Steinbruch-Theater, Mühltal, 11.5.2014
Es war im Jahr 1983, als Acts wie EXCITER, METALLICA und SLAYER ein neues Genre schufen, das fortan als Thrash-Metal bezeichnet werden sollte. Nur zwei Jahre nach METALLICA’s Erstlingswerk „Kill ’em all“ und somit im gleichen Jahr als EXODUS ihren Meilenstein „Bonded by Blood“ veröffentlichten, entdeckte ich im Musikladen, einem der Rock- und Metal-orientierten Plattenläden Frankfurts, der damals in der kleinen Passage bei den E-Kinos residierte, ein Album, das mit dem Namen „Raging Violence“ betitelt war und von einem Artwork des Ausnahme-Künstlers PUSHEAD geziert wurde. Titel und Cover passten hier ebenso gut zusammen wie bei IRON MAIDEN’s „Killers“ oder JUDAS PRIEST’s „British Steel“.
Es war das Debüt-Album einer Combo namens HIRAX, und als ich die Scheibe zuhause auf den Plattenteller legte, erklang ein hektisches Metal-Gewitter, das mit ständigen Breaks, wahnsinnigen Vocals und einer gehörigen Punk-Attitüde aufwartete. Ich war begeistert und konnte es kaum erwarten, diese rohe Gewalt auch live on stage zu erleben. Doch dieses Erlebnis sollte mir zunächst verwehrt bleiben, denn nach dem zweiten Album „Hate, Fear and Power“ stieg Shouter Katon W. de Pena aus und wurde kurzzeitig durch den früheren EXODUS-Sänger Paul Baloff ersetzt, bevor sich die Band auflöste.
Erst im Jahr 2000 traten HIRAX wieder in Erscheinung, und dies sogar im Original-Lineup mit Sänger Katon. Seither drehte sich das Besetzungs-Karussell stetig, wobei es trotzdem gelang, bis heute drei weitere Alben zu veröffentlichen. Seit gut fünf Jahren gehören neben Katon die beiden Brüder Lance (Gitarre) und Steve Harrison (Bass) zur Formation, zehn Jahre ist bereits Drummer Jorge Iacobellis mit von der Partie. Mit dem neuen, starken Album „Immortal Legacy“ im Gepäck gastierten die Kalifornier schließlich am gestrigen Abend im Mühltaler Steinbruch und ich stand mit freudiger Erwartung in der ersten Reihe, dem Auftritt der Helden meiner Jugend entgegenfiebernd…
Allerdings kamen HIRAX nicht alleine, nicht weniger als fünf Bandnamen waren auf dem Flyer zu lesen. Doch da ich mich nicht bereits nachmittags auf den Weg in den abgelegenen Club am Waldrand begeben wollte, mussten WAR AGENDA (D), CRESCENT (ET) und NUCLEAR (CHL) ohne meine Anwesenheit auskommen. Ich war dennoch rechtzeitig vor Ort, um die Südkalifornier BONDED BY BLOOD mitzuerleben, die sich 2005 formierten und seither drei Alben und eine EP veröffentlicht haben.
Der Name ist dem eingangs erwähnten Album von EXODUS entnommen und – welch Überraschung – die Jungs klangen tatsächlich ein wenig nach ihren Vorbildern. Geboten wurde klassischer Oldschool-Thrash, der eine deutliche Handschrift der Achtziger Jahre trug. Das war zwar nicht sonderlich innovativ, rockte live aber ordentlich, nicht zuletzt, da Sänger Mauro Gonzales (Foto links) eine ziemliche Frontsau ist und während des Sets wie ein Tornado über die Bühne fegte. Auf Platte gibt es neue Thrash-Acts, die mir besser gefallen, aber live sind BONDED BY BLOOD durchaus ein Garant für eine gute Show.
Dann endlich waren HIRAX an der Reihe, die zunächst ohne ihren Sänger die Bühne betraten und schon mal loslegten. Im Gegensatz zur vorherigen Formation fiel auf, dass es hier wuchtiger, härter und schneller zuging und dass die beiden Brüder entweder blind miteinander harmonierten oder eine perfekte Choreographie einstudiert hatten. Sie flitzen wie Wiesel über die Bühne, bewegten sich dabei aber fast immer synchron zueinander oder wechselten im gleichen Moment die Seiten. Dies bot eine optische Dynamik, die sich perfekt mit dem wütenden Riffgewitter ergänzte. Mittlerweile war auch Frontmann Katon unter dem tosenden Beifall der etwa 40 Besucher auf die Bühne gestürmt und lieferte eine Show, wie ich nur selten zuvor erlebt habe.
Etwas ungewöhnlich mutete die Optik des Sängers allerdings schon an. Nicht etwa, weil Katon einer der wenigen farbigen Musiker des Metal-Genres ist, sondern weil er sich in einem Outfit präsentierte, das man eigentlich eher von klassischen Heavy Metal-Acts wie JUDAS PRIEST kennt und nicht unbedingt mit Thrash-Combos assoziieren würde. Doch die mit Nieten besetzte Lederweste, die Armbänder und die schweren Ketten gehören spätestens seit der Neugründung von HIRAX zum festen Bestandteil von Katons Look und somit auch zum Markenzeichen der Band. Und wie der Gig nachfolgend zeigen sollte, spielt der klassische Metal auch musikalisch eine Rolle bei HIRAX.
Die Setlist setzte sich nämlich nicht nur aus lupenreinen Thrash-Tracks wie „Broken Neck“ oder „Hostile Territory“ zusammen, sondern auch aus Songs, die mit atmosphärischen Instrumental-Intros eingeleitet oder von traditionellen Metal-Riffs dominiert wurden. So könnte „Hellion Rising“ beispielsweise auch als JUDAS PRIEST-Song der härteren „Painkiller“-Phase der Engländer durchgehen. Soll heißen, das Geschehen auf der Bühne bot sich nicht nur optisch, sondern auch musikalisch erfreulich unorthodox und kurzweilig dar. Im Mittelpunkt stand dabei stets Katon, der als Showman einfach eine Klasse für sich ist. In stets neuen Posen bot er den fotografierenden Fans immer neue Motive und hatte trotz der wenigen Gäste Spaß an dem Auftritt, wie hier zu sehen:
Dieser Clip spiegelt sowohl die musikalische Vielfalt, als auch die gute Laune von de Pena wieder. Es war einfach „very fucking nice!“, sodass auch das Publikum für eine Stimmung sorgte, die vermutlich 200 zusätzliche Besucher nicht besser hätten schaffen können. Somit haben sich die positiven Eindrücke, die ich bereits vor knapp 30 Jahren von HIRAX gewonnen hatte, durchaus bestätigt. Der Sound der Jungs mag sicherlich nicht jedermanns Sache sein, aber live sind sie einer der besten Thrash-Acts, den ich bist dato erleben durfte. Vielen Dank an dieser Stelle an die Verantwortlichen des Steinbruch-Theaters, die uns Fans ein ums andere Mal mit neuen Klasse-Konzerten erfreuen. Very fucking nice!
Links: https://myspace.com/bondedbyblood, http://www.lastfm.de/music/Bonded+By+Blood, http://www.blackdevilrecords.com/, https://myspace.com/hirax, http://www.reverbnation.com/hirax, http://www.lastfm.de/music/Hirax
Text & Fotos: Marcus
Clips: aufgenommen am Konzertabend von VodkaViolator
Alle Bilder: