ENTHRONED, SCHAMMASCH, CARONTE

MS Connexion Complex, Mannheim, 10.01.2020

EnthronedSaisonstart. Endlich. Vier konzertlose Wochen liegen hinter mir, musikalisch dominiert von den unvermeidlich saisonal auftrumpfenden Klängen von WHAM, Mariah Carey oder gar Bing Crosby. Geht ja in Maßen – schön aber auch, wenns vorbei ist. Den perfekten Start um die Restbesinnlichkeit rauszuprügeln lieferte das Package mit ENTHRONED (links), SCHAMMASCH und CARONTE im Mannheimer MS Connexion Complex, der ehemaligen Alten Seilerei, die sich in den letzten Jahren zur Topadresse gemausert hat, wenn es um extreme bis traditionelle Metal- sowie um dunkle Gothic-Klänge geht. Und die von der Insolvenz bedroht ist (mehr hier). Den Weg in die zum Complex gehörende Kolbenhalle fanden genug Leute, um ordentlich Stimmung zu machen – ein Teil des Saales war jedoch abgehängt, bzw. durch Gitter abgesperrt. Wie eigentlich meistens, wenn nicht gerade MAYHEM gastieren. Der nadelöhrige Weg zwischen Innen- und Außentheke sowie der Besuch der desaströsen WCs war problemlos passierbar. Die Hoffnung, dass an den sanitären Anlagen in Zukunft was verbessert wird, schwindet bei den schlechten Neuigkeiten – inzwischen läuft auch kaum noch Wasser aus dem Hahn des Männer-Klos. Seife gilt als verzichtbar. Ist halt was für Poser, am End‘.

Auf die hat Gianmarco Rossi aka Asher aka Kyoo Nam zweiter Gitarrist der Opener CARONTE sowie Schlagzeuger von WHISKEY RITUAL (zusammen mit CARONTE-Sänger Dorian Bones), den Depri-Metallern FORGOTTEN TOMB sowie (anscheinend ehemalig) der kultigen Dark Wave-CaronteCombo KIRLIAN CAMERA laut Legacy-Interview gar keinen Bock: „Der (WHISKEY RITUAL-) Track richtet sich gegen (…) Hipster, Poser und all diesen Scheiß.“ Glück gehabt, dass CARONTE auf der Bühne standen. Der Fünfer aus Parma/Italien bildete fast einen bodenständigen Kontrast zum zweiten Act der Veranstaltung. Den Titelsong des aktuellen, vierten Longplayers „Wolves Of Thelema“ als Club-Emblem auf die Weste genagelt (könnte in einigen Gegenden problematisch Carontewerden, friendly reminder) und dadurch Gang-Spirit generierend – gleichermaßen jedoch dem von ein paar Kerzen erleuchteten Altärchen huldigend wurde hier der schmale Grat zwischen Rock-Show und Ritual zelebriert; mit teilweise doomig angehauchten, fettem Hardrock-Sound, der ziemlichen Spaß machte und für erste Bewegung im Pit sorgte. Spaß hatten auch CARONTE – den Rest des Abends zog es die Horde selber zum Feiern ins Auditorium. Ein 45 Minuten langer, guter Start in mein Konzertjahr 2020.

SCHAMMASCH aus Basel standen als nächstes an, für einige (darunter auch mich) der Hauptgrund des Kommens und damit der eigentliche Headliner. „SCHAMMASCH sind anders“ definierte Mandy Malon vom Rock Hard treffend. Klanglich wie spirituell. Wobei ich von Letzterem, wie meistens beim Schammaschphilosophischen Überbau herausragender Black Metal-Künstler, überhaupt keinen Plan habe. Reflexionen über das Leben nach dem Tode, Numerologie, göttliche Inspiration… Wenn es so kreativ macht, dann taugt das ja anscheinend alles. Mir ist das komplett egal vom Kopf her – spürbar ist jedoch die Inspiration, sei sie göttlich oder nicht.

SCHAMMASCH entwickeln sich seit ihrer Gründung 2009 zu Solitären im stilistisch längst nicht mehr ausreichenden Black Metal und haben ihren Ritterschlag als Roadburn-Band längst hinter sich. Ihr aktuelles Album „Hearts Of No Light“ hätte mit in die Bestenliste 2019 gehört, doch zu langsam fräste sich das Werk in meine SchammaschGehirnwindungen um nachhaltig dort zu bleiben. Musikalische Bausteine aus Hardrock, Ambient, Vaudeville oder Flamenco – live blieben sie zumeist außen vor, leider, von der THE DEVIL’s BLOOD-Verbeugung „A Paradigm Of Beauty“ mal abgesehen, welche mit drei weiteren Stücken dieses Werks den Nucleus der einstündigen Performance bildete. Zusammen mit zwei des Vorgängers „Triangle“ von 2016 sowie zwei der halbstündigen EP von 2017.

SchammaschDrei Gitarren (eine davon siebensaitig), Gewandung und Bemalung zur Unterstreichung des abwesenden Lichtes (vermute ich) sowie eine dynamische Klangwand sorgten für ein beeindruckendes Klangerlebnis, das sich ziemlich vom Geboller vorher und (Achtung, Spoiler:) nachher abhob. Absolut entzückend wie headlinerwürdig. Dass sie es letztendlich nicht waren kann ich mir nur damit erklären, dass ENTHRONED am Ende die Bollerklammer feierkompatibler schlossen und gerade an einem Freitagabend ein Metal-Konzert Party verspricht. Würde ich aber liebend gerne mal abendfüllend erleben.

Die Belgier ENTHRONED schließlich schienen sogar Verehrer aus ihrem Heimatland angezogen zu haben – zumindest erweckte die flaggenschwingende Crew aus der erste Reihe stark diesen Eindruck. Die seit 1993 existierende Formation kommt seit 2006 ohne Originalmitglied aus. 25 (Ex-)Mitglieder listet Metal Archives auf, fünf sind es noch gegenwärtig. EnthronedSprach- wie Röchelrohr Nornagest unterstützt seit 1995, ehemals als Gitarrist und Keyboarder, inzwischen als Leadsänger. Einen Altar wie bei CARONTE gab es nicht, gesegnet wurde das Publikum trotzdem. Trotz der inzwischen ubiqitär auftretenden Roben und rausgekotztem Satanismus ging es zum Abschluss des Events eine Stunde lang relativ nebelfrei wie aggro zur Sache, mit einer Setlist, die immerhin bis 2007 zurückreichte. Dabei aber, eventuell störend für Puristen, sehr rock’n’rollig und nur aufgemalt evil – im Gegenteil, die Akteure wie Nornagest oder Bassist Norgaath schienen richtig Spaß zu haben unter ihrer Kriegsbemalung. Spaßig wars auch – ebenso im Sinne von nicht weiter tiefschürfend oder beeindruckend. Hat ja durchaus was, vor allem an einem EnthronedFreitagabend. Aber SCHAMMASCH: Das war so richtig geil und beschäftigt noch weit über das gestrige Konzert hinaus. Ich hoffe man sieht sich schon recht bald wieder.

Links: https://www.facebook.com/ferociailluminata, https://carontevanrecords.bandcamp.com/, https://www.last.fm/de/music/Caronte, http://schammasch.com/, https://www.facebook.com/schammasch, https://schammasch.bandcamp.com/, https://soundcloud.com/schammasch, https://www.last.fm/de/music/Schammasch, https://www.facebook.com/Frater.Silurian, https://enthroned.bandcamp.com/, https://www.last.fm/de/music/Enthroned

Text & Fotos: Micha

Alle Bilder:

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