GOLDEN LEAVES FESTIVAL – Teil 2 SUDAN ARCHIVES & LÅPSLEY

Messplatz, Darmstadt, 27.08.2022

Sudan ArchivesHier folgt der zweite Teil unserer Berichterstattung zum zweiten Tag des Golden Leaves Festivals auf dem Darmstädter Messplatz mit den Auftritten von SUDAN ARCHIVES (links) und Låpsley. Solltest Du Teil 1 verpasst haben, kannst Du das Versäumte hier nachholen.

„Wieso SUDAN ARCHIVES und wer ist das überhaupt?“ mögen geneigte Lesende fragen und ich kann das niemandem verdenken. Möchte nicht angeben, aber es ist nun mal so: Bereits ihre erste EP „Sudan Archives“ (2017) blies mich um. Brittney Denise Parks ist der Name der Lady aus Cincinnati, die inzwischen in Los Angeles lebt und hinter SUDAN ARCHIVES steht. Parks spielt Geige. Auf vielfältige Art. Erweckt wurde das Interesse an diesem Instrument zu Schulzeiten und ihre Eltern unterstützten jegliche Ambitionen, es zu lernen – es gab jedoch in ihrem Umfeld keinerlei Möglichkeit dazu. Also lernte sie nach Gehör. Richtig knallte es bei Parks jedoch, als sie afrikanische Musik zu Ohren bekam, bei der die Geige (häufig mit weniger als vier Saiten) als Rhythmus-Instrument fungierte. Ihre privaten Studien über die Länder Afrikas brachten ihr den Spitznamen „Sudan“ ein, erst danach beschäftigte sie sich explizit mit der Musik dieses Landes. „Jedes Lied beinhaltet dort Geigen“, gab sie 2018 dem Intro darüber zu Protokoll.

Sudan ArchivesInzwischen hat SUDAN ARCHIVES drei Tonträger veröffentlicht – zwei EPs sowie die LP „Athena“ mit der Statue einer nackten Frau mit Geige auf dem Cover, welche Parks nicht nur ähnelt, sondern sie selbst darstellt. Am 9. September erscheint ihr nächster Output namens „Natural Brown Prom Queen“. Ein pralles Werk mit insgesamt 18 Stücken, die zum Teil jedoch sehr kurz sind und eine fortlaufende Geschichte erzählen. Ein Konzeptalbum also. Interessant beim Hören (ich habe einen Stream zum Besprechen hier) ist, dass man die Geige kaum noch wahrnimmt. Und doch ist sie da. Ähnlich wie ihre famosen Kolleginnen Jo Quail oder Kelsey Lu jagt Parks ihr Instrument so dermaßen durch die Technik per Pedale, dass es „oft wie Gitarre oder Keyboard klingt“ (aktuelle Ausgabe des Rolling Stone).

Sudan ArchivesIhr knapp 45-minütiger Auftritt auf dem Golden Leaves Festival speiste sich zum großen Teil aus Songs des bald erscheinenden Werks. Das nahm Parks zum Anlass um Verständnis zu bitten, aber sie müsse mal kurz checken, wie die neuen Songs ankommen. Sagen wir mal so: SUDAN ARCHIVES hätten auch die Postleitzahlen der hessischen Gemeinden herunterbeten können – bei einer Performance wie dieser wäre das ebenfalls abgefeiert worden.

Sudan Archives

Beim Justieren (während Cassandra Jenkins auf der anderen Seite des Geländes spielte) wirkte Parks noch konzentriert und ernst – sobald ihr Auftritt losging, war sie da und nahm mit ihrer Lebensfreude jeden Menschen ein, der gerade nicht Pizza oder Ähnliches verzehrte. Das Wort „Rampensau“ muss in Zukunft Sudan Archivesdefiniert werden als Synonym für Brittney Parks. Nicht minder fröhlich feiernd war dabei ihr Co-Musikant, der Elektronik und Drums an seinen Kästen bediente. Unter den gespielten „Klassikern“ befanden sich Stücke wie „Confessions“ von „Athena“, bei denen die Geige traditioneller erkennbar ist. Bei den neuen Liedern hielt das Instrument außerdem oft als E-Gitarren-Ersatz her. Bis auf „TDLY (Homegrown Land)“, da wurde es nicht nur traditionell, sondern auch ein wenig irisch-folkig. „Ich Sudan Archiveshabe schon immer davon geträumt, Teil einer Irish-Dance-Truppe zu sein“, sagte Parks sinngemäß und ließ das Publikum dabei das passende Fußstampfen verrichten. Stimmung ohne Ende, die un-irisch nicht dem Alkohol geschuldet war: Zwar kam Parks mit Hut sowie Kurzem in der Hand auf die Bühne, nuckelte an dem kleinen Schluck jedoch während der gesamten Show ohne Nachschenkung. Mega-Auftritt. Tolles Album. Was zum Henker sollte danach noch bestehen können? Die Falafel von Baobab vielleicht, die waren schon geil und versüßten die Zeit, während die Schweizer SHARKTANK spielten. Ich kannte die Band vor dem Festival nicht, hörte mal bei Streaming-Diensten rein und stellte fest, dass das für mich weniger passt. Die Beschallung hinterm Kaugeräusch bestätigte dies.

LåpsleyAnders verhielt es sich beim nächsten Programmpunkt, Låpsley aus York. Die 26-jährige Britin, die die skandinavische Schreibweise ihres Namens wohl nur aus ästhetischen Gründen gewählt hat, war mir vor diesem Festival nicht bekannt, das Hören ihrer beiden Alben sorgte im Gegensatz zu dem der Schweizer vorher jedoch bei mir durchaus für Interesse und Genuss. Ihr zweites, 2020 erschienenes Werk „Through Water“ markierte den konzeptionellen Höhepunkt ihres Auftrittes – schließlich konnte sie damit pandemiebedingt nicht touren. In der Zwischenzeit hat sie jedoch bereits am Nachfolger geschraubt, der 2023 zu erwarten ist und von dem sie etwas vor Publikum anteaserte.

LåpsleyEbenso gab es Lieder ihres Debüts „Long Way Home“ von 2016. „Diesen Song habe ich mit 18 geschrieben.“, führte sie bei einem Stück aus (ich glaube, es war „Hurt Me“), „Jetzt bin ich 26. Vieles kann ich heute besser verarbeiten, fühle es aber immer noch.“ Låpsley versammelte generationsübergreifend Frauen vor der Bühne –  alle feierten oder litten mit. Ein besonders inspirierter sowie begabter Fan zeichnete sie in ihrem Bühnenoutfit und im Stehen in Nullkommanix treffend und ließ mich staunen. LåpsleySehr viel Liebe beherrschte die Stimmung. Blaue bis violette Töne dominierten die Beleuchtung, das passte zum Thema Wasser ebenso wie zu der dargebrachten Verletzlichkeit. Auch hier war der musikalische Partner verantwortlich für die elektronischen Sounds sowie für unterstützendes Lächeln. Ein sehr schöner Auftritt war das, die Platten sind es ebenso.

Die Elektroniker GRANDBROTHERS sowie der an diesem Samstag Geburtstag feiernde SOHN bildeten den Abschluss dieses Tages, zwei ebenso erlesene Programmpunkte wie die meisten vorher. Ich trat aber tief befriedigt die Heimreise an. War gut jetzt. Zuhause pumpte ich dann noch etwas SUDAN ARCHIVES. Was für ein Auftritt. Im Herbst kommt sie nochmal auf Tour – wenn Ihr die Möglichkeit habt, dann gönnt Euch. Und das Golden Leaves wird 2023 gern wieder besucht, egal ob vor dem Schloss oder auf dem Rummelplatz.

Links: https://goldenleavesfestival.de/, https://www.facebook.com/GoldenLeavesFestival/, https://sudanarchives.com/, https://www.facebook.com/SudanArchives, https://sudanarchives.bandcamp.com/music, https://www.musiclapsley.com/, https://www.facebook.com/lapsleyyyy/, https://soundcloud.com/hollylapsleyfletcher

Text & Fotos: Micha

Alle Bilder:

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