenschule inkognito unter das rauchende Volk. Doch die „Tarnung“ mit unauffälligen Ausgehklamotten flog auf – wir erkannten ihn an den weißen Chucks, mit denen er auf der Bühne war und die an diesem Abend niemand anders trug. Von uns angesprochen, entpuppte er sich als überaus netter Gesprächspartner. Er erzählte unter anderem, dass die geplante Split-EP mit dem GO-GO BOY zur Tour „Frantic Over the Atlantic“, die ich auf dem Merchtisch vermisst hatte, leider nicht rechtzeitig fertig geworden sei. Schade für alle Fans – und für ihn, denn die Scheibe wäre sicherlich weggegangen wie geschnitten Brot.

Später holte er für uns im Hinterzimmer noch einmal seine Maske aus dem Koffer hervor. Diese hat er eigenen Angaben zufolge mal in Los Angeles gekauft, und er besitzt nur dieses eine Exemplar. Wollen wir hoffen, dass sie noch lange hält –

ein Blick auf die Innenseite zeigte, dass die zahlreichen, oft exzessiven Auftritte schon einige Spuren im poröser werdenden Gummi hinterlassen haben. Etwa zwei Dutzend runde Fahrradflicken sorgen inzwischen dafür, dass das gute Stück nicht auseinanderfällt. Dann nahm er sich noch Zeit für ein paar Erinnerungsfotos – aber nur mit Maske. Ohne wollte sich DE nicht ablichten lassen, denn seine Anonymität in der „Öffentlichkeit“ möchte er gern weiterhin gewahrt wissen.

Wie ich auf der Veranstalter-Homepage las, waren die beiden vergangenen Auftritte von DEAD ELVIS in der Knabenschule ausverkauft gewesen, auch gestern war der Keller wieder gut gefüllt. Von vorn konnte man dem Treiben

natürlich perfekt zusehen, in den hinteren Reihen dürfte man allerdings von dem Entertainer, der ja die meiste Zeit über saß, kaum etwas erspäht haben. Deshalb wäre es eine Überlegung wert, ob man künftig die sitzenden Künstler einfach auf ein noch höheres Podest platziert – zwei Drittel der Zuschauer würden dies gewiss zu schätzen wissen.

Ein Freund von mir, der an diesem Abend lieber dem Auftritt der MEATMEN in Bingen den Vorzug gab, begründete dies damit, dass DEAD ELVIS ja schließlich jedes Jahr in unseren Breiten zu sehen sei. Nun, wenn das so ist, habe ich ab jetzt ein jährliches Date.

Die originell gemachte „Official Website of the King of Onemanband Zombie Rock & Roll“ findet ihr unter http://www.hisonemangrave.com/main.htm, auf http://www.myspace.com/onemangrave könnt ihr einigen der abgefahrenen Songs lauschen.

Setlist (ohne Gewähr): Graveyard Hop – Deadest Girl in Town – Longgone Dead and Done – Cold Heart of Mine – Fifty Gallon Drum – Monster Under Your Bed – Me & My Baby – Shot My Woman – Shake! – She Said

Text, Clip & Fotos (8): Stefan / Fotos (9): Kai

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