GHOST & THE OATH

Schlachthof, Wiesbaden, 19.11.2013

Maskierte Bands in Metal und Hardrock haben Tradition: KISS, GWAR und LORDI haben es vorgemacht und aktuell setzen die Schweden GHOST das Phänomen fort. Das Sextett besteht seit 2008 und hat bisher zwei Longplayer sowie diverse Singles und EPs veröffentlicht, die von Fans und Kritikern gleichermaßen gefeiert wurden. Bilder der Gruppe zierten bereits die Cover der bedeutendsten Rock-, Metal- und Gothic-Gazetten, zudem erscheinen die Veröffentlichungen seit dem zweiten Album beim Major Universal Music. Wie bei den oben genannten Künstlern ist auch der Erfolg von GHOST nicht ausschließlich auf die Musik, in diesem Falle eine recht massenkompatible Mischung aus klassischem Heavy Metal und Rock, zurückzuführen, sondern auf das Image, das hier geschaffen wurde und die Tatsache, dass niemand die genaue Identität der sechs Musiker kennt, die sich hinter den Masken verbergen.

Fünf Mitglieder sind auf den Alben lediglich als Nameless Ghoul gelistet, während der Sänger unter dem Namen Papa Emeritus II firmiert. Und auch wenn es nicht so aussieht, der Frontmann trägt ebenfalls eine Maske, die ihn älter wirken lässt, als er vermutlich tatsächlich ist.

Der Vorteil dabei liegt klar auf der Hand, einzelne Musiker können beliebig getauscht werden, ohne dass es jemand auffallen würde. Im Gegensatz zu den erwähnten Gimmick-Acts, die mehr oder minder Monster verkörpern, präsentieren sich GHOST als okkulte Vereinigung, die live satanische Rituale zelebriert, bei denen der Schwarze Papst als Zeremonienmeister des Bösen fungiert.

Allerdings wurden seit dem fünfjährigen Bestehen von GHOST auch schon Stimmen laut, die Zweifel an der „Echtheit“ der Band äußerten. Einige vermuten clevere Pop-Produzenten hinter der Formation, die einfach nur Kasse machen wollen, andere sehen darin ein Projekt von Kunst-Studenten, die mit GHOST eine artifizielle Metal-Combo geschaffen haben. Gestützt wird diese These beispielsweise durch die aktuelle EP, auf der sich unter anderem Cover-Versionen von Künstlern wie ABBA, DEPECHE MODE und ARMY OF LOVERS befinden. Doch wer oder welche Absicht sich auch immer hinter GHOST verbirgt, ich war sehr gespannt darauf, wie sich die Jungs live präsentieren.

Kurz vor dem Konzert hatte ich eine Unterhaltung mit einem Mitarbeiter des Veranstalters Wizard Promotion, der sich enttäuscht über die Anzahl der Besucher zeigte. In der 2000 Leute fassenden Halle hatten sich nämlich lediglich 400 bis 500 Fans eingefunden, was allerdings die Stimmung nicht negativ beeinflusste.

Als Opener fungierte das Berliner Quartett THE OATH, das im Kern aus der deutschen Sängerin Johanna und der schwedischen Gitarristin Linnéa besteht. Live wurden sie von den beiden Engländern Leo Smee (Bass, Ex-CATHEDRAL) und Andrew Prestidge (Schlagzeug, aktuell bei ANGELWITCH) begleitet. Darüber hinaus stammt das Logo der Formation von WATAIN-Frontmann Erik Danielsson, die Debüt-Single wurde von dem KADAVAR-Drummer Tiger produziert und das erste Album der Band wird 2014 auf Lee Dorians (CATHEDRAL) Kult-Label Rise Above erscheinen. All dies klingt so, als ob da gerade eine Supergroup heranreifen würde, der Live-Auftritt war jedoch eher ernüchternd. Zwar waren die Mädels nett anzuschauen und die Darbietung äußerst professionell, die Songs allerdings eher unspektakulär. Die Mischung aus Doom und traditionellem Metal, gepaart mit harmonischen, weiblichen Vocals begeisterte nicht wirklich, und dies ging nicht nur mir so. Doch das Projekt ist ja noch jung, hat erst eine Single veröffentlicht und dürfte sich wohl erstmals einem so großen Publikum präsentiert haben. In einem kleineren Club gebe ich den Berlinern gerne eine zweite Chance.

Nach THE OATH gab es eine sehr, sehr lange Umbaupause, in der die Bühne erstmals an diesem Abend ihre volle Größe entfaltete. Als Hintergrund-Deko dienten Banner mit überdimensional großen Kirchenfenstern, die durch die Beleuchtung verschiedenfarbiger Scheinwerfer nachfolgend eine eindrucksvolle Atmosphäre liefern sollten. Unterstützt wurde diese zudem durch gewaltige elektrische Weihrauchbrenner, die sich auch in den hinteren Zuschauer-Reihen bemerkbar machten und durch stimmungsvolle Mönchsgesänge vom Band. All dies sorgte bereits im Vorfeld dafür, dass sich die sterile Wiesbadener Halle kurzerhand in eine Satanskirche verwandelte.

Nach einer gefühlten halben Stunde mit Mönchsgesängen betraten GHOST schließlich die Bühne und die Messe konnte beginnen. Mit „Infestissumam“ und „Per Aspera ad Inferni“ folgten zunächst zwei Songs des aktuellen Albums, bevor sich mit „Con Clavi Con Dio“, „Stand by Him“, „Ritual“ und „Prime Mover“ einige härtere Tracks des Debüt-Albums anschlossen. Optisch war das Ganze sehr eindrucksvoll. Der Schwarze Papst hatte das Publikum fest im Griff und die Nameless Ghouls sorgten mit ihren imposanten Kutten dafür, dass sich die Besucher wie die Jünger bei einer Satansmesse fühlten. Zwischen „Hail Satan“- und „Praise Lucifer“-Chören richtete Papa Emeritus II gelegentlich einige Worte in starkem transsylvanischen Akzent an das Publikum, in denen er sich für das Kommen bedankte. Neben Hymnen wie „Year Zero“, „Elizabeth“ und „Death Knell“ wurden mit „Here Comes the Sun“ (BEATLES) und „If You Have Ghosts“ (Roky Erickson) auch zwei Cover-Versionen dargeboten, bevor als Zugaben die Songs „Ghuleh/ Zombie Queen“ und „Monstrance Clock“ erklangen.

Das Ganze hat großen Spaß gemacht, war atmosphärisch ein echtes Erlebnis und musikalisch besser und intensiver als auf den bisherigen Veröffentlichungen, sodass ich mir das Spektakel jederzeit wieder anschauen würde. Anzumerken ist, dass relativ viel von dem, was dort auf der Bühne zu hören war, vom Band kam: Weibliche Background-Stimmen, gelegentliche Chöre und anderes Beiwerk. Zudem

hatte man nicht selten den Eindruck, dass Papa Emeritus II gar nicht singen würde, da sich seine Lippen nicht bewegen, was aber an der oben erwähnten Maske gelegen haben mag, die lediglich Öffnungen für die Augen und die Ohren bot und vermutlich eine horizontale Öffnung an den Lippen. Dies führte zu gelegentlichen, lauten „Playback“-Rufen, die aber nur von einzelnen Zuschauern ausgingen. Aber dies sei nur am Rande bemerkt, denn optisch und musikalisch war der Abend auf jeden Fall ein Augenschmaus. Fans der eingangs genannten Künstler seien GHOST daher wärmstens ans Herz gelegt. Ave Satani.

Links: http://www.infestissumam.com/, https://myspace.com/thebandghost, http://www.reverbnation.com/thenamelessghouls, http://www.lastfm.de/music/Ghost, http://theoath.bandcamp.com/, https://www.facebook.com/theoathofficial

Text & Fotos: Marcus
Clip: aufgenommen am Konzertabend von XRight2010

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