THE DWARVES

Nachtleben, 9.07.2008

DwarvesEs gibt nicht wenige Bands im Punkrock-Genre, die polarisieren. Und das aus den unterschiedlichsten Gründen. Eine davon ist die US-amerikanische Formation THE DWARVES. Sicherlich werden wir die Combo um Sänger Blag Dahlia und den Gitarristen namens Hewhocannotbenamed (rechts) in Frankfurt niemals in der Au oder dem Exzess sehen, denn eines sind sie keinesfalls: Auch nur im Ansatz p.c.. Dies wird schon auf den ersten Blick, den man auf die Plattencover der vor mehr als zwanzig Jahren in Chicago gegründeten Truppe wirft, deutlich. Hier herrscht Sexismus pur: Mit Blut bespritzte nackte Frauen („Blood, Guts & Pussy“), eingeschäumte nackte Frauen („Come Clean“), maskierte nackte Frauen („The Dwarves are Young and Good Looking“), nackte Frauen vor gekreuzigtem Zwerg („The Dwarves Must Die“), usw. Das Logo zieren zwei hinter einem Totenkopf gekreuzte Penisse. Nun ja.

DwarvesAber derlei Provokationen sollen nicht Gegenstand dieser Rezension werden, auch nicht das Gebaren der DWARVES-Mitglieder, um die sich manche Legende rankt. So soll – keine Ahnung, ob’s stimmt, aber vorstellen könnte ich’s mir – zum Beispiel Sänger Blag mal nach einer Show im Rausch von Irgendwas der Freundin von Köfte de Ville (MAD SIN) volle Lotte ins Bein gebissen haben. Und Köfte möchte man ja nicht unbedingt zum Feind haben. Vorbei sind auch die Zeiten, als Konzerten der DWARVES aufgrund von Prügeleien im Publikum (mit und ohne den Musikern) schon nach wenigen Minuten ein chaotisches Ende beschieden war. Szenen davon kann man auf den veröffentlichten DVDs der Band finden. Die Jungs sind älter (aber nicht weniger wild) geworden, akzeptieren Verträge und man kann sich inzwischen darauf verlassen, einen Auftritt mitzuerleben, der mal mindestens 45 Minuten dauert.

DwarvesIm August 2007 waren Fotograf Kai und ich noch nach Düsseldorf gereist, um die Truppe im „Stone im Ratinger Hof“ zu sehen, da das Rhein/Main-Gebiet damals nicht auf dem Tourplan stand. Und gestern fand sich die Formation, die sich gern völlig unbescheiden als „ The greatest rock and roll band in the world “ bezeichnet, nun bei uns um die Ecke im Nachtleben an der Konstablerwache ein. Doch der erste Aufreger folgte sogleich: Hewhocannotbenamed, der sich normalerweise bis auf Maske, Schuhe und DwarvesStrümpfe ganz unbekleidet auf der Bühne präsentiert und dies vor Jahresfrist beim Gig in NRW auch getan hatte, war eine lederne Bekleidung fürs Gemächt verpasst worden. Ist Frankfurt etwa prüder als Düsseldorf? Gab es Auflagen seitens des Clubs oder Veranstalters? Kann das sein und darf das sein? Leider konnte diese Frage nicht abschließend geklärt werden.

Nackig gemacht, allerdings nur obenrum, hatten sich im vergangenen Jahr auch zahlreiche der im proppenvollen Stone im Pit vor sich hinschwitzenden Fans. Heuer in Frankfurt eher Fehlanzeige. Es wurde zwar auch getanzt, aber von der Dwarvesaufgeladenen, aggressiven, Testosteron- geschwängerten Atmosphäre in D-Dorf war das ein gutes Stück entfernt. Schade, zumal die DWARVES das Beste der zuletzt veröffentlichten Alben rausließen. Und gerade der noch „aktuelle“ (aber auch schon drei Jahre alte) Langspieler „The Dwarves Must Die“ weist mit vielen tollen Songs zwischen Bubblegum-Punk („Salt Lake City“, „Relentless“), High-Speed-Punk Dwarves(„Dominator“, „Downey Junior“), Punk mit HipHop-Elementen („Demented“, „Massacre“) und den Killer-Tracks „Fefu“ und „Christ on a Mic“ ein im Gegensatz zu frühen Scheiben der Band wie „Blood, Guts & Pussy“ außerordentlich melodiöses, erstaunlich abwechslungsreiches und gut tanzbares Material auf.

Die Show passte auch: Blag, wie immer mit schwarzen Handschuhen ausgestattet, verdiente sich auf dem Podest durch stetes Hin- und Herrennen Dwarvessein Kilometergeld. Hewhocannotbenamed erging sich, sein Instrument am CBGB-Gurt, in Tennissocken und Springerstiefeln in allerlei Posen und die übrige Besetzung gab sowohl stetig Gas als auch den beiden Hauptprotagonisten genügend Raum. Insgesamt war es ein gutes Konzert voller Energie, das lediglich daran krankte, dass der Club in den vorderen Reihen doch ein bisschen zu spärlich besetzt war. Frontmann Blag hatte nach der Show zwar ziemlich schlechte Laune (nicht wegen der Publikumsresonanz, es ging um irgendwas Finanzielles) und fluchte wie ein Rohrspatz, signierte aber trotzdem ganz brav, was ich ihm unter die Nase hielt. Gut so. Und allemal besser als ein Biss ins Bein.

Links: http://www.thedwarves.com/, https://www.facebook.com/The-Dwarves/, https://myspace.com/thedwarves, https://thedwarves.bandcamp.com/music, http://www.last.fm/music/Dwarves

Text: Stefan / Fotos: Kai
Clip: am Konzertabend aufgenommen von darknessdreamings

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