KING AUTOMATIC

Feinstaub, 16.02.2013

In unregelmäßigen Abständen finden in der kleinen Musikkneipe Feinstaub im Frankfurter Nordend auch Konzerte statt, illustre Künstler wie Justin Sane (ANTI-FLAG), Zander Schloss oder Becky Lee and Drunkfoot haben dort schon auf engstem Raum Tuchfühlung mit dem Publikum aufgenommen. Gestern abend war, zum dritten Mal nach 2008 und 2012, wieder KING AUTOMATIC zu Gast. Der Franzose gilt als eine der Koryphäen der so genannten One Man Bands, bezeichnet sich selbst als „One Man Orchestra“ und hat mit Gitarre, Keyboard, Schlagzeug und Mundharmonika in der Tat noch einige Instrumente mehr im Portfolio als die meisten seiner Kollegen.

Zwar hat KING AUTOMATIC seit fast vier Jahren keine neue Platte mehr herausgebracht (lediglich eine Zusammenstellung älterer Tracks erschien 2012 unter dem Titel „The not essential of…“), sich aber in Frankfurt nicht zuletzt durch die Auftritte im FH Café und im Feinstaub eine treue Fangemeinde erspielt. Folgerichtig war die Räumlichkeit, ohnehin nicht größer als ein handelsübliches Wohnzimmer, trotz der frühen Anfangszeit gegen viertel vor neun gut gefüllt, spätestens ab der Hälfte des Sets dann brechend voll.

Die Songs des ehemaligen Trommlers der Punkband THUNDERCRACK funktionieren, von wenigen Ausnahmen abgesehen, stets nach dem gleichen Prinzip: Er nimmt ein paar Takte Drums (meist durch Schlagen der Sticks auf seine auf der Snare liegende Schelle) und/oder Keyboard auf, die dann – als Schleife abgespielt – den Klangteppich für sein Gitarren- und Mundharmonikaspiel sowie den Gesang liefern. Seine smarte Roadrunner-Gitarre schlägt dabei auf die zu seiner Linken postierte Hi-Hat, die goldfarbene Bass Drum unter dem Keyboard harrt der zusätzlichen Fußbedienung.

Das Ganze klingt zu jeder Sekunde nach trashigem Garage-Rock ’n Roll; Einflüsse des Beat, elektronischer Musik, des französischen Chansons und sogar von Ska- und Reggae machen die Angelegenheit abwechslungsreich zu hören; tanzbar sind die Songs sowieso, auch wenn dafür gestern nicht genügend Raum zur Verfügung stand. Ohnehin herrschten während des Gigs Temperaturen wie in der Karibik, die beschlagenen Fensterscheiben ließen überdies die draußen herrschende Eiseskälte an einem trüben Februartag vergessen.

Für seine Show kann der Ein-Meter-Neunzig-Mann aus Nancy auf die Songs seiner bisher drei Alben zurückgreifen, die alle bei Voodoo Rhythm veröffentlicht wurden und im Set zu annähernd gleichen Teilen repräsentiert waren. Er begann seine Arbeit paradoxerweise mit dem Stück „Stop Workin’“ vom 2007-er Album „I Walk My Murderous Intentions Home“, gefolgt von „Doctor Jekyll & Sister Hyde“ vom bisher letzten Solo-Release „In the Blue Corner“ (2009). Danach kündigte er einen „Song aus Düsseldorf“ an, der sich als eigenwillige Interpretation des KRAFTWERK-Klassikers „Das Model“ entpuppte (vom 2005-er Debüt „Automatic Ray“).

Nach seiner Aufforderung an den Mann am Mischpult („I need more noise!“) kamen die weiteren Tracks noch etwas lauter zu Gehör, darunter erwähnenswert u. a. „Coffee and Speed“ (wurde diesmal im Refrain als „Coffee and Schnaps“ dargeboten), das einzige französisch gesungene Stück „Le Redressuer De Torts“ (Clip dazu weiter unten), „Vague Information“ (mit wunderbarem Mitgröhl-Refrain) und das ungemein tanzbare „Here Comes the Terror“ (als Teil der Zugabe). Zwischen den Songs erfreute „König Automatisch“, wie er sich selbst nannte, das Publikum durch denglische Ansagen („I drink a Schluck of my beer!“) mit unverwechselbarem französischen Akzent und erzählte Anekdötchen zu dem ein oder anderen Song.

Als der Mann mit den beiden, links und rechts auf den Hals tätowierten Schwalben schweissdurchnässt nach etwa einer Stunde seine letzten Lieder ankündigte, kam aus den Reihen vor ihm erstmal keine Reaktion, was den Musiker zu der Frage ans Publikum verleitete, ob man ihn denn nicht richtig verstanden habe (sein Englisch sei ja nicht so gut). Doch doch, hatten wir schon, aber letzlich war jeder überzeugt, dass er aufgrund der ausgelassenen Stimmung auch ohne viel Gebrüll noch eine Schippe drauflegen würde, und so kam es dann auch. Für Schmunzeln beim Mann auf dem Podest sorgte ein Besucher, der ihm kurz vor der Zugabe noch „You just started!“ zurief. Das hätte wohl im Raum allen – bis auf einen – gut gefallen…

Im März geht KING AUTOMATIC auf eine längere Tour durch die USA. Im Mai wird er in Spanien spielen, bevor er mit seinem beklebten Alukoffer am Ende des Wonnemonats wieder für ein paar Gigs in Deutschland vorbeischaut. Vielleicht auch in Eurer Nähe.

Links: http://www.kingautomatic.com/, http://www.myspace.com/lekingautomatic, http://www.voodoorhythm.com/king-automatic.html

Setlist (ohne Zugaben): Stop Workin’ – Doctor Jekyll & Sister Hyde – The Model – London-NCY 54 – Black Magic – Waitress Problem – King Takes Queen – The Diabetic Vampire – Mighty Sword of Truth – Vague Information – Coffee and Speed – From Commercial Road To Elstree – Le Redressuer De Torts – The Cowboy Of Tchernobyl – Road Crash Fascinating

Text, Fotos & Clip: Stefan

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