Knabenschule, Darmstadt, 5.10.2013
Wenn MUDHONEY und NIRVANA den Song einer recht unbekannten Hardcore- Punk-Combo covern, dann muss an dieser schon etwas dran sein. Das Lied heißt „The Money Will Roll Right In“ und die Rede ist von FANG. Und es ist nicht der einzige Klasse-Song dieser Band, die ich eigentlich gar nicht mehr unter den Lebenden gewähnt hatte. FANG wurde 1980 im kalifornischen Berkeley gegründet und lieferte 1982 und 83 mit „Landshark“ und „Where The Wild Things Are“ zwei begnadete Scheiben ab, die in die Plattensammlung eines jeden gehören, der sich für Punk interessiert. Doch in den folgenden Jahren forderte der Drogenkonsum der Musiker seinen Tribut. Die Alben wurden schwächer, Bandmitglieder blieben auf der Strecke, alles wurde exzessiver, chaotischer und gewalttätiger, bis 1989 die Freundin von Sänger Sam McBride (Fotos links und oben) im Drogenrausch ums Leben kam. Der Frontmann, wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, wanderte für sechs Jahre nach San Quentin. FANG waren Geschichte.
Dass McBride nach abgesessener Haftstrafe die Band 1995 reformierte und inzwischen weitere vier Alben aufgenommen hat, hatte ich nicht mitbekommen. Und so war ich sehr verwundert, als es hieß, dass FANG auf Tour kommen sollten. Das wollte ich erst glauben, wenn ich die Jungs auf der Bühne stehen sehen würde. Meine Zweifel wurden bereits eine Woche vor dem gestrigen Gig in der Bessunger Knabenschule beseitigt, als FANG im Rahmen einer Hausparty in Frankfurt einige Songs zum Besten gaben. Bereits dieser Auftritt ließ erahnen, dass sie nichts von ihrer Wut und ihrer Angepisstheit verloren haben. Umso mehr freute ich mich auf den Gig im kleinen Keller in Darmstadt.
Als Support der Amerikaner waren die GASOLINERS aus Dortmund angereist, deren Ziel es zu sein scheint, mit jeder Band, die einen berüchtigten Ruf hat, gemeinsam auf dem Podest gestanden zu haben. Ob MURDER JUNKIES, HOOKERS, BULEMICS (Bericht hier) oder eben FANG, die GASOLINERS sind immer dann zur Stelle, wenn’s laut, hart und dreckig wird. Hervorgegangen aus der Scum-Punk-Formation NOTHING BUT PUKE treiben die Westfalen bereits seit 2004 ihr Unwesen und blicken immerhin auf vier Longplayer zurück.
Live erwischt einen die Band wie eine außer Kontrolle geratene Dampfwalze, die mit treibendem Punk’n’Roll betrieben wird. Dominiert vom mächtigen Organ des Sängers Sikko (rechts) klingt das Ganze wie die eine Mischung aus ROSE TATTOO, ANTISEEN und BONECRUSHER. Zur Auflockerung gab’s unter anderem mit „Strutter“ von KISS und mit „People Like You“ von ANTISEEN Cover-Songs, die sich sehr gut in die Setlist des Quartetts einfügten. Ein starker Gig, der ruhig etwas länger hätte sein dürfen und ein Opener, der musikalisch hervorragend zu dem passte, was nun folgte.
Von FANG anno 2013 ist lediglich noch Sänger und Songwriter Sam McBride übrig, der drei junge, wilde Musiker um sich geschart hat. Seit seiner Entlassung aus San Quentin nennt er sich ‚Sammytown‘ und hat seither weder Alkohol noch Drogen angerührt. Und dies machte sich auf der Bühne bemerkbar, denn der knapp 50-Jährige strotzte nur so vor Energie und wirkte wie ein angepisster Jugendlicher, der das dringende Bedürfnis hat, seine Wut laut heraus zu schreien. Dies wurde bereits nach den ersten Songs des Sets deutlich; Sammytown singt seine Tracks nicht einfach nur, er lebt sie. Gut zu sehen ist dies in unserem Clip zu „Here Come The Cops“ (weiter unten), in dem er seiner Aversion gegen die Polizei Luft verschafft.
Dass FANG nie Kinder von Traurigkeit waren, beweist nicht nur die sehr eindruckvolle Doku „Welcome To Sammytown“, deren vier Teile auf YouTube zu sehen sind, sondern auch Titel wie „Destroy The Handicapped“, „Skinheads Smoke Dope“, „Eat A Vegan“, „Fun With Acid“ oder „House Wrecking Party“, wobei letzterer ursprünglich von den SPECIAL FORCES stammt, deren Gitarrist eine Zeit lang bei FANG tätig war. Ähnlich wie bei FEAR, den MEATMEN und einigen anderen standen provokante Texte also stets im Mittelpunkt ihres Schaffens. Doch im Gegensatz zu vielen Bands, die sich ebenfalls mit diesem Attribut schmücken, schreiben FANG auch noch verdammt geile Songs.
Und von denen präsentierten die Jungs im Laufe ihres etwa einstündigen Sets einige. Auch wenn man mit der Discographie der Kalifornier nicht vertraut war, so rissen die präsentierten Stücke ob ihrer Klasse das Publikum dennoch spontan mit. Der Schwerpunkt lag dabei auf Tracks der ersten beiden Alben, drei Songs wurden von der Reunion-Scheibe „American Nightmare“ gespielt und zwei vom aktuellen und sehr starken Release „Here Come The Cops“. Frontmann Sammytown verlieh den Tracks mit seiner ihm eigenen Theatralik eine besondere Glaubwürdigkeit und Tiefe, die die Darbietung auf eine Ebene jenseits eines alltäglichen Punk-Gigs hob. Dazu trugen auch die Cover-Versionen bei, die die Band ausgewählt hatte. Die nämlich stammten nicht von Künstlern des gleichen Genres, sondern zum einen vom New Yorker Rock- Poeten Jim Carroll („People Who Died“), zum anderen von Wanda Jackson („Riot On Cellblock #9“), und passten inhaltlich perfekt zu des Sängers Biographie.
Den Schlusspunkt des Abends markierte, wie könnte es anders sein, schließlich das Lied, das die Band auch über Punk-Kreise hinaus bekannt gemacht hat: „The Money Will Roll Right In“. Alles in allem ein grandioser Hardcore-Punk-Gig; Band, Songauswahl und Performance waren perfekt und zudem war es eine Freude, eines der Urgesteine des US-Hardcores einmal livehaftig auf der Bühne zu sehen. Bleibt zu hoffen, dass die Jungs ihr Versprechen wahr machen und uns tatsächlich im nächsten Jahr mit einem weiteren Besuch beehren.
Links: https://myspace.com/fangofficial, http://www.reverbnation.com/fangofficial, http://www.lastfm.de/music/Fang, http://www.thegasoliners.com/, https://myspace.com/thegasoliners, http://www.lastfm.de/music/The+Gasoliners
Text & Fotos: Marcus
Clip: aufgenommen am Konzertabend von VodkaViolator
Mehr Bilder:
Das Konzert von Fang ließ keine Wünsche übrig. Ich bin von einem Altpunk namens Matze auf die Band gekommen (der leider beim Konzert nicht da war). Die Energie, die der Sänger auf die Bühne brachte haute mich voll um. Ich hatte an diesem Abend wirklich sehr viel aufs Spiel gesetzt, außer der Fahrt nach Darmstadt. Es wurden alle Klassiker wie „Skinheads smoke dope“ gespielt. Die Lieder wurden mit dem selben Druck wie auf der Platte durchgezogen.
Die jüngeren anderen Mitglieder der Band gaben wirklich alles. Besonders beeindruckte mich der Drummer der tight auf die Felle drosch. Einige Frankfurter trafen dann später ein. Mich beeindruckten die Darmstädter Jungs, die vor der Bühne standen und gut pogten auch alles gaben bis der Schweiß floß. Der Sänger erwies sich als sehr sympathischer Typ der schon einiges mitgemacht hat. Ein runder Abend mit allem was man erwarten kann.
Wolfgang motorcyclepunk
früher aus Frankfurt
jetzt in Niedernhausen