Das Bett, Frankfurt, 9.11.2017
Halloween war zwar bereits seit knapp zwei Wochen vorüber, doch getreu des Mottos „Everyday is Halloween“ gab sich gestern Garage-Rock-Ikone Kid Congo in Frankfurt ein schaurig-schönes Stelldichein, bei dem sich wie gewohnt schräge Eigenkompositionen mit bekannten Coversongs abwechselten. Als regelmäßiger Gast in der Mainmetropole machte Kid Congo mit seinen PINK MONKEY BIRDS zuletzt in den Jahren 2011 und 2013 im Ponyhof Station und sorgte dort stets für ein volles Haus. Der weitaus größere Club „Das Bett“ war daher gestern nicht ganz ausgelastet, dennoch sorgten etwa 100 bestens gelaunte Besucher für gute Stimmung und bescherten dem Amerikaner mit mexikanischen Wurzeln einen herzlichen Empfang.
Kid Congo blickt auf eine illustre Karriere zurück, bei dem ihm die Ehre zuteil wurde, mit einigen der ganz Großen des Rock- und Garagepunk-Genres die Bühne zu teilen. Nachdem er im Teenageralter seine Liebe für den Punk entdeckte und zunächst als Fanzine-Betreiber die Szene in Los Angeles unterstützte, lernte er 1979, damals noch mit wilder Wave-Tolle und Glam-Outfit, den optisch nicht minder schrägen Jeffrey Lee Pierce kennen, der ihm vorschlug, gemeinsam eine Band zu gründen. Als Congo erwiderte, dass er leider kein Instrument beherrsche, brachte Pierce ihm kurzerhand das Gitarrespielen bei.
Den Namen für die Combo schlug CIRCLE JERKS-Sänger Keith Morris, ein enger Freund von Pierce, vor: THE GUN CLUB. Nach einigen Live-Gigs wurde Congo 1980 von den CRAMPS abgeworben, mit denen er die Alben „Psychedelic Jungle“ und „Smell of Female“ einspielte. Es folgten weitere Gastspiele beim GUN CLUB sowie die Gründung des Acts FUR BIBLE mit Patricia Morrison (ex-GUN CLUB, später SISTERS OF MERCY und THE DAMNED), bevor sich Congo 1988 den BAD SEEDS von Nick Cave anschloss, mit denen er an den Werken „Tender Prey“ und „The Good Son“ arbeitete.
Seit 2005 wandelt der Amerikaner auf Solopfaden und seit 2006 sind THE PINK MONKEY BIRDS (der Name wurde vom David-Bowie-Song „Moonage Daydream“ inspiriert) seine steten Begleiter. Ob der Zusammenarbeit mit den erwähnten Musikern und Bands lässt sich bereits erahnen, wie der Sound von Kid Congo, der stark von den Einflüssen seiner jeweiligen Mentoren geprägt wurde, in etwa klingt.
Hier treffen der puristische, raue Beat des GUN CLUB, die freakigen Texte der CRAMPS und die finstere Melancholie von Nick Cave in einem musikalischen Grand-Guignol-Theater aufeinander, das unterhaltsamer und faszinierender wohl kaum sein könnte. Kid Congo ist dabei weder ein virtuoser Gitarrist noch ein herausragender Sänger, sondern eher – wie einst Screamin‘ Jay Hawkins – ein skurriler Zeremonienmeister des finsteren Rock‘n‘Roll, der vor allem mit seiner Bühnenpräsenz, seinem Charisma und ja, auch mit seinen ungewöhnlichen Kompositionen zu begeistern versteht.
Als Opener des Abends sollte eigentlich die schottische Singer/Songwriterin Laura St. Jude agieren, die jedoch krankheitsbedingt ausfiel, sodass zunächst die DJs Konrad und Svenghouly für die passende Einstimmung auf das folgende Spektakel sorgten. Als Kid Congo das Podest betrat, fiel zunächst sein schräges Outfit auf: Der inzwischen 58-Jährige hatte sein Gesicht ganz in blau geschminkt und trug einen Umhang, wie einst Bela Lugosi im ersten „Dracula“- Film.
Optisch wirkte dies wie eine Mischung aus Graf Zahl und Rick Moranis aus „Ghostbusters“, passte aber hervorragend zur Song-Auswahl, die seine Vorliebe für klassische Horrorfilme deutlich widerspiegelte. So ging es beispielsweise mit „Spider Baby“ los, der Interpretation des Titeltracks des gleichnamigen Films aus dem Jahr 1967, den ursprünglich Horror-Ikone Lon Chaney Jr. eingesungen hatte und den es auch als aktuelle Single in halloween-orangenem Vinyl am Merchstand zu erstehen gab. Der Opener war charakteristisch für alle weiteren Songs, die folgen sollten: Garage-Twang-Swamp-Blues meets Ghosthouse-Gospel, untermalt mit hypnotisierendem Sprechgesang und begleitet von schaurig-schönen Posen, die Bela Lugosi nicht besser hätte darbieten können. Es machte großen Spaß, dem Mann beim Performen zuzuschauen, nicht zuletzt, da die Spielfreude, die er an den Tag legte und die nicht selten an die der FLESHTONES erinnerte, unmittelbar aufs Publikum überging.
Gespielt wurden größtenteils Titel vom 2016er Album „La Araña Es La Vida“, aber auch diverse Cover, darunter „New Kind of Kick“ von den CRAMPS, „Jack on Fire“, „Sex Beat“ und „For the Love of Ivy“ vom GUN CLUB und – um einen weiteren Horrorfilmtitel zu zitieren – „I Walked With a Zombie“ von Roky Erickson, bei dem Kid Congo einen Ausflug in die Menge wagte und die Fans mitsingen ließ.
In Kombination mit den humorigen Ansagen, den extravaganten Posen und dem unvergleichlichen Charme des Künstlers ergab dies einen unvergesslichen oder – wie einer der Besucher lautstark skandierte – ausgezeichneten Konzertabend, bei dem man leicht darüber hinwegsehen konnte, dass den Coversongs die markanten Stimmen von Jeffrey Lee Pierce, Lux Interior und Roky Erickson fehlten.
Links: https://de-de.facebook.com/Kid-Congo-and-The-Pink-Monkey-Birds/, https://kidcongopowers.blogspot.de/, https://myspace.com/kidcongopinkmonkeybirds/, https://soundcloud.com/blankfrank13/kid-congo-the-pink-monkey-birds, https://www.last.fm/de/music/Kid+Congo+&+The+Pink+Monkey+Birds
Text: Marcus / Fotos: Eric, https://www.flickr.com/photos/vanreem
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