KENTUCKY BRIDGEBURNERS

Nachtleben, 26.11.2012

Manchmal machen Bands unter äußerst ungünstigen Vorzeichen in Frankfurt Station. So geschehen am gestrigen Abend bei den KENTUCKY BRIDGEBURNERS im Nachtleben. Gleich drei Kriterien sprachen dafür, dass sich wohl nicht allzu viele Besucher im Club einfinden würden: Erstens ist die Gruppe (zumindest unter diesem Namen) hier völlig unbekannt, zweitens spielten zur gleichen Stunde MOTÖRHEAD und ANTHRAX in der Offenbacher Stadthalle und drittens war es Montag, an dem bekanntermaßen ohnehin nur die Wenigsten ihren Arsch hochbekommen. Und so verirrten sich gerade mal ein Dutzend Gäste in die Location an der Konstablerwache, um das neue Projekt des Gitarristen, Sängers und Songwriters Blaine Cartwright zu begutachten.

Beim Namen Cartwright dürfte es nicht nur bei TV-Fans (ältere Semester erinnern sich noch an Bonanza), sondern auch bei Freunden von NASHVILLE PUSSY und NINE POUND HAMMER klingeln, denn Blaine ist der Kopf beider Bands. Und als traditionsbewusster Südstaatler und Country-Fan war es ihm schon lange eine Herzensangelegenheit, ein Gospel- Album aufzunehmen, nicht zuletzt, weil Johnny Cash vorgemacht hat, wie’s geht. Und da ein Album mit Gospel-Thematik weder zum Hardrock von NASHVILLE PUSSY, noch zum Dampfhammer- Cow-Punk von NINE POUND HAMMER passt, hat Blaine das Ganze unter dem neuen Namen KENTUCKY BRIDGEBURNERS veröffentlicht.

Trotz der wenigen Zuschauer war die Stimmung im Publikum gut, als das Quartett das Podest betrat. Bereits in der oberen Etage des Nachtlebens war ein angeheiterter Fan vom Barhocker gekippt, hatte sich aber dennoch unter Schmerzen nach unten geschleppt und war bester Laune. Und dies sollte sich noch steigern, denn Cartwright, eine optische Mischung aus Guildo Horn und einem klischeehaft gezeichneten Western-Bösewicht, ist eine echte Rampensau und feierte auf der Bühne eine Party, auch wenn ihm dabei nur zwölf Leute zusahen.

Musikalisch dargeboten wurde das komplette erste Album der BRIDGEBURNERS, „Hail Jesus“, und dies sogar in der Reihenfolge, in der die Songs auch auf der Platte vertreten sind. Nach Gospel klangen die Stücke übrigens nur inhaltlich, musikalisch war das Ganze gar nicht so weit entfernt von Blaine’s anderen Projekten, wobei die Tracks größtenteils im Blues-Rock angesiedelt waren. Das war nett anzusehen und musikalisch solide, aber nicht wirklich mitreißend, zumindest nicht an diesem Abend und nicht an diesem Ort. Hätte das Konzert in einem runtergekommenen Country-Schuppen, in Bob’s Country Bunker (siehe Blues Brothers-Film) oder in einem Strip-Club in Atlanta stattgefunden, so hätte vermutlich das Ambiente für eine euphorischere Stimmung gesorgt. So kam der Gig eher wie die Probe einer ambitionierten Blues-Band rüber, bei der einige Freunde als Zuschauer anwesend waren.

Die Songs des Albums setzen sich übrigens aus einigen eigenen Kompositionen und aus Cover- Versionen von Acts wie BLACK OAK ARKANSAS („Keep the Faith“), Woody Guthrie („Jesus Christ“) und anderen zusammen, die natürlich im typischen NASHVILLE PUSSY / BRIDGEBURNERS-Sound adaptiert wurden. Nachdem die zehn Stücke der Scheibe gespielt waren, zelebrierte Blaine ein seltsames Ritual: Er nahm seinen Cowboyhut ab, kippte sich den Rest seines Biers auf die Glatze und setzte den Hut wieder auf – wenn das mal nicht nach „Blanking“ und „Milking“ der neue Trend der RTL2-Generation wird.

Im Anschluss folgten noch einige Cover-Versionen diverser Southern-Rock/ Honky Tonk-Songs, die sich nahtlos an die Album-Tracks anfügten und ebenfalls eine Mischung aus ZZ TOP, MOLLY HATCHET und bluesigen AC/DC-Stücken wie „The Jack“ boten. Daran gab es nichts auszusetzen, außer vielleicht, dass Blaine’s Stimme meiner Meinung nach deutlich besser zu den schnellen Hardrock- und Punkrock-Songs passt, als zu Blues-Liedern.

Unterm Strich blieb ein solides Konzert ohne große Überraschungen, das mich nicht wirklich begeistert hat, da mir die Musik der Jungs – selbst live – etwas zu konservativ und altbacken war. Nicht, dass ich eine musikalische Revolution erwartet hätte, wohl aber hier und da Ausflüge in härtere Gefilde. Erhofft hätte ich hingegen eine Aussage zu dem christlichen Käse, der da in den Songs propagiert wird, doch auch die fand nicht statt. Daher habe ich keine Ahnung, ob Herr Cartwright auf seine alte Tage hin zu Gott gefunden hat, oder ob er das Ganze lediglich als Ausflug in ein traditionelles amerikanisches Musik-Genre ansieht.

Auf jeden Fall war es nett, Madman Blaine mal wieder in Aktion zu sehen. Selbst wenn mich das Konzert nicht wirklich überzeugt hat, so lohnt es sich dennoch, in die aktuelle LP reinzuhören, da sie mit „Look it up in the Bible“ und „Lord here I am“ einige Höhepunkte liefert, sofern man über die Botschaft der Texte hinwegsehen kann…

Nach dem Gig erkundigte ich mich noch bei Blaine, wann denn NINE POUND HAMMER, die beste Formation des charismatischen Gitarristen, wieder mit Shouter Scott Luallen auf Deutschland-Tour kommen. Die Antwort, im tiefsten Southern-Slang dahingenuschelt, war leider äußerst ernüchternd, denn der gute Scott sitzt im Knast und scheint auch sonst ziemlich durch zu sein, so dass an eine Tour – zumindest in nächster Zeit – erstmal nicht zu denken ist.

Links: http://kentuckybridgeburners.com/, http://www.myspace.com/kentuckybridgeburners, http://www.reverbnation.com/kentuckybridgeburners

Text & Fotos: Marcus
Clip: am Konzertabend aufgenommen von VodkaViolator

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