FLOTSAM AND JETSAM, BLIKSEM, BRAINBOGS

Elfer Music Club, Frankfurt, 3.06.2015

Flotsam and Jetsam„Abschaum“ und „Meerschaum“. So hießen in der ersten, besseren Synchronisation des Films „Arielle – die Meerjungfrau“ die fiesen Muränen von Ursula – „Flotsam“ und „Jetsam“ im Original. Nach denen hat sich die 1981 gegründete Thrash-Metal-Band FLOTSAM AND JETSAM aus Phoenix (Arizona) aber wohl nicht benannt – ein Kapitel aus „Die zwei Türme“ des „Herrn der Ringe“ soll auch so überschrieben sein. „Unter dem Meer“ und „Küss sie doch“ wurden also am gestrigen Abend im Elfer Music Club nicht gespielt, soviel darf ich schon mal verraten. Bevor Frankfurts Ü40-Kuttenträger neben stilvollem Nachwuchs mit der Thrash-Legende steil gingen gab es jedoch noch zwei kleinere Bands zu bestaunen.

Die lokale, BRAINBOGS, begann etwa gegen halb acht. Die meisten Metal-Fans tranken zu dieser Zeit noch ihr Bier draußen. Die Combo fragte sich selber, wie „Metal-kompatibel“ sie auf diesem Billing sein mögen, den Leuten vor der Bühne Brainbogsgefiel ihr von Überraschungen freier, aber leidenschaftlich dargebotener Hardrock dennoch gut. Mögen die Versuche, die spärliche Kulisse zu animieren, verzichtbar gewesen sein, auf einer großen Bühne wie auf dem vergangenen Museumsuferfest kommt das alles bestimmt erlesen, und instrumental war das Trio auch über alle Zweifel erhaben. Netter Auftakt.

Der Hochleistungssport begann jedoch erst bei den Belgiern von BLIKSEM. Diese Band war mir vorher vollkommen fremd, Eingeweihte gab es aber genug. Vom ersten Ton an wurde vor dem Podest rumgetobt und Köpfe durch die Luft Bliksemgeschüttelt. Ein anwesender Musikjournalist beschrieb die Musik als Mischung aus Thrash-Metal und Classic Rock und traf das damit ganz gut – live beherrschte jedoch der Thrash den Rock eindeutig und bereitete damit einen fulminanten Einstieg für das, was noch folgen sollte. Räudig, fies und doch melodisch, mit einer unglaublichen Präsenz der Frontröhre Peggy Meeussen. Die musste den Mob nicht Bliksemanimieren oder dirigieren, sondern nur anerkennend auf den einen oder anderen in der Reihe zeigen, der gerade besonders heftig abging (oder mein halbvolles Bier genüsslich zertrat. Danke dafür, übrigens). Letztlich spielten BLIKSEM auch nicht viel länger als die BRAINBOGS vorher, ihre halbe Stunde ging jedoch viel schneller rum und forderte den Gästen auch weitaus mehr ab.

Der Kellerclub war so voll, wie es dem Headliner geziemt – dass die Band aber keine größere Halle füllt ist so eine Geschichte im Rock’n’Roll, die beweist, dass Karrieren und deren Planung eben auch viel mit Glück zu tun haben. Aktuell spielen bei FLOTSAM AND JETSAM ein Gitarrist und ein Bassist, die eine lange Flotsam and JetsamPause zwischen ihren Engagements bei der Formation eingelegt haben, zwei relative Neuzugänge an Gitarre und Schlagzeug sowie Sänger Eric A. Knutson, der fast von Anfang dabei ist und fast die gesamte Zeit dabei blieb.

So legendär wie bekannt natürlich: Der Bassist und Hauptsongschreiber des Debüts „Doomsday for the Deceiver“, Jason Newsted, der nach diesem Album die Band verließ, um den verstorbenen Cliff Burton bei METALLICA zu ersetzen. Ob er sich damit einen Gefallen getan hat, mag im Nachhinein bezweifelt werden, F&J warf es jedenfalls um einiges zurück. Ständig verbandelt mit den Großen des US-Thrash von der Westküste und aus New York, schafften sie es kommerziell gesehen noch nicht einmal in die Nähe solcher Acts wie Flotsam and JetsamMEGADETH (für die sie 1987 auch im Frankfurter Volksbildungsheim eröffneten) oder ANTHRAX, von METALLICA natürlich ganz zu schweigen. Eine kleine stilistische Orientierungslosigkeit in den Neunzigern sowie diverse Line-Up-Wechsel taten ihr Übriges. Aber machte das frustrierte alte Männer aus diesem Haufen, der sogar die magische 23 Uhr-Grenze im Elfer durchbrach, um alle Anwesenden restlos um den Verstand zu bringen? Von wegen.

Sechs Songs vom Erstling, sechs vom ebenso genialen „No Place for Disgrace“- Album wurden brachial in die Menge geschleudert, sehr zu deren Vergnügen. Gelegentlich formulierte Unsicherheiten Knutsons, die Stimme betreffend, Flotsam and Jetsamerwiesen sich als inhaltslos – alles kam passgenau an und klang, wie es klingen sollte. Das vom Publikum gewünschte „Forkboy“, bekannter wahrscheinlich von LARD, wurde leider nicht gespielt; Knutson murmelte etwas von „so lange her“, „weiß ich nicht mehr“, usw. Ein Song von „Doomsday“ namens „Der Führer“ mit „Sieg Flotsam and JetsamHeil“- Gebrüll im Refrain verunsicherte diejenigen, die das Stück nicht kannten – wohl der Grund dafür, dass die Band das Lied in Österreich nicht spielen durfte. Da der Song jedoch die Gräueltaten der Nazis beschreibt war diese Aktion populistisch und unsinnig – das ist so, als wenn Punks wegen „Gegen Nazis“-Symbolen belangt werden. Was ja leider auch bei uns vorkommt.

Flotsam and JetsamUnterm Strich ließ die Setlist nichts zu wünschen übrig, einige Tracks der anderen Alben wurden auch noch gebracht. Ein juveniler Metal-Fan machte beim Versuch, diese für die Nachwelt zu erhalten aus „Hard On You“ ein „Hard On Jews“ (ein Foto davon könnt Ihr in der Slideshow unten sehen) – vielleicht hatte ihn der Refrain von „Der Führer“ ja darauf Flotsam and Jetsamgebracht. Einsehen kann man die korrekte Liste hier. Als gegen 23.10 Uhr dann Feierabend war, hatte die Band knapp 100 Minuten Gas gegeben und im besten Sinne verbrannte Erde bei den ausgepowerten, aber glücklichen Besuchern hinterlassen. Jeder (!) war begeistert und lobte den Einsatz der Combo, die ja nun auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Alle Metalheads aus Frankfurt und Umgebung, die das verpassten, haben ein fulminantes Event versäumt, mit dessen Besuch wir noch in 30 Jahren vor der nachgeborenen Brut prahlen können. So es uns da noch gibt und es diese überhaupt interessiert.

Links: http://www.brainbogs.com/, https://de-de.facebook.com/brainbogs.band, https://www.reverbnation.com/brainbogs, http://www.lastfm.de/music/Brainbogs, http://www.bliksemmusic.com/, https://myspace.com/bliksem666, https://www.reverbnation.com/bliksem, https://bliksemmusic.bandcamp.com/, http://www.lastfm.de/music/bliksem, http://www.flotsam-and-jetsam.com/, https://www.facebook.com/flotsamandjetsam.official, https://myspace.com/fandj, https://www.reverbnation.com/flotsamandjetsam, http://www.lastfm.de/music/Flotsam+and+Jetsam

Text, Fotos & Clips: Micha

Alle Bilder:

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Kommentare deaktiviert für FLOTSAM AND JETSAM, BLIKSEM, BRAINBOGS

Filed under 2015, Konzerte, Videoclips

Comments are closed.