Bad Nauheim, 17.08.2024
Einmal im Jahr steht eine hessische Kleinstadt kopf. Ein ganzes Wochenende lang. Stets Mitte August findet in Bad Nauheim das European Elvis Festival statt, gehuldigt wird „The King“ Elvis Aaron Presley, der am 16. August vor nunmehr 47 Jahren starb. Warum das Europäische Elvis Festival ausgerechnet in der Wetterau quasi bei uns um die Ecke, rund 30 Kilometer nördlich von Frankfurt, veranstaltet wird? Das ist einfach zu beantworten: Außerhalb der Vereinigten Staaten hat der berühmte Sänger und Schauspieler nur an einem Ort gelebt: in der Kurstadt Bad Nauheim, für knapp eineinhalb Jahre, von Oktober 1958 bis März 1960. Der Grund dafür war seine Einberufung zum US-amerikanischen Militär; seinen Wehrdienst leistete Elvis in den Ray Barracks im nahe gelegenen Friedberg ab.
Natürlich kann Bad Nauheim nicht viel dafür, dass der Star mit seiner Entourage ausgerechnet dort seine Zelte aufschlug, aber mächtig stolz ist man in dem 33.000-Einwohner-Städtchen trotzdem. Zu Recht. Viele Geschichten
Elvis-Doppelgänger neben Cadillac mit Las Vegas-Airbrush im Platanenhof
spielten sich seinerzeit ab, als die Anwesenheit von Elvis vor allem die jüngere Bevölkerungsschicht einer ganzen Region elektrisierte und der älteren Generation Schweißperlen auf die Stirn trieb. Zahlreiche Fakten und Anekdoten von damals werden in den monatlich stattfindenden Führungen erzählt, die vom Bad Nauheimer Stadtmarketing angeboten und (als ich sie vor einigen Monaten besuchte) von einem Vertreter des Elvis Presley Verein e.V. Bad Nauheim-Friedberg durchgeführt wurde. All diese Geschichten sollen in diesem Post aber nicht erzählt werden. Ebenso wenig die Lebensgeschichte von Elvis Presley, die Ihr überall im Internet oder in
Elvis-Bronzestatue auf der Brücke über den Fluss Usa, zur Festivalzeit mit frischem Blumenstrauß
der einschlägigen Literatur nachlesen könnt. Ziel soll es vielmehr sein, die auf dem Festival herrschende Atmosphäre einen Tag lang aufzusaugen und die gesammelten Eindrücke anhand von einigen fotografischen Impressionen zu dokumentieren. Im Folgenden findet Ihr mehrere sogenannte „Slideshows“, deren Bilder alle drei Sekunden wechseln. Ihr könnt das Tempo durch Klicken auf die Pausen- oder Pfeiltasten aber auch selbst bestimmen. Die Fotos im Text lassen sich durch Anklicken vergrößern.
Um die Organisation des Festivals kümmert sich neben der Stadt Bad Nauheim der größte deutsche Elvis-Fanclub, die Elvis Presley Gesellschaft e.V. mit Sitz in Bonn. Die Veranstaltung wurde 2002 aus der Taufe gehoben und fand in diesem Jahr als Hommage an den „King of Rock‘n Roll“ bereits zum 22. Mal statt. Der Eintritt ist mit 10 Euro für ein Tagesticket (Freitag 8 Euro; Kombiticket für alle drei Tage 28 Euro) absolut erschwinglich. Wer möchte, kann sich damit den ganzen Tag im Festivalzentrum, dem
Sänger Kay Jay in Action
weitläufigen Gelände des Hotels Dolce By Wyndham neben dem Kurpark, sowie an verschiedenen Punkten im Stadtgebiet mit Elvis beschäftigen. Die Abend-Konzerte, Talkshows und Autogrammstunden mit Prominenten aus den USA kosten allerdings extra.
Was also bot das Programm für die Tagesticket-Inhaber am Festival-Samstag? Neben den musikalischen Darbietungen, in denen sieben Cover-Bands, Duos und Solisten auf zwei Open Air-Bühnen Elvis-Songs im Rahmen eines „Music Contest“ um die Gunst des Publikums wetteiferten, stand die Oldtimer-Parade „Classic Cars on Tour“ im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses.
Daneben lockte in den Sälen des Hotels eine Ausstellung mit seltenen Exponaten die Fans an. Sowohl im Innen- als auch im Außenbereich konnten die Besucher außerdem an zahlreichen Ständen vorbei flanieren, an denen Waren wie Kaffeetassen, Flaschenöffner, Wackelfiguren, lebensgroße Aufsteller und Elvis-spezifische Kleidung zum Kauf angeboten wurden. Es gibt vermutlich (fast) nichts, das heutzutage nicht mit einem Elvis-Motiv bedruckt
Elvis-Tassen zum Verkauf auf dem Fanmarkt
ist. Sammler von Schallplatten, CDs, Büchern und Plakaten konnten zwischen unzähligen, zum Teil sehr raren Exemplaren, wählen. Der heilige Gral sind natürlich die Original-Autogramme. Für diese wurden, je nach signiertem Gegenstand und Erhaltungszustand, Preise zwischen niedrig dreistellig bis hoch vierstellig aufgerufen.
Ein amerikanischer Händler hatte neben verschiedenen anderen Basecaps auch rote Schirmmützen mit dem Trump- und dem MAGA-Schriftzug in seiner Auslage. Muss nicht sein, bei einer musikalischen Fan-Veranstaltung mit Artikeln mit politischem Bezug ein paar schnelle Kröten machen zu wollen. Finde ich jedenfalls. Immerhin sah ich weder Käufer noch dass jemand mit einer solchen Mütze auf dem Gelände herumgelaufen wäre. Angesagt waren Shirts und
Elvis-Konterfei auf Oberhemd
Hemden mit bunten Elvis-Motiven bei den Herren; viele der Damen trugen ihre schönsten Sechziger- und Siebziger-Jahre-Kleider. Auch Tattoos waren allgegenwärtig, manche Devotees hatten sich das Porträt von Elvis oder dessen Unterschrift für immer unter die Haut stechen lassen. Einige gebuchte Elvis-Lookalikes in weißen Overalls mit farbigen Kunstperlen hatten sich unter die Gästeschar gemischt. Mit diesen ließen sich insbesondere die weiblichen Fans fürs heimische Fotoalbum gerne ablichten. Einige Besucher kamen
Elvis-Porträt und Unterschrift als Tätowierung
ebenfalls in (zum Teil selbst gebastelten) Jumpsuits, aufgeklebte schwarze Koteletten an den Wangen inklusive. Amüsant. Auch für das leibliche Wohl war gesorgt: Das Publikum labte sich an frisch gegrillten Bratwürsten sowie Burgern und (auf Wunsch veganen) Wraps. Möglicherweise stand außerdem die Hotelgastronomie zur Verfügung, das vermag ich nicht zu sagen.
Ganz sicher sagen kann ich hingegen, dass die Veranstaltung sowohl jüngeren als auch den älteren (okay, das waren ein paar mehr) Festivalbesuchern viel Vergnügen bereitete. Elvis ist für alle da, generationsübergreifend. Denn den „King“ und seine Musik mag doch eigentlich jeder. Insofern dürfte auch das T-Shirt mit der Aufschrift „Wir sind Elvis!“, das man am Stand der Elvis Presley Gesellschaft für kleines Geld erwerben konnte, sicher
Cadillac bei „Classic Car“-Parade
nicht zum Ladenhüter geworden sein. Auch in der Innenstadt von Bad Nauheim, abseits des Festivalzentrums, wurde Elvis gefeiert. Man konnte sich beim Friseur einen Elvis-Haarschnitt anfertigen lassen (das allerdings das ganze Jahr über), in den Kneipen liefen Lieder des King und so mancher Alleinunterhalter ließ sich in den Fußgängerzonen und an für Elvis wichtigen Orten im Stadtgebiet sehen. Und als wir auf dem Rückweg zum
Ein Elvis-Lookalike grüßt bei der Parade
Bahnhof einen Einkaufskiosk betraten, um für die Fahrt noch einen Softdrink zu erstehen, ertönte dort ebenfalls Elvis-Musik und die Verkäuferin stand in dem sonst menschenleeren, kleinen Laden und – tanzte. Ganz für sich selbst. Allein diese kurze Szene sagte eigentlich alles über den Stellenwert von Elvis in der Stadt und die Atmosphäre des gesamten Festival-Wochenendes aus.
In der medialen Berichterstattung im Vorfeld des diesjährigen Festivals las ich, dass das „europäische Mekka aller Elvis-Fans“ auch von vielen Stammgästen frequentiert wird, die zum Teil aus ganz Europa anreisen. Und tatsächlich hörte man im Stimmengewirr der Besucher immer mal internationale Töne heraus; die Kennzeichen der Autos auf den umliegenden Parkplätzen zeigte deren
Zuschauer im Partnerlook bei einem Konzert
Herkunft aus vielen Teilen Deutschlands und der benachbarten Länder. Mein Anreiseweg hält sich in Grenzen, und nicht nur deshalb kann ich mir vorstellen, bei der 23. Ausgabe des Festivals im August 2025 wieder dabei zu sein. Dann, wenn ein kleines Städtchen in der Wetterau von Freitag bis Sonntag wieder kopfsteht.
Links: https://www.bad-nauheim.de/festivals/european-elvis-festival, https://www.epg-ev.de/european-elvis-festival, https://www.facebook.com/groups/european-elvis-festival/, https://www.facebook.com/epgev/, https://www.elvis-presley-verein-bad-nauheim-friedberg.de/
Text & Fotos (30): Stefan
Fotos (30): Kai